Kapitel 43

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Die Nacht lag schwer und düster über San Almenda. Der Himmel war mit Wolken bedeckt, und die Stadt unter mir flimmerte in einem Meer aus kaltem, künstlichem Licht. Rivera und ich saßen auf dem Dach eines alten Gebäudes, von dem aus man die gesamte Skyline sehen konnte. Der Wind fuhr sanft durch mein Haar, und für einen Moment, nur einen winzigen Augenblick, fühlte sich alles richtig an. Es war eine dieser seltenen Gelegenheiten, in denen die Welt innehielt und der Schmerz, der die letzten Tage, Wochen, sogar Monate durchzogen hatte, kurzzeitig verblasste.

Rivera legte seinen Arm um meine Schultern, und ich lehnte mich an ihn, ließ mich in die Wärme seiner Berührung fallen. Es fühlte sich so beruhigend an. Es war dieser Mann, der mit seiner Ruhe und seinem Selbstbewusstsein die Stürme in mir besänftigte. Ich ließ mich von seiner Gegenwart einhüllen, klammerte mich an das Gefühl der Sicherheit, das er mir vermittelte. Doch tief in mir drang ein Schatten auf, eine leise Stimme, die mich davor warnte, mich zu sehr auf dieses Gefühl zu verlassen.

Rivera war nicht wie andere Männer, das hatte ich von Anfang an gewusst. Aber jetzt, da ich hier saß, an ihn gelehnt, konnte ich das flaue Gefühl in meinem Magen nicht mehr ignorieren. Da war etwas an ihm, das mich beunruhigte, etwas, das ich bis jetzt erfolgreich unterdrückt hatte.

„Du bist heute so still", sagte er plötzlich, und seine tiefe, sanfte Stimme durchbrach die Stille um uns herum. Er drehte seinen Kopf leicht zur Seite und musterte mich mit diesen tiefen, unergründlichen Augen, die mich jedes Mal wieder in ihren Bann zogen.

„Ich denke nur nach", murmelte ich und sah in die Ferne, während mein Blick über die funkelnde Stadt unter uns wanderte. „Über uns."

Rivera lachte leise, ein melodisches, sanftes Lachen, das mich normalerweise beruhigen würde. Aber heute nicht. Nicht jetzt. Er zog mich enger an sich, seine Hand wanderte über meinen Rücken und hinterließ eine Spur von Wärme auf meiner Haut. „Und zu welchem Ergebnis kommst du?"

Ich zögerte, bevor ich sprach. „Dass ich dich liebe", flüsterte ich schließlich, meine Stimme schwach, als ob ich mir selbst nicht sicher war, ob ich das wirklich so meinte.

Rivera strich mir sanft eine Haarsträhne aus dem Gesicht und neigte sich vor, bis seine Stirn meine berührte. „Das freut mich zu hören", sagte er leise. „Denn ich werde immer für dich da sein, Izzy. Egal was passiert."

Seine Worte sollten beruhigend wirken, aber stattdessen ließ mich dieses Versprechen noch nervöser werden. Es fühlte sich an, als ob etwas Unheilvolles in der Luft lag, etwas, das ich nicht benennen konnte. Aber ich versuchte, dieses Gefühl wegzuschieben. Rivera hatte mich nie im Stich gelassen. Warum sollte er jetzt?

Doch tief in mir wuchs der Zweifel weiter, nistete sich ein und nagte an meiner Seele. Es gab so viele unbeantwortete Fragen, so viele Geheimnisse, die zwischen uns standen. Ich hatte mich immer gefragt, wie es möglich war, jemanden so sehr zu lieben und dennoch so viel Angst vor ihm zu haben.

Die folgenden Tage waren geprägt von einer ständigen Anspannung, die ich nicht abschütteln konnte. Rivera war immer da, immer präsent, immer charmant, aber ich konnte nicht mehr leugnen, dass etwas nicht stimmte. Ich sah es in seinen Augen, wenn er dachte, ich würde nicht hinsehen. Da war eine Kälte, ein kalkulierender Blick, der mich erschaudern ließ. Jedes Mal, wenn ich ihn darauf ansprechen wollte, wich er aus, lenkte das Gespräch auf andere Dinge. Ich versuchte, ihm zu vertrauen. Ich versuchte, die Zweifel zu ignorieren. Aber sie wuchsen in mir, wie ein Gift, das sich langsam aber sicher in meinem ganzen Körper ausbreitete.

Dann, eines Nachts, änderte sich alles.

Wir saßen zusammen im Wohnzimmer seines Apartments. Der Raum war von einer beruhigenden Dunkelheit durchdrungen, nur der schwache Schein der Tischlampe tauchte alles in ein warmes Licht. Rivera schenkte mir ein Glas Wein ein, während er lächelnd über meine Bemerkungen lachte. Es war ein ruhiger, fast friedlicher Abend, und ich ließ mich für einen Moment von seiner Ruhe einlullen.

Doch dann summte sein Handy. Ein einzelner Ton, der die gesamte Atmosphäre veränderte. Rivera griff nach dem Gerät, und als er den Bildschirm betrachtete, wurde sein Gesichtsausdruck hart. Ohne ein Wort erhob er sich, nahm sein Glas mit und ging in den Flur. „Ich muss das kurz nehmen", murmelte er entschuldigend.

Ich nickte, sah ihm nach und versuchte, das Unbehagen zu ignorieren, das in meiner Brust zu pochen begann. Allein im Raum starrte ich auf das halbvolle Weinglas in meiner Hand. Da war sie wieder, diese Stimme, die mir sagte, dass etwas nicht stimmte. Ich wollte nicht diejenige sein, die hinter ihm her schnüffelte, die alles kaputt machte, nur weil ich zu misstrauisch war. Aber ich konnte nicht anders.

Ich stand auf und schlich ihm nach. Im Flur blieb ich in der Nähe des Türrahmens stehen und lauschte. Seine Stimme war gedämpft, aber ich konnte genug verstehen, um zu wissen, dass es um mich ging.

„Nein, sie weiß nichts... Noch nicht... Ich habe alles unter Kontrolle, mach dir keine Sorgen."

Mein Herzschlag beschleunigte sich. Was verheimlichte er? Warum redete er so über mich? Ich versuchte, meine Atmung zu beruhigen, drückte mich in den Schatten und wartete, bis er das Gespräch beendet hatte. Wenige Minuten später kam er zurück ins Wohnzimmer, ein entspanntes Lächeln auf den Lippen, als wäre nichts geschehen. „Alles gut", sagte er und ließ sich wieder neben mich fallen.

Doch für mich war nichts mehr gut. Ich konnte das Misstrauen nicht länger verdrängen. Irgendetwas stimmte nicht, und ich wusste, dass ich die Wahrheit herausfinden musste. Egal, wie sehr ich mich vor ihr fürchtete.

Black Rose: The Bloom |Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt