Kapitel 9

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Ich hatte maximal vier Schritte zurückgelegt, als Finley mich einholte und sich mir in den Weg stellte. „Es würde vermutlich nicht schaden, wenn wir unsere Nummern austauschen. Falls es spielbedingt Redebedarf gibt."

Ich zögerte. Er hatte Recht, aber wollte ich ihm meine Nummer geben? Eine Alternative sah ich nicht weshalb ich wortlos die Hand ausstreckte, damit ich meine Nummer in sein Handy eingeben konnte. Er holte es aus seiner Hosentasche, tippte kurz darauf herum und legte er mir dann in die ausgestreckte Hand. Als ich sah, dass er meinen Namen bereits eingegeben hatte, entwich mir ein leises Schnauben. Ich löschte Alexis-, sodass nur noch Lexi übrig blieb und tippte im Anschluss meine Nummer ein. Dann drückte ich auf speichern und startete einen Anruf an mich selbst, damit auch ich seine Nummer hatte.

„Fertig", sagte ich und gab ihm sein Handy zurück. „Schreib mir einfach, wenn etwas sein sollte."

Er verzog leidend das Gesicht. „Das ist aber umständlich. Kann ich dich nicht anrufen?"

Sollte ich ihm sagen, dass ich vermutlich nicht rangehen würde, weil ich es hasste, zu telefonieren? Wieso mussten Moment des Schweigens am Telefon auch tausendmal unangenehmer sein als wenn man seinem Gesprächspartner gegenüber stand?

„Ich habe nicht immer Zeit, ans Telefon zu gehen", behauptete ich, was natürlich absoluter Blödsinn war. Mein Terminkalender war in den nächsten Wochen gähnend leer, aber das ging Finley nichts an. Sollte er doch denken, dass ich mich jeden Tag mit anderen Leuten traf und von einem Abenteuer ins nächste rutschte.

Finley sah mich weiter mit unzufriedener Miene an, trat jedoch einen Schritt beiseite, sodass ich meinen Weg fortsetzen konnte, was ich ohne zu zögern tat. Innerhalb einer relativ kurzen Zeit waren heute Abend sehr, sehr viele Informationen und Eindrücke auf mich eingeprasselt. Alles, wonach ich mich jetzt sehnte, war Ruhe. Ich musste meine Gedanken ordnen, nachdenken und versuchen zu verstehen, was ich heute erfahren hatte. Zum Glück musste ich Brianna gar nicht erst suchen, sie kam mir bereits entgegen. Hatte sie Finley und mich die ganze Zeit aus der Ferne beobachtet?

„Können wir gehen?", fragte ich, woraufhin sie sofort nickte. Wir verabschiedeten uns von niemandem und sprachen kein Wort miteinander, während wir auf Haus vorbei und über den Vorhof gingen. Erst als wir auf die Straße traten, sprudelte alles aus mir heraus wie ein Wasserfall.

„Was zur Hölle, Bri? Du hast mir einen entspannten, ruhigen Sommer versprochen. Erst erfahre ich, dass du mich mit deinem Cousin verkuppeln möchtest, woran ich echt kein Interesse habe, was du ganz genau weißt. Dann das Spiel. Natürlich hast du mich nicht gezwungen, daran teilzunehmen und es wird bestimmt ganz witzig. Trotzdem ist das nicht der Sommer, auf den ich mich eingestellt habe. Und jetzt auch noch Finley? Wieso hast du nie erwähnt, dass du zwei Cousins hast? Du hast offensichtlich ein Problem mit ihm und ich wüsste wirklich gerne, worum es dabei geht. Insbesondere weil mein Leben jetzt an seinem hängt."

„Nur im Spiel", murmelte Brianna leise und doch hörte ich das Schuldbewusstsein in ihrer Stimme. „Und ich wusste wirklich nicht, dass er hier sein würde. In den letzten Jahren war er während des Sommers immer nur vereinzelt am Wochenende hier und er hat noch nie an einem der Spiele teilgenommen."

Mir entwich ein Seufzen und für ein paar Minuten gingen wir schweigend nebeneinander her. Ich fühlte mich noch immer nicht schlauer, weshalb ich weiter nachhaken musste.

„Ich fand ihn jetzt auch nicht sonderlich sympathisch, aber du scheinst ihn ja regelrecht zu hassen, obwohl du normalerweise mit jedem gut klarkommst. Und auch Jasper hat sich in seiner Gegenwart sehr seltsam benommen." Jetzt, wo ich darüber nachdachte, fiel mir wieder ein, dass sich seine Stimmung auch schon am Freitag geändert hatte, sobald er auf seinen Bruder zusprechen gekommen war.

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