Eins ... zwei ... Pause ...
Eins... Zwei ... Pause ...Wassertropfen, Wassertropfen, Pause ...
Eine endlose Schleife ...
Zeit?
Was war das?
Ich hatte das merkwürdige Gefühl, als würde ich schweben ... nur um dann wieder hart auf dem Boden der Tatsachen aufzuschlagen.
Wie lange steckte ich bereits in diesem fensterlosen Raum?
Keinen blassen Schimmer ... Ich versuchte irgendwie einen Rhythmus in meine Zeit hineinzubekommen und orientierte mich daher an dem tropfenden Wasser.
Ich war mir sicher, dass ich mich mehrfach verzählt hatte, aber aktuell war ich bereits wieder seit fünftausend Wassertropfen wach. Wann ich das letzte Mal etwas gegessen hatte, konnte ich nicht mehr so richtig sagen.
Ich glaube, es war vor sieben Zählperioden a ungefähr eintausend Tropfen ... oder waren es zehn Intervalle gewesen?
Mein luxuriöses Zimmer war vier mal vier Schritte groß und edel ausgestattet mit einer fadenscheinigen Decke.
Minimalismus war schließlich die neue Dekadenz!
Gut, die Luftfeuchtigkeit war leider etwas hoch und anscheinend war der Hausbesitzer pleite, denn die Heizung funktionierte auch nicht. Vom Licht will ich gar nicht erst reden, aber hey ... das Unterhaltungsprogramm war nicht schlecht.
Die vielen Männerstimmen aus einem der Nachbarräume erzählten mit blühender Fantasie, was sie mir anzutun gedachten
und ca. alle achttausend Wassertropfen wurde ich aus meinem kuscheligen Paradies geholt und nackt in einen weiß gekachelten Raum gestopft.
Dann hielt das sadistische Arschloch, welches mich niedergeknüppelt hatte, einen Gartenschlauch auf mich und spritzte mich mit kaltem Wasser ab.
Ich muss wohl nicht erwähnen, dass ich mich inzwischen nicht mehr gut fühlte.
Ich hatte längst keinen Hunger mehr und die Kälte spürte ich auch kaum noch ... das tiefe Atmen fiel mir schwer und es tat zudem echt weh.
Kein gutes Zeichen, das war mir selbst in meinem desolaten Zustand klar und der kleine Teil von mir, der sich bockig gegen das Schicksal auflehnte, krächzte mich permanent wütend an, ich solle endlich den Kopf aus dem Sand ziehen und gefälligst Zähne zeigen. Leider wurde diese Stimme immer leiser und erschöpfter.Eins ... zwei ... Pause ...
Eins ... zwei ... Pause ...
Eins ... zw ... RUMMS!Krachend wurde die Tür meiner Luxuszelle ausgestoßen und ich blinzelte recht Eulenhaft in hellem Licht.
„Chrallo, meinee kleineee Blumeee..." schnarrte eine akzentuierte Männerstimme und dann zerrte mich jemand an den verfilzten Haaren nach draußen über den Gang.
Es war also mal wieder Zeit...
Zeit dafür, meine recht ramponierte Kleidung heruntergerissen zu bekommen, mich von diesen dreckigen Hurensöhnen begaffen zu lassen und ach ja, meine wohltemperierte Dusche.
Ich kauerte mich zusammen, um ein wenig Schutz vor dem eisigen Wasser zu bekommen und versuchte das irre Gackern des verrückten Russen zu überhören, während ich mit Müh und Not einen Hustenreiz unterdrückte.
Ich sollte wirklich allmählich mal anfangen, an einem Fluchtplan zu arbeiten... aber ich war so unfassbar müde.
Doch da schnitt ein helles, durch und durch verzweifeltes Stimmchen durch den Raum wie ein heißes Messer durch weiche Butter.
„Mami Leeessaaaa...!"
Und der Mamabär in mir erwachte brüllend zum Leben!Zum einen: Jaaaay!
Überschäumende Freude! Kiki hatte mich zum ersten Mal Mama genannt, zum anderen unfassbare Wut:
DIESE DRECKIGEN WICHSER HATTEN SICH MEIN BABY GEGRIFFEN!
Die Wut überwog und ich machte etwas wirklich Dämliches.
Krank und geschwächt, wie ich derzeit bedauerlicherweise war, hatte mein Angriff genau dieselbe Wirkung, als würde eine neugeborene Babykatze einen ausgewachsenen und ziemlich angepissten Cane Corso attackieren.
Der Berg von einem Russen stieß mir mit der flachen Hand vor die Brust und schon machte mein Allerwertester unfeine Bekanntschaft mit dem kalten und nassen Fußboden.
„Bleib!", knurrte der James Bond Bösewicht-Verschnitt (Goldeneye, super Film) und stellte sich mit vor der Brust verschränkten Armen sehr Türsteher mäßig in die besagte Tür.
Ich knurrte zurück, was den Bastard nur zu einem amüsierten Schnauben bewegte.
Der Kerl machte sich doch glatt über mich lustig!
„Mamiiiiii...!"
Und schon war ich wieder auf den Beinen und sprang dem Mann buchstäblich mit dem nackten Arsch ins Gesicht.
Denn, ja... ich hatte des Kaisers neue Kleider an. War mir allerdings völlig schnurz!
Im Moment gab es Wichtigeres als mein mittlerweile nicht mehr vorhandenes Schamgefühl. Fauchend wie ein Berglöwe auf Speed krallte ich mich in dem Gesicht des Russen fest, kratzte wie eine Irre und schnappte zu, als wär ich von einem Rudel Hyänen groß gezogen worden.
Der Angriff kam derart überraschend, dass Mr. gruseliger Türsteher zwei Schritte rückwärts taumelte, bevor er sich wieder fangen konnte. Ohne einen Laut von sich zu geben, schwenkte mich das Tier von einem Mann mit dem Kopf gegen die nächste Wand und weg war ich......
Das Aufwachen war übel.
Vor allem, weil mir tatsächlich übel war. Genauer gesagt übergab ich mich äußerst spontan in meinen Toiletteneimer und krabbelte danach in Schlangenlinien zurück zu meiner Decke.
Verdammt, was ging es mir beschissen... auch wenn ich null Komma null medizinische Ausbildung mein Eigen nennen konnte, so war ich mir ziemlich sicher, dass ich eine Gehirnerschütterung hatte - zusätzlich zu der schweren Grippe und mein Kopf fühlte sich zudem jetzt an, als würde ich durch zähflüssigen Sirup denken.
Doch da brach Erinnerung durch den Nebel und...
FUCK!
KIARA!
Mühsam stemmte ich mich wieder hoch und wollte zur Tür, entschied mich aber zu einem schnellen Kurswechsel, als eine erneute Welle an Übelkeit kameradschaftlich anklopfte. Nachdem ich meine Eingeweide in den Eimer entleert hatte, krabbelte ich zur Tür zurück.
An Aufrechtstehen war nicht zu denken, ich würde ansonsten umgehend engere Bekanntschaft mit dem Boden schließen, als ich es im Moment sowieso schon tat.
Als ich ungefähr vier Wassertropfen Intervalle später es zu meinem Ziel geschafft hatte, röchelte ich wie ein Olympischer Zehnkämpfer beim Zieleinlauf und benötigte etliche Minuten, um mich so weit zusammenzureißen, dass ich mit der flachen Hand auf die höchstwahrscheinlich Zentimeter dicke Stahlplatte einschlagen konnte.
Böser Fehler!
Und noch dazu ein Saudummer!
Denn jetzt tat mir nicht nur der Kopf von dem Lärm höllisch weh... nein, meine Kehle brannte, als hätte ich flüssiges Feuer eingeatmet.
Ich kreischte nämlich dabei einiges an unflätigen und recht fantasievollen Beleidigungen und das noch dazu in einer Lautstärke, die weder der Gehirnerschütterung, noch meinem stark entzündeten Hals so wirklich gefielen.
Oh, und natürlich schmerzte nun auch noch meine Hand...Ich habe ja nie behauptet, stets intelligente Entscheidungen getroffen zu haben, aber das war selbst für mich ein außergewöhnlich strunzdämliches Manöver gewesen!
Mit einem kläglichen Wimmern kroch ich zu der Decke zurück und brach zitternd dort zusammen.
Und dort beging ich den nächsten Fauxpas... Ich schluchzte mir in diesem Feindesland die Seele aus dem Leib, denn ich war mit meinem Latein jetzt so richtig am Ende.
Ich wusste nicht, wo ich war, oder gar warum ich hier war, oder aber warum diese Hurensöhne sich auch noch mein Kind geschnappt hatten.
War Kiki krank?
Wurde sie genau wie ich in einem dunklen, feuchten Loch gefangen gehalten?
Hatte sie Hunger?
Durst?
Angst?
War ihr kalt?Bei jeder dieser in meinem Geist aufploppenden Fragen drehte sich die Spirale der Verzweiflung tiefer und tiefer in mein Herz und ich steuerte zielstrebig auf einen amtlichen Nervenzusammenbruch hin. Und so bekam ich auch nicht mit, wie sich Schritte meinem Gefängnis nährten...
Erst das leise Quietschen der verrosteten Türscharniere riss mich aus meinem Elend und erinnerte mich daran, dass ich mich in einer ziemlich prekären Lage befand und der Russe nun den Zahltag für meinen vorherigen Angriff eingeläutet hatte.
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Es begann mit einem Ring
ActionWer hätte das gedacht? Eigentlich war meine Planung doch so einfach. Alles was ich wollte, war: 1. In Ruhe gelassen werden. 2. mir mindestens drei Katzen zulegen. 3. ja niemandem auffallen. 4. mich soweit wie irgendmöglich mich von meiner Alkoholi...