Kapitel 67

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Ich hörte erst auf zu rennen, als ich in einer ruhigen Ecke des Gartens angekommen war. Verborgen hinter einer schulterhohen Hecke, beugte ich mich nach vorne, stütze mich mit den Händen auf meinen Oberschenkeln ab und schnappte keuchend nach Luft. In meinem Kopf drehte sich alles und ich fühlte mich, als hätte mir jemand den Boden unter den Füßen weggerissen. Ich befand mich im freien Fall.

„Lexi?"

Eine Hand legte sich auf meinen Rücken. „Ich hab dich aus dem Haus rennen sehen. Was ist los? Geht es dir nicht gut?"

Ich holte noch einmal tief Luft, bevor ich mich aufrichtete und zu Brianna umdrehte, die mich besorgt musterte. Im ersten Moment wollte ich nicken und ihr sagen, dass alles in Ordnung war, dass es mir gut ging. Aber das würde sie mir ohnehin nicht abkaufen und ich war gerade auch gar nicht in der Verfassung, glaubhaft zu lügen.

„Was, wenn du Recht hast?", fragte ich sie und spürte, wie sich die Tränen in meinen Augen sammelten. „Was, wenn ich mich in Finn getäuscht habe?"

Grimmig runzelte Brianna die Stirn. „Was ist passiert?" Kein „Ich habe es dir doch gesagt", kein „Selber Schuld". Aber vielleicht würde das noch kommen.

„Ich habe... zufällig gehört, wie er sich mit Jasper unterhalten hat. Und es klang so, als hätte er kein wirkliches Interesse an mir, sondern..." Ich stockte, da ich nach wie vor nicht verstand, was ich gehört hatte. Bestimmt wäre es deutlich klüger, erst einmal mit Finn zu sprechen, bevor ich voreilige Schlüsse zog, aber ich spürte, dass irgendetwas in mir bereits unwiderruflich zerbrochen war. „Er wollte mich in seinem Team haben, nicht in dem von Jasper. Keine Ahnung was das bedeuten soll."

„Worum ging es denn in dem Gespräch? Um dich? Haben sie sich gestritten?"

Etwas hilflos zuckte ich mit den Schultern. „Sie haben gestritten, ja. Aber ich habe nicht so ganz verstanden, worum es eigentlich ging. Mich haben sie nur am Rande erwähnt."

„Wenn er dir etwas vorgemacht hat", sagte Brianna mit vor Wut blitzenden Augen, „wird er dafür bezahlen. Trotzdem - und ich fasse es nicht, dass ausgerechnet ich das sage - solltest du mit ihm reden. Falls es ein riesiges Missverständnis ist. Versteh mich nicht falsch, ich nehme Finley nicht in Schutz. Ich möchte nur nicht, dass du grundlos leidest, wenn es eigentlich vermeidbar ist."

Ich blinzelte den Schleier vor meinen Augen weg und nickte. Es musste eine Erklärung geben. Finn und ich, das war... das war echt. So etwas konnte man nicht spielen oder vortäuschen. Seufzend nahm Brianna mich in dem Arm. „Ich bin hier für dich, versprochen", murmelte sie. Die letzten Tage mochten unsere Freundschaft auf eine Probe gestellt haben, aber in diesem Augenblick begriff ich, dass jegliche Zweifel an ihrer Loyalität unbegründet waren. Dankbarkeit durchflutete mich.

Mein Handy begann in einem regelmäßigen Rhythmus zu vibrieren. Ich löste mich aus Briannas Umarmung. Sobald dich den Namen auf dem Display las, drückte ich in einer Panikreaktion auf den roten Hörer. Nur Sekunden später traf eine Nachricht von Finn ein.

Hast du mich gerade weggedrückt?

Die Luft um mich herum schien knapper zu werden und ich begann automatisch schneller zu atmen. „Ich weiß nicht, ob ich mit ihm reden kann", gestand ich Brianna. Aus Erfahrung wusste ich, dass ich viel zu nah am Wasser gebaut war, um schwierige Gespräche ohne Tränen führen zu können.

„Du musst, Lexi. Ich kenn dich, du frisst das sonst viel zu sehr in dich rein. Aber ich kann dabei sein, wenn du das möchtest."

Ich schloss die Augen. „Ich hab mich in ihn verliebt, Bri."

Ihr spöttisches Schnauben ließ mich die Augen sofort wieder öffnen. „Ja, ich weiß. Das ist ziemlich offensichtlich." Mit einem sanften Lächeln griff sie nach meiner Hand. „Was glaubst du denn, warum ich dich immer wieder gewarnt habe? Ich habe einfach nur Angst um dein Herz. Und jetzt komm, wir klären das."

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