Was beim Klang seiner Stimme in meinem Körper passiert, war nicht in Worte zu fassen. Darüber nachdenken wollte ich auch nicht, weil es mir eine riesige Angst machte.
Also schloss ich kurz die Augen und holte tief Luft, versuchte meine Nerven zu beruhigen. Ich drehte mich nicht zu ihm um, als ich fragte: „Merkst du dir eigentlich jedes einzelne Wort, das ich sage?"
„Ich hab immer ein Diktiergerät dabei, nehm unsere Unterhaltungen auf und protokollier sie hinterher, damit ich deine eigenen Worte im Zweifelsfall gegen dich verwenden kann."
Genau das war das Problem. Aussagen wie diese, die so absurd waren, dass er sie unmöglich ernst meinen konnte, deren Wahrheitsgehalt ich aber dennoch nicht einzuschätzen wusste. Es gab eigentlich kein Argument, das dafür sprach, Finley zu vertrauen. Mein Kopf verstand das, der Rest meines Körpers tat sich etwas schwerer. Aus dem Augenwinkel sah ich, wie er neben mich trat. Ich gab mir noch zwei Sekunden, bevor ich zu ihm hinüber schaute und feststellte, dass er mich bereits musterte.
„Hi", sagte er, und mehr brauchte es nicht, um eine ungewohnte Hitze in mir aufsteigen zu lassen. Wie war es möglich, dass ich mich so sehr über seine Anwesenheit freute? Ich mochte ihn doch noch nicht einmal. Er war nicht nett. Sagte Brianna. Zu mir war er nett, zumindest meistens. Trotzdem. Ich sollte mich nicht freuen, ich sollte ihm mit Gleichgültigkeit gegenüber treten, das war das einzig Vernünftige, das einzig Logische. Fast 48 Stunden hatte ich ihn nicht gesehen, doch in meinem Kopf war er in dieser Zeit fast durchgehend präsent gewesen.
„Ist so etwas hier an der Tagesordnung?", fragte ich und schloss mit einer ausschweifenden Handbewegung den Innenhof der Burg und die umliegenden Mauern ein, inklusive der Musikboxen, der aufgebauten Bar und den feiernden Menschen.
Finley zuckte mit den Schultern und schenkte mir ein schiefes Grinsen. „Wenn Geld keine Rolle spielt, kann man ziemlich extravakante Partys feiern."
„Offensichtlich, ja", murmelte ich. Noch immer wusste ich nicht, was ich von all dem hier halten sollte. Natürlich war es beeindruckend, aber es wirkte nicht ganz real. „Und eure Eltern haben gar kein Problem damit, dass Jasper ihr Geld für solche Dinge ausgibt?" Es ließ sich wohl ausschließen, dass es sein eigenes Geld war, immerhin studierte er aktuell noch.
„Noch haben sie ihm den Geldhahn nicht zugedreht, also scheint es noch Spielraum nach oben zu geben", erwiderte Finley und ich war sicher, mir den spöttischen Unterton nicht bloß einzubilden. Ich verkniff mir die Frage, ob sie ihm den Geldhahn zugedreht hatten. Er wohnte zurzeit bei ihnen im Haus, weshalb das Verhältnis nicht allzu schlimm sein konnte, aber gleichzeitig ging ich nach dem, was ich bisher von Finley erfahren hatte, eigentlich davon aus, dass er finanziell auf eigenen Beinen stand. Ob aus eigenem Antrieb oder aufgrund fehlender Alternativen wusste ich allerdings nicht. So viele Fragen, die ich ihm gerne stellen würde, um ihn besser einschätzen zu können, aber ich rechnete mir keine sonderlich hohe Chance auf Antworten aus.
„Darf ich dich noch einmal entführen?"
„Entführen?" Irritiert hob ich die Augenbrauen. Ich konnte mich nicht daran erinnern, in letzter Zeit, oder überhaupt jemals in meinem Leben, entführt worden zu sein. Anscheinend arbeitete mein Hirn heute etwas langsamer, denn kurz danach begriff ich, dass er die Frage nicht wortwörtlich meinte und mich in keinen Keller sperren wollte, um danach Lösegeld von meiner Familie zu verlangen.
„Ich könnte dir einen Platz zeigen, von wo du die Sterne noch ein bisschen besser siehst", schlug Finley vor. „Aber wenn du lieber bei den anderen bleiben möchtest, dann nicht."
„Nein!" Das Wort war mir schneller und mit deutlich mehr Nachdruck als beabsichtigt über die Lippen gekommen. Finleys rechte Augenbraue wanderte in die Höhe. „Nein, ich kann dir den Platz nicht zeigen, oder nein, du möchtest nicht bei den anderen bleiben?"
DU LIEST GERADE
Trust Fall
RomanceNichtsahnend begleitet Lexi ihre beste Freundin Brianna im Sommer vor ihrem letzten gemeinsamen Jahr am College in ihren Heimatort Morson Hills und findet sich plötzlich mitten in einem ausgefeilten Murder Mystery Spiel wieder. Anstatt mit ihrer bes...