„Komm ... wir müssen uns beeilen. Ich hab keinen Plan, wie lange die Beruhigungspillen wirken, die ich diesen Dämlacks untergejubelt habe!"
Ich hechelte, reckte aber enthusiastisch einen Daumen in die Höhe und taumelte von der Wand weg.
Sarina warf einen kurzen Blick auf mich und ich sah, dass sie sich über den positiven Ausgang unserer Flucht nun doch spontane Sorgen machte. Sie kramte in der Umhängetasche herum und drückte mir drei verschiedene Tabletten und eine geöffnete Flasche Wasser in die Hand.
„Zwei starke Schmerzmittel und eines zum Aufputschen", murmelte sie und betrachtete mich kritisch. Ich dachte nicht großartig nach, sondern stopfte mir die Medizin einfach in den Mund und kippte das Wasser hinterher. Den Rest der Flasche schüttete ich mir über den Kopf und hoffte, damit die Nebelschwaden in meinem desolaten Gehirn lichten zu können.
Sarina trat auf mich zu und nahm mein Gesicht in beide Hände.
„Ich weiß, dass du Schmerzen hast und ich weiß, dass es dir wirklich beschissen geht, aber wenn du noch einen winzigen Funken Kraft in dir hast, dann musst du den jetzt mobilisieren. Wir haben nur diese eine Chance. Wenn mein Vater uns erwischt, sind wir beide tot. Und was sie deiner Kleinen dann antun werden, darüber will ich gar nicht erst nachdenken. Vermutlich wird sie in irgendeine Auktion gebracht und verkauft werden. Also reiß dich zusammen, Alessia! Wenn alles gut läuft, sind wir hier in einigen Minuten raus und dann kannst du zusammenbrechen. Aber so lange musst du stark sein."
Entschlossen nickte ich und kanalisierte jeden Funken Energie ... alles, was ich an Wut in mir spürte, die quälenden Schmerzen, die in meinem Körper tobten ...
Dann schüttelte ich mich wie ein Hund und stakste an ihr vorbei auf den Gang hinaus. Ich hatte einen eindeutigen Tunnelblick, aber mehr bekam ich einfach im Moment nicht zusammen.
Sarina eilte hinter mir her und schloss dabei rasch die Tür zu meiner Gefängniszelle.
„Hast du herausgefunden, wo Kiki ist?" röchelte ich und stierte mit einem irren Ausdruck in den Augen den Flur entlang.
„Nicht hundertprozentig", antwortete meine Kaffeefreundin.
„Aber ich hab eine ungefähre Ahnung, wo sie untergebracht wurde. Wir müssen da lang!"
Die blonde Schönheit, heute ganz in Schwarz gekleidet, inklusive einer gleich farbigen Skimütze, deutete nach rechts und ging vor.Völlig schamlos benutzte ich die Wand als Stütze und taumelte hinterher.
Sarina sah sich immer wieder um, zum einen, um überprüfen zu können, dass ich immer noch auf den Beinen war und zum anderen, um sicherzugehen dass uns niemand folgte.
Ich hatte absolut keinen Schimmer, was sie mit den Wachen gemacht hatte, aber es war totenstill.
Gelinde neugierig nahm mir vor, sobald mein Gehirn wieder halbwegs in geregelten Bahnen funktionierte, sie einmal danach zu fragen.
Aber zunächst war mein kleines Mädchen wichtiger.
Und ihre Sicherheit musste ich nun garantieren.
„Sarina? Sollte ich irgendwann zusammenbrechen, kümmer dich nicht um mich. Sieh zu, dass du Kiki hier rausbringst!"
Die Bratwaprinzessin drehte sich zu mir um und musterte mich für ein, zwei Herzschläge, dann zogen sich ihre Augenbrauen zu einem spitzen V zusammen und sie presste die vollen Lippen aufeinander.
„Wie wär's, wenn ich euch beide hier sicher heraushole? Du glaubst doch nicht, dass ich dich zurücklassen werde! Ich habe doch nicht umsonst mit meiner Familie gebrochen, um nur die Hälfte in Sicherheit zu bringen ..."
Ich schüttelte verzweifelt den Kopf und machte einen weiteren wankenden Schritt in ihre Richtung.
Gott, ich hoffte wirklich, dass die Schmerzmittel langsamer anschlugen.
„Hör bitte zu, ich würde es auch bevorzugen, dass wir alle heil rauskommen. Aber wenn du dich entscheiden musst, Kiara oder ich ... Dann wirst du Kiara nehmen! Bitte! Die Kleine hat schon viel zu viel erleben müssen und ich will, dass sie für den Rest ihres Lebens glücklich und in Sicherheit ist. Wenigstens das schulde ich ihr und ihrer Mutter!"
„Aaargh! Na, schön. Wie du willst! Sollte ich mich entscheiden müssen, werde ich die Kleine rausbringen. Und jetzt beweg deinen Arsch!"
Zufrieden, dass ich meinen Standpunkt verdeutlicht hatte, setzte ich mich mühsam wieder in Bewegung und walzte mit der Entschlossenheit einer außer Kontrolle geratenen Dampflokomotive auf das Ende des Flures zu.
Meine Kaffeefreundin nickte äußerst zufrieden und beeilte sich, mir zu folgen.
Wir kamen an mehreren schweren stählernen Türen vorbei, bis Sarina schließlich vor der letzten stehen blieb.
„Wenn die rammdösige Wache recht hatte und mich nicht an der Nase herumgeführt hat, ist deine Kleine hier untergebracht", flüsterte sie und kramte aus der Umhängetasche einen hübsch altmodischen Satz von Schlüsseln hervor.
Nach einander versuchte sie damit, die Tür zu öffnen, doch natürlich musste es der Letzte sein, der tatsächlich dann auch passte und das Scheißteil im Endeffekt öffnete.
Die blonde Frau stemmte die Tür auf und spingste in das Zimmer dahinter.
Jetzt hörte ich sie ...
Meine Tochter ... und sie weinte ...
SIE WEINTE!
Unfassbare Wut stieg in mir auf und verdrängte jeden Schmerz und jede Müdigkeit.
„Hey, Mäuschen ... keine Angst, deine Mami ist hier und wir gehen jetzt zu Onkel Dego!" säuselte Sarina und trat in den kleinen Raum, der nicht mal ein Nachtlicht hatte!
Diese widerlichen, dreckigen Hurensöhne! Kiki war ein kleines Kind, Himmel, Herr Gott!
Was für Unmenschen behandelten ein Kind auf diese abartige Art und Weise?
„Mami Lessa?", wimmerte Kiaras dünnes Stimmchen und mich hielt nichts mehr.
Ich rannte unsere Fluchthelferin fast über den Haufen und riss mein Baby an mich. Ihre kleinen Arme klammerten sich voll Panik an meinen Hals, was das Atemholen dezent erschwerte - mir aber in diesem Augenblick völlig Wurst war.
Die Tränen ihres verzweifelten Schluchzens durchnässten schnell mein dreckiges T-Shirt.
„Schsch ... mein Liebling! Ganz ruhig, alles wird gut! Böse Menschen haben uns gefangen, aber die Prinzessin hat uns gerettet. Jetzt müssen wir beide noch einmal tapfer sein, damit die Bösen uns nicht wieder einsperren! Kannst du das für mich tun? Ja? Oh, mein tapferes Mädchen! Na, komm. Halt dich fest und dann verschwinden wir von hier!"
Schniefend presste Kiki ihr verweintes Gesicht an meine Schulter - zum Glück nicht an die Verletzte - und ich wirbelte zu Sarina herum.
„Soll ich sie nehmen?", wisperte Sarina, doch ich schüttelte entschieden den Kopf und bedeutete ihr voranzugehen.
Blanke Wut trieb mich an und Energie durchflutete mich, als hätte ich gerade an eine Starkstromleitung gepinkelt.
Rasch eilten wir den Gang zurück und an der Wachstube vorbei, in welcher fünf Kerle selig vor sich hin sägten. Sarina grinste dunkel und zischte: „Schlaftabletten im Eintopf! Trotzdem sollten wir einen Zahn zulegen. Ich weiß nicht, wie lange das vorhä ..."
Die Silhouette einer muskelbepackten Wand materialisierte sich quasi aus dem Nichts vor uns und mein Kerkermeister betrachtete uns mit einem grausigen Lächeln.
„Blümchän ... du solltest doch in deinerrr Zällä sein!"
Sarina verdrehte genervt die Augen und fauchte: „Boar ey, hör mit diesem Scheiß auf, Vitali! Seit wann kann man mit deinem Akzent Papier schneiden, du arschgeficktes Suppenhuhn?"
Sprach's und zimmerte dem Mistkerl mit aller Kraft einen schweren Baseballschläger über die kahle Birne.
HA!
Der Wichser fiel wie ein gefällter Baum!
Yes, Baby!
Milde überrascht sah Sarina auf den zerborstenen Schläger.
„Na, so ein Mist aber auch! Das war ein signierter von Vatis Lieblingsspieler! Hatte aber einen echt guten Schwung ..."
Dann warf sie den Stumpf mit Schmackes auf Vitalis Kronjuwelen und bedeutete mir, ihr die Treppe empor zu folgen. Ich musste mir mit aller Kraft das schadenfrohe Grinsen verbeißen, als ich über den Eisklotz kletterte und ihm dabei so ganz aus Versehen in die Privatsphäre trat.
Ups ... so was aber auch ...
Kiki spähte zwischen meinen verfilzten Haaren auf den bewusstlosen oder toten Dreckskerl und flüsterte: „Mama? Ist der da böse?"
„Ja, Liebling ... sehr böse!"
„Dann pass' ich auf, dass er nicht hinter uns herkommt!", antwortete mein tapferes Mädchen und fixierte über meine Schulter hinweg den reglosen Mann mit zusammengekniffenen Augen, während ich die Stufen empor eierte.
Oben angekommen wurde ich direkt von Sarina in eine dunkle Ecke gezogen und mit einem Finger an den Lippen zum Schweigen verdonnert. Sie langte mal wieder in ihre magische Tasche und zog eine Handfeuerwaffe hervor, auf die sie in aller Ruhe einen Schalldämpfer schraubte.
„Kiki, Mäuschen ... du musst dir jetzt einmal die Ohren zuhalten und die Augen ganz fest schließen!", wisperte die blonde Schönheit sanft.
Meine kleine Maus nickte nur mit blassem Gesichtchen und tat wie geheißen.
Unsere Retterin hob die Waffe und wartete ... nur kurze Zeit später polterte ein blonder Juniorkleiderschrank durch die Tür zum Treppenhaus und stürmte in die Tiefe, oder zumindest stürmte er solange, bis Sarina ihm ohne Gnade eine Kugel in den Schädel jagte. Mein Mitleid hielt sich erstaunlicherweise in Grenzen, denn in seinem Vorbeirennen hatte ich ihn als den Arsch erkannt, der für meine ausgekugelte Schulter verantwortlich war.
„Gut, gehen wir!", flüsterte die Bratwaprinzessin und eilte weiter. Brav folgte ich, merkte aber, wie ich allmählich abbaute. Sehr lange würde ich nicht mehr durchhalten ...Als wir das große Eingangsportal erreicht hatten, drehte sich Sarina zu mir um und sagte leise: „Jetzt brauchen wir Glück. Mein Leibwächter hat das Tor zum Anwesen manipuliert, sodass es geöffnet sein wird. Aber ich weiß nicht, was da noch an Wachen eingesetzt wurde. Und das kugelsichere Glas meines Wagens hilft leider auch nur, wenn wir es in den Wagen hineinschaffen."
Entschlossen nickte ich und rückte Kiki auf meinem Arm zurecht.
„Dann mal los!", sagte ich, Sarina drückte die Tür auf und dann rannten wir.
Ein roter BMW stand mit laufendem Motor vor dem Haus, eine Wache lehnte dagegen und rauchte in Seelenruhe, bis er uns auf sich zustürzen sah.
Er verschluckte sich fast an der Zigarette und verschwendete seine verbliebenen Sekunden auf Erden, indem er uns derart entgeistert anstarrte, als würde eine Herde Einhörner sich vor seinen Augen dem Horizontalsport hingeben.
Das leise Klatschen der Dank des Schalldämpfers sehr leisen Kugel war alles, was ich wahrnahm und der quarzende Schwachkopf war Geschichte.
Ich warf mich auf den Rücksitz und begrub mein Kind unter mir, um sie vor den Geschossen zu beschützen, die auf einmal auf uns einprasselten.
Mit einem schmerzerfüllten Stöhnen rutschte Sarina hastig auf den Fahrersitz und trat das Gaspedal bis auf den Boden durch.
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Es begann mit einem Ring
Hành độngWer hätte das gedacht? Eigentlich war meine Planung doch so einfach. Alles was ich wollte, war: 1. In Ruhe gelassen werden. 2. mir mindestens drei Katzen zulegen. 3. ja niemandem auffallen. 4. mich soweit wie irgendmöglich mich von meiner Alkoholi...