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„Auf keinen Fall!" Sarina verengte drohend die Augen und es hätte mich nicht gewundert, wenn sie aus irgendeinem Versteck an ihrem Körper eine Glock gezogen hätte, um mich damit freundschaftlich zu überreden, meine armen Füße in diese Mörderheels ...

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„Auf keinen Fall!"
Sarina verengte drohend die Augen und es hätte mich nicht gewundert, wenn sie aus irgendeinem Versteck an ihrem Körper eine Glock gezogen hätte, um mich damit freundschaftlich zu überreden, meine armen Füße in diese Mörderheels zu quetschen.
„Alessia ... Du trägst ein Kleid von Claude Visonne! Wenn dieser Designer herausfindet, dass Du zu seiner Kreation Sneaker angezogen hast, wird er eine Hexenjagd organisieren! Inklusive Fackeln und Mistgabeln! Also, jetzt stell Dich nicht so an ..."
Ich schnappte mir die glitzernden Mordwerkzeuge und warf sie gezielt drei Meter am Mülleimer in der Ecke vorbei.
„Bleib mir damit von Leib! Ich will das Ende vom Tag erleben und mir nicht vorher erst die Knöchel und dann den Hals brechen!" fauchte ich, raffte den Rock und marschierte an der sprachlosen Bratwaprinzessin vorbei.
Val stand im Flur und hielt mir das atemberaubende Ensemble aus riesigen Baccara Rosen in einem satten Dunkelrot und zarten weißen Orchideen hin. Sie grinste breit und informierte mich:
„Kiki hat schon mal angefangen ... sie ist inzwischen viermal den Gang zum Altar hin und wieder zurückgerannt und hat alles an Blumen verteilt, was sie finden konnte! Inklusive des Ansteckbouquets Deines Zukünftigen. Maxim war kurzzeitig tatsächlich sprachlos, als ihn der Knirps ziemlich herrisch zu sich heruntergewunken und ihm dann das Sträußchen vom Jackett gerupft hat. Die Gäste haben sich kaputt gelacht, vor allem, weil sein Stellvertreter dann versucht hat, der Kleinen ihre Beute wieder abzujagen und kurzerhand von diesem riesigen Schrank von Kerl zum Abkühlen in die Sakristei gesperrt wurde ..."
Ich kicherte vor mich hin, während ich vollkommen elegant und unfallfrei - weil keine fünfzehn Zentimeter Absätze - zum Kirchenportal schritt.

Vor der geschlossenen Tür wartete Diego mit einer sehr, sehr, sehr ungeduldigen Kiki, die wie ein kleiner hyperaktiver Flummi auf und ab hopste.
„Mami! Ich habe alle Blumen verstreut! Es sieht so schön aus!" krähte der Winzling ähnlich stolz wie an dem Tag, an dem ihre Windeln endlich der Vergangenheit angehört hatten.
Zum Beweis drehte der mürrisch vor sich hin grunzende Schrank sein ziemlich leeres Körbchen um und ein Teil von mir kam nicht umhin, zu bedauern, dass wir jetzt niemals sehen würden, wie Diego als Blumenmädchen über den Gang stapfen würde.
Sarina musste ähnliches gedacht haben, seufzte kurz traurig vor sich, dann wandte sie sich Val zu und gestikulierte zur Tür.
„Sieht so aus, als wären wir jetzt an der Reihe", murmelte sie, irgendwie total unzufrieden mit dem Tag.
Kein Wunder ... nicht nur, dass sie mich beinah dabei erwischt hatte, wie ich mit Maxim ‚Versteck den Lörres' spielte, in ihren Augen hatte sie als Trauzeugin auf ganzer Linie versagt, weil ich nicht in den korrekten Schuhen auf meinen Zukünftigen zu stolpern würde.
Und dann gab es jetzt nicht mal mehr ein aktiv streuendes Blumenmädchen, oder wenigstens einen Blumen-Diego und zu alledem hatte ich auch noch die falsche Frisur.
Valeria tätschelte ihr mitfühlend die Schulter, zwinkerte Kiara und mir noch schnell zu, dann nahm sie ihren eigenen Blumenstrauß und den von Sarina - welche auf wundersame Weise den gierigen Fingern meines kleinen Mädchens entgangen waren - in Empfang.
Nachdem die Besitzansprüche an der Botanik geklärt waren, drehten sich die beiden Frauen dem Portal zu und schritten dem Anlass gemäß würdevoll über den Teppich aus Blütenblättern. Kiki krallte aufgeregt ihre kleinen Finger in das tiefblaue Samtkissen, auf dem die beiden Ringe lagen.
Dann ergriff ihr Onkel Dego ihre Hand und folgte gemeinsam mit meiner Tochter den zwei Brautjungfern.

Ich atmete tief durch und wie Blitze zuckten plötzlich die Ereignisse des letzten Jahres durch meine Gedanken.
Wie all das hier begonnen hatte ... Kathis Tod ... die übernommene Mutterrolle für ihre Tochter ... die finanziellen Schwierigkeiten ... das Stehlen des Ringes, der just von meiner Kleinen zum Bräutigam gebracht wurde ... Kikis erste Entführung durch die Suderows ... der erste Sex mit Maxim ... die zweite Entführung ... Befreiung ... Schwanger ... die von den Suderows beschlossene Heirat ... die Schießerei im Brautmodengeschäft ...
Und nun stand ich hier. Nur Minuten davon entfernt, für immer in dieser Welt des organisierten Verbrechens zu verschwinden und für einige Herzschläge überkam mich das unbändige Bedürfnis zu rennen.
Egal wohin, Hauptsache weg!
Ich meine, Laufschuhe hatte ich ja bereits an! Aber Gott sei Dank tacherte mein gesunder Menschenverstand der Panikattacke eines mit Schmackes vor den Latz, bevor sie voll Fahrt aufnehmen konnte.
Wie könnte ich weglaufen?
Kiki war nicht hier bei mir und eher gäbe es einen Schneesturm in der Hölle, als dass ich ohne sie gehen würde!

Und so straffte ich meine Schultern, hob das Kinn und schritt zum weltberühmten Hochzeitswalzer so königlich wie möglich über die duftenden Blüten zum Altar.
Ich sah weder nach links noch nach rechts ... nahm die zahllosen Augen nicht wahr, die jeden meiner Schritte genauestens beobachteten und beurteilten.
Trotzig raffte ich unauffällig hinter dem gewaltigen Bouquet mein Kleid leicht hoch, sodass der Stilbruch an meinen Füßen bestens zu sehen war.
Maxim grinste breit.
Er verstand, dass ich damit zeigen wollte, dass ich mein eigener Mensch mit freiem Willen war und befürwortete es.
Und da verflogen meine Zweifel.
Klar, Ehefrau eines Bratwabosses zu werden, würde alles andere als leicht sein, aber ich war nicht allein in diesem ganzen Chaos.

Die Zeremonie flog in einem Wirrwarr aus religiösen Gehabe und Gesten an mir vorbei, Maxims glühender dunkler Blick ankerte mich und ehe ich es mir versah, dröhnte seine raue Stimme: „Ich will!"
Der Ring, mit dem alles angefangen hatte, glitt auf meinen Finger und passte perfekt ...
Kurz versank ich in dem glitzernden Funkeln der großen Diamanten, bis ein leichter Händedruck des Pakhans mich an meinen Einsatz erinnerte.
„Ich will!"
Meine Stimme war erstaunlich sicher und fest und trug sich bis in den hintersten Winkel der Kirche. Maxims Eltern nickten zufrieden, und als Maxims Hände mein Gesicht umschlossen und seine warmen Lippen sich auf meine pressten, brandete begeisterter Applaus auf.

Der Kuss zog sich hin und selbst das freundliche Räuspern des Priesters konnte uns beide nicht trennen ... es war seltsam perfekt.
Auch wenn ich diesen Weg nie für mich selbst zu träumen gewagt hätte, nun war er meiner und der Kuss war das Siegel für unser Versprechen.
Maxims Zunge spielte mit meiner, kostete mich genüsslich und sehr ausgiebig aus und mein Herz konnte sich partout nicht entscheiden, ob es mit Tempo zwei Millionen weiter schlagen oder spontan den Dienst quittieren sollte.

„WAFFE!"

Auf einmal durchschnitt Diegos tiefe Stimme wie ein Peitschenknall unsere selige Vereinigung und ein Schuss krachte in der Stille, die diesem Wort folgte.
Ich riss die Augen auf und sah, wie rote Blutspritzer auf einmal einen scharfen Kontrast zu dem Perlweiß meines Kleides bildeten ... über die panischen Laute der sich zerstreuenden Gäste hörte ich eine Frau laut „NEIIIIIN!" schreien, dann sackte ein schwerer Körper gegen meinen ...

... Ende von Buch 1 ...

Es begann mit einem RingWo Geschichten leben. Entdecke jetzt