(Am Abend zuvor)
Was zum verdammten Fuck war das denn gerade bitte schön gewesen?
Diego, Sergej und ich hatten uns in mein Büro zurückgezogen und sahen uns verwirrt an. Serge pullte sich die schweren Rubinohrclips von den Ohrläppchen und das erinnerte mich direkt daran, dass ich immer noch Mutters Tiara auf dem Kopf hatte.
Schnaubend zog ich mir das Schmuckstück aus den Haaren und warf die funkelnde Pracht in den Sessel.
Zum Glück hatten weder die Hausangestellten, noch meine anderen Männer gesehen, wie die drei obersten Anführer mit Juwelen behängt auf einer Teeparty bei einem Kleinkind zu Gast gewesen waren.
Diego grinste, löste behutsam die fast zwei Meter lange Perlenkette von seinem Stiernacken und legte sie vorsichtig zu den Ohrringen und der Halbkrone.
„Eines muss ich aber echt zugeben ... die Kleine hatte wirklich einen guten Geschmack! Die Smaragde haben wunderbar mit deinen Augen harmoniert!"
Simultan drehten Sergej und ich uns zu meinem Mann fürs Grobe um und sahen recht fassungslos aus der Wäsche.Sein fucking Ernst jetzt?
Diego sah uns an und fragte: „Was? Nicht witzig?" Sergej flirtete spontan mit meinem massiven Briefbeschwerer aus Stahl und überlegte vermutlich, ob dieser sich gut auf dem Kopf des Scherzkeks machen würde.
Der hob rasch abwehrend die Hände und beeilte sich zu sagen: „Woah ... schon gut, schon gut. Zu früh, ist klar. Ihr müsst aber schon zugeben, dass die Situation eine gewisse Komik hatte. War jetzt nicht unbedingt das, was ich mir heute Morgen vorgestellt hatte, aber was hätte ich denn sonst machen sollen? Dieses Kind war so zuckersüß, da konnte ich nicht anders ... sie hat mich bereits auf dem Weg zur Villa voll getextet. So viele Geschichten von dieser winzigen Berserkerkatze - das Vieh scheint ja echt saukomisch zu sein - damit könnte ich glatt ein ganzes Buch füllen! Und ach ja, das Wichtigste. Die schnuckelige Diebin ist anscheinend nicht die echte Mama.
Die ist nämlich im Himmel, sagt die Kleine. Und unsere schöne Alessia da unten war die beste Freundin ... Sie hat nach dem Tod der Mutter das Kind adoptiert und scheint derzeit echt Probleme zu haben, beide über Wasser zu halten."
Ich nickte versonnen. So etwas in der Art hatte ich mir in dem Moment bereits gedacht, als das Kind die Schönheit mit „Tante Lessa" angesprochen hatte.
Der Geldmangel erklärte zumindest, warum sie den Ring mitgenommen hatte. Warum sie ihn nicht versetzt hatte, war mir allerdings ein Rätsel. Auch wenn dieser schleimige Widerling von Pfandhausbesitzer ihr nur einen winzigen Bruchteil des tatsächlichen Wertes angeboten hatte, der Betrag hätte ihr wahrscheinlich ein paar Sorgen abgenommen.Diego seufzte und setzte sich auf die Sessellehne.
Dann fuhr er sich mit den Händen durchs Gesicht und mit einem Mal klang seine Stimme leise und müde.
„Ich konnte das Kind nicht in unseren speziellen Zimmern einsperren. Ich konnte einfach nicht. Sie hat immer wieder gehustet und ... Fuck! Es tut mir leid, Pakhan. Vielleicht werde ich auf meine alten Tage noch weich. Aber als sie mich mit diesen großen Rehaugen ansah und die Unterlippe zu zittern begann ... da standen wir dann auf einmal in der Küche und ich hab ihr Cornflakes gemacht. Als sie mich dann Onkel Dego nannte, war es ganz vorbei. Kurz danach stiefelte deine Mutter in die Küche und schon saßen wir auf dem Boden, um nicht existierenden Tee zu trinken, während uns das niedlichste Ding unter der Sonne uns alles über ihren Tag mit der Horrormieze erzählte."
Serge schnaubte amüsiert und sah dann zu mir.
„Was jetzt, Boss? Erstatten wir jetzt ein Exempel an der Diebin? Wenn dieser Eddy singt, dann wird unsere Bratwa zur Witzgeschichte der ganzen Ostküste."
Ich zuckte mit den Achseln. „Dann schlage ich vor, dass Onkel Dego einmal diesen Schleimscheißer aufsucht und ihn am Singen hindert. Du hast ja noch deinen interessanten Ratgeber. Ich bin mir sicher, das Büchlein kann für genug Abschreckung sorgen!"
Diego grinste, langte prompt hinter sich, um besagtes Büchlein zurate zu ziehen.
Ich schüttelte amüsiert den Kopf und wollte gerade mich an Sergej wenden, um zu erörtern, wie mit der schönen Diebin zu verfahren war, da platzte meine ehrenwerte Mutter ins Büro. „Oh, Maxim! Diese junge Dame ist einfach reizend! Und das kleine Mädchen? Ich liebe sie! Was mich zu dir bringt: Ich möchte genau solche Enkel haben, hörst du? Du wirst in zwei Wochen Sarina heiraten und wenn du dich ins Zeug legst, könnte ich nächstes Jahr bereits ein Baby in den Armen halten."
Begeistert drehte meine Mama sich im Kreis und sah nach Zustimmung heischend zu meinen Männern.
Serge hob die Augenbrauen und fand auf einmal die Rubinohrclips wieder hochinteressant und Diego - hilfreich wie eh und je - reichte die Schmuckstücke meinem Stellvertreter ohne auch nur eine Sekunde von der Lektüre aufzusehen.
Mama seufzte und verschränkte die Arme vor der Brust.
„Also wirklich! So schlimm ist Sarina nun auch nicht. Sie ist eine schöne und sehr intelligente junge Dame, die sich in unserer Welt genauestens auskennt. Sie wird dir eine gute und starke Ehefrau werden."
Diego schnaubte abfällig und beeilte sich einen Hustenanfall zu simulieren, während Sergej sich eiligst die Smaragdtiara schnappte, diese vor die Augen hob und fleißig so tat, als wolle er die Brillianz der Edelsteine ohne Lupe, mit reiner Sehkraft prüfen.
„Kindsköpfe!", murmelte Mutter und musterte die beiden strafend.
Dann nahm sie die Perlen vom Sessel, beraubte Sergej seines Alibis und rauschte mit ihren Kleinodien davon, die ganze Zeit irgendwas über Bratwamänner und deren Hang zum dramatischen schimpfend.
Mein Stellvertreter kicherte und sagte: „Ja, Drama, Baby ... Drama! Ich gehe dann am besten mit der schönen Diebin nach Hause, um deinen Ring zurückzuholen. Dann kannst du ihn deiner geliebten, perfekten Frau in spe diesmal an das manikürte Fingerchen tackern! Nicht, dass die gute Sarina noch auf falsche Gedanken kommt und mit ihrem Leibwächter die heimischen Gefilde in Richtung Sonnenuntergang verlässt. Und alles nur, weil das Hohlköpfchen vielleicht denken könnte, ohne Ring, kein Happily ever after mit dir! Schließlich will deine Mutter Enkel haben..."
Ich nickte zustimmend. Also zustimmend dazu, den Ring zurückzuholen.
Sarina konnte von mir aus ihr Happily ever after mit dem Pflanzenkübel vorne in der Einfahrt finden. Aber das Familienerbstück wollte ich dann doch wieder in meinem Besitz wissen.
Mein Blick richtete sich auf Diego und ich fragte: „Was für den guten Eddy gefunden?" Mein Vollstrecker sah auf und er erbebte vor Aufregung wie ein verwöhntes Kind am Weihnachtsmorgen.
„Ich will eine Streckbank haben!"
Sergej schüttelte entgeistert den Kopf und maulte: „Und ich will Kleopatra vögeln! Da haben wir wohl beide Pech gehabt!"
Diego warf das Sesselkissen zielsicher meinem Freund ins Gesicht und hob drohend das Büchlein über mittelalterliche Foltermethoden in seine Richtung.
„Streckbank!", knurrte der Muskelprotz mit gefletschten Zähnen und hatte kurzfristig einen derart eindrucksvollen Serienkillerblick drauf, dass ich mir einen Augenblick tatsächlich Sorgen um den guten Eddy machte.
Nur kurz allerdings, denn mir fiel wieder ein, dass der schmierige Bastard den nächsten Tag sehr wahrscheinlich sowieso nicht erleben würde.
Um die Spannung im Raum zu brechen, schlug ich mit der flachen Hand auf den Tisch und sagte ruhig: „Gut. Jeder weiß, was zu tun ist. Diego, viel Spaß mit dem Singvogel, Serge ... bring mir meinen Ring zurück."
„Aye, aye, Sir", salutierte meine rechte Hand und warf das Kissen zurück auf den Folterbuch lesenden Psychopathen, der dieses gelassen aus der Luft pflückte und es sorgfältig glättete, um es dann auf seinen Platz zurückzulegen. Dann stopfte er seinen Ratgeber für alle Lebenslagen in die Hosentasche und sah auf.
„Ich will immer noch eine Streckbank!", grummelte er, stand auf und fixierte mich. Ich verdrehte die Augen und stöhnte: „Mal sehen, was sich machen lässt. Für heute muss es ohne gehen! Weihe deine Löffel ein, oder die Machete, die du zum Geburtstag bekommen hast. Werd kreativ!"
Gerade wollte Diego vermutlich zur Abwechslung wieder das Wort „Streckbank" in den Raum poltern, da beendete ein hektisches Klopfen an der Tür die Debatte fürs Erste.
„WAS?", brüllten wir drei gleichzeitig und ein schlotternder Wachmann betrat mein Büro.
„Pakhan? D... die F...F... Frau mit dem K... Kind ..."
„Heute noch?", bellte Sergej ungeduldig und der Mann machte panisch einen Satz nach hinten.
„V... V... Verzeih. Die beiden sind w... w... weg ..."
Ich schloss kurz meine Augen, dann zischte ich: „Und warum steht ihr alle noch hier herum? SUCHT SIE! BRINGT SIE ZURÜCK!"Und emsiges Gewusel brach aus ...
„Ach, Diego?" Mein Vollstrecker wandte sich fragend um.
„Du kriegst deine Streckbank. Und kannst sie an diesen inkompetenten Vollidioten ausprobieren, die so saudämlich waren, meine kleine Diebin aus den Augen zu lassen!"
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Es begann mit einem Ring
AçãoWer hätte das gedacht? Eigentlich war meine Planung doch so einfach. Alles was ich wollte, war: 1. In Ruhe gelassen werden. 2. mir mindestens drei Katzen zulegen. 3. ja niemandem auffallen. 4. mich soweit wie irgendmöglich mich von meiner Alkoholi...