Kapitel 33

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Der nächste Tag dämmerte mit einem gedämpften Licht durch die Krankenhausfenster, aber ich konnte mich kaum erinnern, wie ich überhaupt hier gelandet war. Der Arzt stand neben meinem Bett und sprach mit sanfter, beruhigender Stimme, aber ich konnte kaum seinen Worten folgen. Es war, als wäre ich in eine Nebelwand gehüllt, und nichts schien real. Seine Lippen bewegten sich, er erklärte mir irgendetwas, aber alles, was ich hörte, war ein dumpfes Summen. Mein Kopf war schwer von den Ereignissen der letzten Tage, und in meinem Herzen tobte ein Sturm.

Ich nickte dem Arzt zu, als ob ich verstehen würde, was er sagte, doch meine Gedanken waren ganz woanders. Mein Vater. Sein Gesicht tauchte immer wieder vor meinem inneren Auge auf. Warum war er jetzt plötzlich aufgetaucht? Nach all diesen Jahren, in denen er nichts mit mir zu tun haben wollte, war er zurück in meinem Leben getreten – und das auf die schlimmste Art und Weise. Er hatte mich entführen lassen. Mich, seine eigene Tochter. Wozu? Was wollte er von mir? Und was bedeutete das alles?

„Sie können heute entlassen werden, Isabella. Es scheint, als hätten Sie keine ernsthaften Verletzungen, nur Erschöpfung und ein paar Prellungen", sagte der Arzt und lächelte dabei milde, als wolle er mich aufmuntern.

Ich brachte ein schwaches Lächeln zustande, doch meine Gedanken drängten sich wieder auf meinen Vater. Die letzten Tage hatten mir so viel abverlangt. Der Schmerz, die Verwirrung, das Gefühl des Verrats. Es gab keine klare Antwort auf die Fragen, die mich quälten, und das machte mich nur noch wütender.

Der Arzt verließ schließlich das Zimmer, und ich blieb allein zurück. Die Stille war bedrückend, nur das gelegentliche Piepen der Maschinen und das entfernte Murmeln aus dem Flur durchbrachen die Ruhe. Ich setzte mich auf und griff nach meinem Handy. Es war das erste Mal seit Tagen, dass ich den Mut fand, die unzähligen Benachrichtigungen zu überprüfen. Nachrichten, verpasste Anrufe, alles drängte sich auf meinem Bildschirm.

Lucas hatte mich fast ununterbrochen versucht zu erreichen. „Izzy, bitte melde dich. Ich mache mir Sorgen",

war eine der vielen Nachrichten, die er mir geschickt hatte. Ich spürte einen Stich in meiner Brust, als ich seine Worte las. Ich hatte ihn im Dunkeln gelassen, nicht nur wegen dem, was passiert war, sondern wegen allem, was zwischen uns stand. Ich war nicht mehr dieselbe Person, die ich vor einigen Wochen gewesen war, und unsere Beziehung hatte sich unweigerlich verändert.

Mit zitternden Fingern tippte ich ihm eine Antwort. „Lucas, es tut mir leid... aber ich kann das nicht mehr. Die letzten Tage haben mir gezeigt, dass ich mich selbst nicht mehr erkenne, und ich kann nicht so tun, als wäre alles normal. Es ist besser, wenn wir uns trennen."

Ich starrte auf den Bildschirm, meine Augen brannten von den Tränen, die ich zurückhielt. Ich drückte auf „Senden" und lehnte mich zurück. Es fühlte sich an wie ein endgültiger Schlussstrich, nicht nur unter unsere Beziehung, sondern unter einen Teil meines Lebens, der nie mein richtiges Leben wahr. Sondern eher etwas was ich mir aufbaute und es jetzt nicht mehr da war.

Dann war da noch Emilia. Ich hatte ihr ebenfalls Angst eingejagt, sie in all das Chaos hineingezogen, ohne es zu wollen. Ihre Nachricht war kurz und voller Sorge. „Izzy, was ist passiert? Wo bist du?"

Ich atmete tief durch, sammelte mich und begann ihr zu antworten. „Es tut mir leid, Emilia. Ich wollte dich nicht mit hineinziehen. Ich bin mit dem *Drogenaffen* nach San Almeda, mein Zuhause. Ich weiß, es klingt verrückt, und ich verstehe, wenn du Abstand brauchst. Aber ich wollte dir nur sagen, dass ich jetzt in Sicherheit bin."

Als ich die Nachricht absendete, schien die Zeit für einen Moment stillzustehen.

Ich legte das Handy beiseite und schloss die Augen. All das Reden über diese letzten Tage ließ mich noch schwerer atmen. Ich wollte einfach nur weg, raus aus diesem Krankenhaus, raus aus dieser Realität, die sich wie ein Albtraum anfühlte.

Da hörte ich plötzlich das leise Brummen eines Motors draußen vor dem Krankenhausfenster. Ich öffnete die Augen und sah einen schwarzen Benz vorfahren. Mein Herz setzte einen Schlag aus, als die Tür aufging und Rivera ausstieg. Er wirkte so ruhig, so beherrscht, als er sich umsah und schließlich den Blick auf das Krankenhaus richtete.

Ein Teil von mir wollte weglaufen, wollte sich verstecken, bevor er mich sehen konnte. Doch gleichzeitig zog mich etwas zu ihm hin. Etwas, das ich nicht erklären konnte. Rivera war eine Macht in meinem Leben, die ich nie wirklich verstand, aber der ich mich nie ganz entziehen konnte.

Ich schnappte mir meine Tasche, warf hastig die wenigen Sachen hinein, die ich hier hatte, und verließ das Zimmer. Mein Kopf pochte, meine Gedanken wirbelten durcheinander, doch als ich nach draußen trat und ihn sah, schien die Welt für einen Moment stillzustehen.

„Izzy", sagte er sanft, als ich auf ihn zuging. Seine Stimme war tief, fast beruhigend, und in seinen Augen lag eine Wärme, die mich verwirrte. „Ich bin hier, um dich nach Hause zu bringen."

Ich nickte nur stumm und ließ mich auf den Beifahrersitz des Benzes gleiten. Er stieg ein und startete den Wagen, doch die Fahrt verlief schweigend. Ich starrte aus dem Fenster, während die Straßen an uns vorbeizogen, aber mein Kopf war woanders. Ich konnte nicht aufhören, über die letzten Tage nachzudenken – über meinen Vater, über Dan, über Rivera. Was wollte mein Vater von mir? Warum hatte er das getan? Und warum jetzt?

Nach einigen Minuten unterbrach Rivera die Stille. „Izzy... ich weiß, das war alles zu viel für dich. Aber ich will, dass du weißt, dass ich immer für dich da bin. Egal, was passiert."

Seine Worte trafen mich tiefer, als ich erwartet hatte. Ich drehte den Kopf zu ihm und suchte in seinem Gesicht nach einer Antwort. „Warum, ? Warum tust du das? Warum hilfst du mir, obwohl du weißt, wie gefährlich es ist?"

Er hielt seinen Blick auf die Straße gerichtet, doch seine Hände verkrampften sich um das Lenkrad. „Weil du mir wichtig bist, Izzy. Du warst mir immer wichtig."

Ich wusste nicht, was ich darauf erwidern sollte. Ein Teil von mir wollte ihm glauben, wollte sich in diese Worte fallen lassen und ihm vertrauen. Aber ein anderer Teil, der tief in mir vergraben war, schrie, dass etwas nicht stimmte. Dass da mehr hinter seinen Worten steckte, als er zugab.

„Und was ist mit meinem Vater?" fragte ich leise. „Was hat er mit all dem zu tun?"

Rivera schwieg für einen Moment, und ich konnte die Anspannung in seiner Haltung spüren. „Dein Vater... er ist kompliziert, Izzy. Er hat seine eigenen Pläne, und sie sind nicht immer klar. Aber ich verspreche dir, ich werde dafür sorgen, dass er dir nichts mehr antun kann."

Seine Worte sollten mich beruhigen, doch stattdessen wuchs die Unruhe in mir. Es fühlte sich an, als würden all diese Männer – Rivera, mein Vater, Dan – ein Spiel spielen, dessen Regeln ich nicht verstand. Und ich war die Spielfigur, die hin und her geschoben wurde, ohne es wirklich zu merken.

Als wir schließlich vor meinem Haus ankamen, war ich erschöpft. Die Fahrt hatte mich mehr mitgenommen, als ich gedacht hatte, und alles, was ich wollte, war, mich einfach in mein Bett zu legen und die Welt draußen zu lassen.

„Danke ", murmelte ich, als ich die Autotür öffnete. „Für alles."

Er hielt mich am Arm zurück, nur leicht, aber dennoch spürte ich die Dringlichkeit in seiner Berührung.
Er zog mich zu sich und küsste mich „Izzy... vergiss nicht, dass ich immer auf deiner Seite stehe. Egal, was passiert."

Ich nickte stumm und zog meinen Arm langsam zurück. Seine Worte hallten in mir nach, als ich die Tür schloss und ins Haus ging. Doch sie fühlten sich hohl an, wie Versprechungen, die er nicht halten konnte. Aber vielleicht wollte ich das einfach nicht wahrhaben. Vielleicht wollte ich nur glauben, dass jemand in dieser Welt wirklich auf meiner Seite stand.

Oben in meinem Zimmer ließ ich mich auf das Bett sinken. Meine Gedanken wirbelten noch immer umher, doch die Erschöpfung war zu stark, um mich weiter damit auseinanderzusetzen. Alles, was ich wollte, war Ruhe. Nur für einen Moment. Nur für eine Nacht.

Black Rose: The Bloom |Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt