Kapitel 70

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Natürlich wusste ich, dass ein menschliches Herz nicht tatsächlich brechen konnte. Der Schmerz, der sich kontinuierlich in meiner Brust ausbreitete, nachdem Finn mein Zimmer verlassen hatte, ließ anderes vermuten. Ihn gehen zu lassen, fühlte sich so unfassbar falsch an, dass ich kurz davor war, ihm hinterher zu rennen. Aber der Schmerz lähmte mich. Hinzu kam, dass mein Verstand mir ganz klar sagte, dass ich die richtige Entscheidung getroffen hatte. Es ging hier nicht darum, ob ich Finn sein Verhalten verzieh oder nicht. Es ging darum, dass ich mein Herz schützte.

„Lexi?"

Vielleicht waren nur wenige Minuten vergangen, vielleicht mehrere Stunden, bis Brianna ins Zimmer kam, sich neben mich legte und mich in den Arm nahm. Ich weinte nicht mehr. Vermutlich war in meinem Körper gar keine Tränenflüssigkeit mehr übrig. Ich fühlte mich leer.

„Finley meinte, du brauchst mich. Eigentlich hätte ich ihm gerne eine reingehauen, aber er sah so traurig aus, dass ich fast Mitleid mit ihm hatte." Sie verzog das Gesicht. „Mitleid mit Finley. Heute ich wirklich ein komischer Tag."

„Wenigstens war der Familientag dieses Jahr nicht langweilig", murmelte ich in einem erbärmlichen Versuch, witzig zu sein. Brianna schnaubte nur. Dann legte sie die Stirn in Falten. „Wie geht es dir?"

„Ich glaube ich muss nach Hause fliegen." Zu diesem Schluss war ich gekommen, sobald ich Finn gesagt hatte, dass ich ihn nicht mehr sehen wollte. Alles an diesem Ort war in irgendeiner Weise mit ihm verbunden und ich wollte mich nicht noch mehr quälen. Brianna lächelte traurig, anstatt zu protestieren.

„Ja, so etwas in der Art habe ich schon befürchtet. Es tut mir leid, dass dieser Sommer so ganz anders verläuft, als wir das geplant haben."

„Naja", murmelte ich und zuckte mit den Schultern, was im Liegen gar nicht mal so einfach war. „Du hast mir gesagt, ich soll mich nicht in ihn verlieben. Ich hab es trotzdem getan, also kann ich dir keine Schuld geben."

Brianna seufzte. „Ich werde dir nicht in die Entscheidung reinreden, weil ich weiß, dass du niemals impulsive Entscheidungen triffst, sondern dir alles sehr gut überlegst. Aber falls du doch bleiben möchtest, verspreche ich dir hoch und heilig, dass wir Abstand von allen Männern dieser Stadt halten."

Ich schaffte es zu lachen. „Das soll jetzt kein Vorwurf sein, aber ich glaube nicht, dass du dich für den Rest des Sommers von Felix fern halten könntest. Und die Sache mit Jasper..." Ich überlegte, ob ich Brianna erzählen sollte, was ich von Finn erfahren hatte. „Finn hat mir die ganze Geschichte erzählt. Und ich glaube ihm."

„Hm ja... ich weiß", murmelte Brianna. „Ich glaube auch nicht, dass Jasper einfach so entschieden hat, die Uni zu schmeißen. Aber sag mir nicht, was passiert ist. Das möchte ich von ihm hören."

Für eine Weile lagen wir schweigend nebeneinander. Irgendwann stütze Brianna sich auf einen Ellenbogen und sah mich mit einer Miene an, die sie immer aufsetzte, wenn ihr eine Idee gekommen war, die sie mit mir teilen wollte. „Wenn du dir jetzt einen Flug für heute oder morgen buchst, wird das bestimmt unfassbar teuer. Bleib noch ein paar Tage. Die verbringen wir dann wirklich zu zweit und machen noch einmal all die Dinge, die dir gut gefallen haben. Ich möchte nicht, dass der Besuch hier so negativ endet."

Nachdenklich runzelte ich die Stirn, denn innerlich hatte ich mich bereits darauf eingestellt, in den nächsten Flieger zu steigen, für den ich ein Ticket ergattern konnte. Finn noch einmal über den Weg zu laufen, würde meine Entscheidung gehörig ins Wanken bringen und das wollte ich eigentlich nicht riskieren. Aber Brianna hatte Recht. So sollte unsere gemeinsame Zeit in Morson Hills nicht enden.

„Okay", stimmte ich ihr deshalb zu. „In ein paar Tagen sind die Flüge vermutlich wirklich bezahlbarer. Aber falls wir Finn irgendwo begegnen, musst du sofort mit mir zusammen wegrennen, ja? Egal wie kindisch das ist."

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