Kapitel 73

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An Schlaf war in dieser Nacht überhaupt nicht zu denken. Mein ganzer Körper kribbelte vor positiver Aufregung, während meine Gedanken Achterbahn fuhren. Ich drehte mich von einer Seite auf die andere und schreckte immer wieder hoch, um auf mein Handy zu schauen, damit ich auf keinen Fall den Flug verpasste. Irgendwann gab ich die Sache mit dem Schlaf komplett auf, packte meinen Koffer in den frühen Morgenstunden noch einmal neu und sprang schließlich um Punkt sechs Uhr unter die Dusche.

Brianna war gestern nicht so überrascht von meinem Plan gewesen, wie ich es erwartet hatte. Sie hatte gelächelt, mich in den Arm genommen und mir gesagt, dass sie meinen Mut bewunderte. Meinen Mut. War meine Entscheidung mutig? Oder vielleicht doch naiv? Es brachte nichts, darüber jetzt noch nachzudenken, denn die Entscheidung war gefallen, der Flug war gebucht.

Ich hatte keine Flugangst, eigentlich flog ich sogar ziemlich gerne. Dennoch schlug mir das Herz heute während der gesamten Flugzeit bis zum Hals. Mit jedem geflogenen Kilometer näherte ich mich Finn und als die Maschine endlich auf der Landebahn aufsetzte, waren meine Hände schweißnass. Gefühlt dauerte es an diesem Tag doppelt so lange wie sonst, bis die ersten Passagiere das Flugzeug verließen und auch auf meinen Koffer musste ich fast eine halbe Stunde warten. Obwohl ich Finn gestern schon meine Ankunftszeit geschrieben hatte, schickte ich ihm jetzt noch eine Nachricht, um ihn darüber zu informieren, dass ich gelandet war. Als Antwort erhielt ich einen YouTube-Link, der zu einem Video von Taylor Swifts Welcome to New York führte. Grinsend verstaute ich das Handy wieder in meiner Tasche und entdeckte kurz darauf endlich meinen Koffer auf dem Gepäckband. Ich hatte bisher keinen Rückflug gebucht, musste aber theoretisch spätestens in einer Woche zurück an der Uni sein, da dann das Semester begann. Dementsprechend war mein Koffer weder sonderlich groß, noch schwer. Ich versuchte mich noch einmal kurz zu sammeln, indem ich einige Male tief ein- und ausatmete, dann steuerte die letzte Tür an, die mich noch von Finn trennte.

Ich betrat die Ankunftshalle und fühlte mich direkt etwas erschlagen, von der Menge der dort wartenden Menschen. Viele hielten Schilder mit Namen vor sich, doch ich konzentrierte mich auf die Gesichter. Männer, Frauen, ganze Familien. Einige Leute hatten Blumensträuße in den Händen und über ihren Köpfen schwebten Heliumballons mit Willkommenssprüchen.

Finn stand etwas abseits und als ich ihn entdeckte, setzte mein Herz für einen kurzen Moment komplett aus. Gott, ich hatte ihn vermisst. Seine Haare waren ein bisschen länger als vor sechs Wochen, aber das Lächeln, mit dem er mir entgegen blickte, war exakt das selbe. Auch er hielt ein Schild in den Händen. Ein Schild, auf dem ein gezeichneter Dinosaurier zu sehen war und oben drüber stand T-Rex Lex.

Beinahe vergaß ich meinen Koffer hinter mir her zu ziehen, als ich mich in Bewegung setzte, so eilig hatte ich es mit einem Mal. Erst direkt vor Finn kam ich abrupt zum Stehen, plötzlich unsicher, wie ich ihn begrüßen sollte. Doch dann öffnete er die Arme und ich ging den letzten Schritt auf ihn zu. Er zog mich so eng an sich, dass ich kaum noch Luft bekam, aber das war mir völlig egal. Alles was zählte, war Finn. Seine Nähe, sein so vertrauter Geruch, die Art und Weise, wie er seinen Kopf seitlich gegen meinen lehnte und ein Seufzen ausstieß, das einfach nur erleichtert klang.

Nein, das hier war nicht naiv und schon gar kein Fehler. Das hier war sehr nah dran an Perfektion. Ich wollte Finn nicht wieder loslassen und auch er machte keinerlei Anstalten, mich wieder freizugeben.

„Du bist hier", murmelte er irgendwann und klang dabei so fassungslos, als könnte er es gar nicht glauben.

„Ich bin hier", bestätigte ich, woraufhin Finn mich noch fester an sich drückte.

„Ich habe ein bisschen Angst, dass du dich in Luft auflösen könntest, wenn ich dich loslasse."

„Unwahrscheinlich", beruhigte ich ihn. „Allerdings bekomme ich so langsam kaum noch Luft."

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