Tropf.... Tropf ... Tropf ...
Wie hypnotisiert starrte ich in die Dunkelheit und lauschte dem Geräusch der fallenden Wassertropfen.
Ich wusste, dass ich die Zeit eigentlich zum Ausruhen nutzen sollte, aber das Adrenalin ballerte regelrecht durch meine Adern. Sarinas Besuch hatte mir Hoffnung gegeben und ich vibrierte förmlich vor Erwartung.
Darüber hinaus war es fast schon eine Erleichterung, sich auf etwas anderes zu konzentrieren als auf den Schmerz, welcher nach dem, nun sagen wir mal eindrucksvollen Zusammentreffen mit dem verschissenen Boss der Sippe, durch meinen Körper tobte.
Gnädigerweise hatte mein Gehirn einen Schleier über die Erinnerungen an diese recht unerfreuliche Zusammenkunft geworfen.
Alles, was als Nachhall geblieben war, waren Schmerzen.
Überall ...
Ich konnte meine rechte Schulter nicht bewegen, mit ziemlicher Sicherheit war der Arm ausgekugelt ... meine Rippen taten weh. Das Atmen fiel mir noch schwerer als vorher und mein Kopf?
Uuuuh ...
Eine schwere Migräne war ein Witz gegen das höllische Hämmern an meiner Schädelbasis. Da mir darüber hinaus auch noch buchstäblich zum Kotzen war, konnte ich selbst diagnostisch Hallo zu einer Gehirnerschütterung sagen.
Aber ich klammerte mich an das Adrenalin!
Geile Sache, das Zeug!
Mir war im Moment nicht einmal kalt, deshalb hatte ich Sarinas Strickjacke in ihrem Versteck unter der Decke gelassen.
Denn jeder wusste doch, dass eine Decke übergeworfen wie der verdammte Tarnumhang von Harry Potter funktionierte! Immer wieder ertappte ich mich dabei, wie hysterisch in die Dunkelheit meiner Kerkerzelle hinein kicherte.
Es wurde an der Zeit, dass ich hier herauskam!
Denn der Wahnsinn klopfte anscheinend bereits freundlich an.
Jedes Mal, wenn ich merkte, dass meine Gedanken völlig abdrehten, zwang ich mich an meine kleine Tochter zu denken.
Meine geliebte Kathi würde sich im Grabe umdrehen, wenn ich jetzt aufgab und Kiki ihrem Schicksal überließ. Ganz zu schweigen davon, dass meine verstorbene Besti mich vermutlich in den siebten Kreis der Hölle verfluchen und mich dort dann bis in alle Ewigkeit heimsuchen würde!
Und so konzentrierte ich mich auf einen sehr gesunden Wutanfall.
Sollten diese verschissenen Bastarde meinem Kind auch nur ein einziges ihrer Ringellöckchen glatt gezogen haben, würde ich ohne Rücksicht auf Verluste zum lebenden Feuerteufel werden. Ich bin sicher, dass in diesen Folterkammern irgendwo ein Flammenwerfer herumlag, der sich von mir für diesen Zweck doch gerne ausleihen ließ.Und wieder einmal nährten sich schwere Schritte meiner Tür und für den Bruchteil einer Sekunde durchbrach ein Strahl gleißender Panik meinen Wutanfall. Ich war nun wirklich nicht in einer Verfassung, zu einem erneuten „Gespräch" mit diesem elendigen Wichser von Oberboss und blinzelte verzweifelt die Tränen weg, die drohten überzulaufen.
Mein russischer Gefängniswärter ließ sich viel Zeit, die schwere Tür aufzustoßen, und lehnte sich mit einem süffisanten Grinsen und vor der Brust verschränkten Armen im Rahmen. „Chrallo, mein Blümchän! Wie gäht es dirrr?" Ich verdrehte die Augen und spuckte in seine Richtung aus.
Ich war mir ziemlich sicher, dass das Arschloch seinen russischen Akzent bewusst übertrieb!
Vor allem das rollende R...
Wollte er somit extra gruselig klingen?
Als würde seine zwei Meter große Gestalt nicht da nicht schon ausreichen ...
Oder gar die Muskelberge, die jeden Profi-Wrestler vor Neid erblassen und an seiner Berufswahl zweifeln ließen ...
Ein tiefes polterndes Grollen, dass ich ein wenig später als Lachen identifizieren konnte, lies seinen fassartigen Brustkorb beben, dann schlenderte der arrogante Mistkerl langsam zu mir in mein komfortables Zimmerchen hinein und ging von mir in die Hocke.
Grinsend betrachtete er mich einige Herzschläge lang, dann wurde sein Blick bösartig. Das war meine einzige Warnung, bevor das Arschloch seine Pranke auf die ausgekugelte Schulter fallen ließ und kräftig zudrückte. Ein so grauenvoller Schmerz jagte durch meinen Körper, dass ich ihn förmlich schmecken konnte.
Ein metallischer Geschmack, der meine Zunge lähmte ...
Ich kämpfte mit aller Macht darum, dieser traurigen Darstellung eines Mannes nicht die Genugtuung meiner Schreie zu gewähren.
Und oh Wunder ...
Es gelang mir.
Was ihn nur noch mehr verärgerte. Aus dem sadistischen Zähneblecken wurde ein hasserfülltes Knurren und er verstärkte den Griff um meine Schulter. Ganze Galaxien von Sternen blitzen vor meinem Auge auf und mir kam die Galle hoch.
Aber mein Sturkopf bewahrte mich davor, nachzugeben. Zwar biss ich mir die Zunge blutig, aber außer einem heftigen Schnaufen gab ich keinen Laut von mir.
„Bitch!", zischte der Russe, dann stand er auf, trat mir noch einmal kameradschaftlich mit seinem schweren Stiefel kraftvoll in die Rippen und schlenderte auf dem Gang hinaus. Kurz bevor er die Tür hinter sich ins Schloss knallen ließ, sagte er - diesmal kalt wie der Eisberg, der die Titanic versenkt hatte: „Ich wätte mit dirrr, morrrgän wirrst du schrrreien!"
Dann war er verschwunden und ließ mich zurück, vor Schmerz regelrecht paralysiert und atemlos.
Ich hörte nicht mal mehr die Wassertropfen, die meinen Uhrersatz darstellten; so sehr hämmerte mein Herz, so unfassbar qualvoll war jeder Atemzug.
Nach einer gefühlten Ewigkeit kam mein Körper halbwegs wieder zur Ruhe und mit der Ruhe kamen die Tränen. Ich stopfte mir den Ärmel der Strickjacke in den Mund, um diesen widerlichen Wichser im Raum neben mir nicht die Freude zu geben, mein verzweifeltes Weinen zu hören.
Nur für den Fall, dass ich jemals wieder in eine solche Lage geraten sollte, musste ich mir unbedingt merken, dass Tränen die ganze Sache nur erheblich verschlimmerten. Mal abgesehen davon, dass ich sowieso nicht genug Luft bekam, nein, meine Rippen protestierten mit jedem abrupten Schluchzer immer mehr.
Schließlich schaffte ich es, mich so weit wieder zusammenzureißen, dass ich der leise Tropf ... Tropf ... Tropf ... meiner Uhr hörte.
Ich passte meine Atmung daran an und machte das, was jede Frau seit Ionen während einer Geburt tat.
Ich atmete durch die Schmerzen hindurch.
Oh, Gott ... ich konnte wirklich nur hoffen, dass Sarina ihren Plan bald in die Tat, umsetzen konnte, denn die Aussicht am nächsten Tag eine intensive, private Session mit diesem russischen Oberarschloch Hurensohn Eisklotz zu haben, entsetzte mich so sehr, dass die nächste Panikattacke bereits ihre Koffer packte, um einzuziehen!
Und als dann mein völlig überreiztes Gehirn sich auch noch vorstellte, was diese gewissenlosen Gangster alles meinem kleinen Mädchen antun konnte, brachte das Miststück von Panikattacke direkt ihre gesamte Familie mit.
Ich spürte, wie sich Hysterie breitmachte und hätte ich mich in diesem Moment auch nur einen Zentimeter bewegen können, wär ich zur Tür gekrochen, um diese mit bloßen Händen einzuschlagen.
Und wir wissen alle, dass spätestens dann auch noch meine Hand gebrochen gewesen wäre.Ein Teil von mir fragte sich, wie das alles hatte passieren können.
Warum war ich hier?
Wirklich nur, weil ich lange Finger gemacht hatte?
Hallo?
Hasst du mich wirklich so sehr, Universum?Der Oberbonze hatte nicht ein einziges Wort gesagt, während seine Soldaten mich als Sandsack missbraucht hatten, sondern hatte nur mit einem fast väterlichen Stolz zugesehen und ab und an zufrieden genickt, wenn ein Knochen geknackt hatte.
Und meinen gegenwärtigen Zustand verdankte ich Amateuren. Den Schaden, den der sadistische Eisklotz von Kerkermeister anrichten konnte, wollte ich mir gar nicht erst ausmalen.
Mit der Zeit wurde es auf dem Gang draußen ruhiger und auch das hämische Gegacker der Schlägeramateure hörte nach und nach auf. Allmählich dämmerte es mir, dass es vermutlich gegen Abend ging. Und auch wenn Sarina keine zeitliche Angabe gegeben hatte, so beschloss ich, mich bereitzumachen. Nur für den Fall der Fälle, dass heute die Nacht der Nächte war, in welcher ich gemeinsam mit meinem kleinen Mädchen von Alcatraz verschwinden würde.
Ja, mir war schon klar, dass wir hier nicht auf Alcatraz waren, aber mit irgendwas musste ich mich ja motivieren, oder?
Also versuchte ich, mich in den Zustand der Wut wieder hineinzuversetzen, der mich bis vor dem Kurzbesuch des eisigen Psychopathen in Bewegung gehalten hatte. Leider hatte ich noch nicht gelernt, wie man auf Knopfdruck Adrenalin in seinem Kreislauf frei setzen konnte und so musste ich mich auf meinen eisernen Willen besinnen, diesem Höllenloch zu entkommen und mein Kind zu retten.
Ganz langsam begann ich, meine Glieder zu bewegen, biss die Zähne zusammen und sagte mir, dass ich meinen Arm nicht brauchte. Dankenswerterweise hatten diese dämlichen Volltrottel meine Beine in Ruhe gelassen, sodass ich durchaus in der Lage sein würde zu rennen. Klar, laufen mit gebrochenen Rippen ist alles andere als schön, aber Augen zu und durch.
Wenn wir alle in Sicherheit waren, hätte ich immer noch genügend Zeit, um mir vor Schmerz die Seele aus dem Leib zu schreien. Also machte ich weiter und bewegte mich unverdrossen ... dehnte vorsichtig die Muskeln und zwang mich schließlich in aufrechte Position.
Ich hatte keinen Schimmer, wie lange ich dafür gebraucht habe.
Aber irgendwann stand ich auf eigenen Füßen, schwitzte wie eine Prostituierte in der Kirche, aber ich stand!
Und kein Moment zu früh, denn leise Schritte näherten sich meinem Gefängnis. Vorsichtig wurde die Tür aufgeschoben, und im Dämmerlicht konnte ich die Silhouette meiner Kaffeefreundin erkennen.
Die Zeit zum Fersengeld geben war gekommen.
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Es begann mit einem Ring
ActionWer hätte das gedacht? Eigentlich war meine Planung doch so einfach. Alles was ich wollte, war: 1. In Ruhe gelassen werden. 2. mir mindestens drei Katzen zulegen. 3. ja niemandem auffallen. 4. mich soweit wie irgendmöglich mich von meiner Alkoholi...