Kapitel 17

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Das Licht im Flur des Hauptquartiers war grell, viel zu grell, und es schien die Schatten zu vertreiben, die in meinem Kopf hingen. Meine Gedanken waren noch immer verschwommen vom Schlaf, der viel zu kurz gewesen war. Das dröhnende Geräusch des Motors, die langen Stunden auf der Straße – alles vermischte sich zu einem dumpfen Sog in meiner Brust. Aber jetzt, hier in meinem Zuhause, fühlte sich alles greifbarer an, realer.

Als wir durch die Tür traten, war da eine Stille, die sich sofort wie eine Schlinge um meinen Hals legte. Die Mitglieder, die in dem weitläufigen Flur standen, hatten ihre Gespräche unterbrochen. Ihre Augen wanderten zu mir, jeder Blick war schwer, fast abschätzend. Ich wusste, was sie dachten: Die Schwester des großen Bosses, zurückgekehrt nach all den Jahren. Und was jetzt? Was hatte ich ihnen noch zu bieten?

Das Gebäude war heruntergekommen, viel schlimmer als ich es in Erinnerung hatte. Die einst stolzen Wände waren jetzt von Rissen durchzogen, der einst glänzende Boden war matt und voller Kratzer. Es fühlte sich nicht mehr wie das Zuhause an, das ich kannte. Und doch spürte ich die Last der Geschichte, die durch diese Räume schlich – all die Entscheidungen, die hier getroffen worden waren, die Deals, die Leben, die geopfert wurden, um dieses Imperium zu halten. Und doch... jetzt schien alles verfallen.

Dan war neben mir, seine Gegenwart war wie immer beruhigend. Er war mein Anker in all diesem Chaos, der einzige, der wirklich wusste, wer ich war, ohne die Masken, ohne die Erwartungen. Aber selbst er konnte mich nicht vor dem schützen, was gleich passieren würde.

Ich hörte seine Schritte, bevor ich ihn sah. Rivera.

Meine Welt schien stillzustehen, als ich ihn aus den Schatten treten sah.

Rivera... so viel Zeit war vergangen, und doch hatte sich nichts geändert. Er sah genauso aus wie damals, als er mich verlassen hatte, und doch war da etwas Dunkleres an ihm, etwas, das ich nicht benennen konnte.

Seine Augen fixierten mich, durchdrangen mich, und plötzlich fühlte ich mich wie dieses junge Mädchen von damals, hilflos und verzaubert von ihm.

Ich wollte mich abwenden, wollte fliehen, aber meine Füße waren wie festgefroren auf dem Boden. Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Ich wusste nicht einmal, ob ich überhaupt etwas sagen wollte. All die Erinnerungen – die guten und die schlechten – brachen über mich herein, wie eine Flutwelle, die ich nicht aufhalten konnte.

Rivera kam näher, seine Bewegungen waren fließend, fast katzenhaft. Seine Augen suchten meine, und in diesem Moment war alles andere ausgeblendet – die Misstrauen erfüllten Blicke der anderen Mitglieder, die Spannung, die in der Luft hing, sogar Dan, der nur wenige Schritte entfernt stand und mich beschützen wollte.

„Izzy", sagte Rivera schließlich, und der Klang seines Namens war so vertraut, dass es wehtat.

Ich wusste nicht, was ich erwartete hatte. Vielleicht Wut, vielleicht Vorwürfe – immerhin hatte er mich verlassen, ohne ein Wort, ohne eine Erklärung. Aber seine Stimme war weich, fast liebevoll, und ich spürte, wie sich mein Herz zusammenzog. Verdammt. Warum hatte er diese Macht über mich?

„Rivera", erwiderte ich schließlich, meine Stimme war schwach, zitternd. Ich hasste mich dafür.

Er hob seine Hand und strich mir sanft über die Wange. Es war eine zärtliche Geste, die mich fast zum Weinen brachte. All die Gefühle, die ich so lange unterdrückt hatte, brachen nun wieder hervor. Aber ich konnte das nicht zulassen. Ich durfte das nicht zulassen. Nicht nach allem, was passiert war.

„Ich habe dich vermisst", flüsterte er, und ich sah das Leuchten in seinen Augen, das mich immer fasziniert hatte. Es war, als könnte er tief in meine Seele blicken, als könnte er jede meiner Schwächen sehen und sie zu seinem Vorteil nutzen. Und genau das machte mir Angst.

Black Rose: The Bloom |Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt