Kapitel 63

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Brianna schien noch nicht hier zu sein und auch Jasper lief ich nicht über den Weg. Die Eltern von ihm und Finn waren schon wieder unterwegs, weshalb ich mich im Haus bewegen konnte, ohne unangenehme Begegnungen fürchten zu müssen. Ich ging geradewegs durch das große Wohnzimmer und betrat die Veranda. Die Luft war angenehm frisch, ohne zu kalt zu sein, und der Ausblick in den weitläufigen Garten beruhigte meine flatterhaften Nerven sofort.

Ich hörte Schritt hinter mir, drehte mich jedoch nicht um. Zum einen ging ich fest davon aus, dass Finn mir gefolgt war, und zum anderen vermutete ich, dass Jasper sich nicht schweigend von hinten an mich heranpirschen würde. Meine Annahme bestätigte sich, als Finn seine Hände rechts und links von mir auf der Brüstung abstützte und seinen Oberkörper leicht gegen meinen Rücken lehnte.

„Lex?"

„Hm?" Konnte man mir meine Nervosität anhören?

„Warum bist du mitten in unserem Gespräch gegangen?"

„Bin ich nicht", widersprach ich. Möglicherweise hatte ich das Thema sehr abrupt gewechselt und war dann gegangen. Aber nicht mitten im Gespräch.

Finn seufzte und ich spürte seinen Atem an meinem Ohr. „Wenn du deine Meinung geändert hast, kannst du es mir sagen, Lex. Ich bin dann nicht sauer oder so."

Diese Aussage verwirrte mich derart, dass ich mich intuitiv zu ihm umdrehte und dadurch plötzlich sehr dicht vor ihm stand. Die Brüstung war nicht sonderlich hoch und obwohl mich nicht festhielt, fühlte ich mich alles andere als unsicher. Finn würde mich festhalten, falls ich das Gleichgewicht verlor.

„Was für eine Meinung sollte ich geändert haben?"

Finn senkte den Blick. „Du musst mich nicht in New York besuchen. Wenn du realisiert hast, dass du jetzt gerade zwar gerne Zeit mit mir verbringst, aber kein Interesse hast, mich nach dem Sommer wiederzusehen, ist das okay. Wir müssen auch gar nicht ausführlich darüber sprechen, solange du mir einfach die Wahrheit sagst, damit ich mich nicht komplett in einer einseitigen Sache verrenne."

„Es ist okay, wenn wir uns nach dem Sommer nicht wiedersehen?", fragte ich tonlos. Ich verstand nicht, weshalb Finn diese Dinge sagte. Hatte er seine Meinung geändert?

Er lachte, aber es klang freudlos. „Ich zwinge dich doch zu nichts. Und ich werde dir auch kein schlechtes Gewissen einreden, nur weil du... anders fühlst als ich."

Was genau passierte hier gerade?

„Ich weiß nicht, ob ich anders fühle als du", erwiderte ich mir gerunzelter Stirn. „Dazu müsste ich wissen, was du fühlst."

Finn zuckte mit den Schultern. „Ich möchte nach einem Weg suchen, langfristig Teil deines Lebens zu sein. Sofern dort Platz für mich. Teil meines Lebens wirst du auf jeden Fall sein, weil ich mir ziemlich sicher bin, dass ich dich weder auf meinem Kopf noch aus meinem Herzen wieder raus bekomme."

Ich konnte nichts anderes tun, als ihn anzustarren und dabei dem lauten Pochen meines Herzens zu lauschen. Ich musste ihm antworten, bevor er wirklich glaubte, dass ich etwas anderes fühlte als er, also räusperte ich mich. „Finn, du bist-"

Im gleichen Moment, in dem ich zu sprechen begann, trat eine weitere Person durch die Tür nach draußen und blieb abrupt stehen, als sie uns entdeckte. Das Blut wich aus Jaspers Gesicht, während er seinen Blick über Finn und mich gleiten ließ, unsere Nähe zueinander registrierte und daraus seine Schlüsse zog.

„Jasper", murmelte ich, um Finn auf die Anwesenheit seines Bruders hinzuweisen.

„Jasper? Ich bin Jasper?"

Für eine halbe Sekunde war ich verwirrt, dann fiel mir wieder ein, wie ich meinen Satz begonnen hatte. „Nein", flüstere ich schnell und so leise, dass wirklich nur Finn mich hören konnte. „Du bist Finn und du bist in meinem Kopf, in meinem Herzen und einfach überall. Aber dein Bruder steht hinter dir, deshalb sollten wir dieses Gespräch vielleicht ein andermal weiterführen."

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