Kapitel 41

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,,Wer einen Fehler gemacht hat und ihn nicht korrigiert, begeht einen zweiten."      ~Aurora






Fassungslos lief ich auf das schlafende Mädchen zu. In ihren Haaren klebte Dreck und Staub, ihre Hautfarbe war ungesund blass und sie sah viel zu dünn aus.

Man hatte sie an die Liege gefesselt, zahlreiche neue und ältere Blessuren zierten ihren kompletten Körper. Vorsichtig schob ich das Krankenhaus artig aussehende Hemd etwas hoch und sah eine frische Narbe im Bereich ihres Blinddarms.

Ich war so geschockt das mich erst das herunter fallen eines Gegenstands, irgendwo im Haus, aus meiner Trance holte. Heiß schoss mir Blut in den Kopf und ich musste hier weg, um nicht erwischt zu werden.

So sehr es mich schmerzte sie alleine lassen zu müssen, wusste ich das ich sie nicht retten konnte. Das einzige was ich tun konnte war von ihrem Schicksal zu erzählen und es nicht für vergessen zu erklären.

Ich würde ihre Geschichte der Welt erzählen und Leandros gesamtes Imperium bekämpfen, doch bis ich überhaupt stark genug dafür war, war es wahrscheinlich schon zu spät für sie.

Eine einzelne schmerzhafte Träne rann meine Wange hinunter als ich das Licht ausschaltete und die Tür hinter mir schloss. Alles in mir schrie danach sie zu befreien und zu fliehen, doch das würde unsere beiden Chancen nur verschlechtern.

Schnell lief ich die Treppe hoch, drückte den roten Knopf und huschte auf den Flur. So schnell es ging verschwand ich in meinem Zimmer und setzte mich mit laut klopfendem Herz auf das Bett.

Unruhig stand ich wieder auf und konnte nicht sitzen, denn das Bild des Mädchens brachte mich dazu durch den Raum zu laufen. Ich wusste das es viele andere Mädchen gab die das selbe Schicksal trafen, warum sollte ich dieses eine retten? Müsste ich nicht alle retten oder alle nicht retten?

Auch wenn es strategisch intelligenter war nichts zu tun, drehte ich in Gedanken jede Möglichkeit um sie zu retten. Sie erinnerte mich so sehr an mich selbst. Einsam und schutzlos im Keller eines Verrückten Gefangen, welcher ihr vielleicht ein Organ entfernt hatte.

Ich konnte sie nicht einfach aus dem Keller hoch holen. Der einzige Weg den ich probieren könnte, wäre einer auf dünnem Eis. Meine Vernunft schrie mich an nicht daran zu denken, während ich schon längst einen Plan hatte.

Ich könnte Leandro fragen ob ich jemanden in meinem Alter treffen dürfte, da ich mich so einsam fühlte. Dieser Grund entsprach sogar der Wahrheit. Seit Monaten hatte ich mich nicht mehr mit einer Freundin unterhalten können, vorallem nachdem Sofia mich verraten hatte.

Ein schmerzhaftes Stechen machte sich in mir breit und auch wenn ich Sofia erfolgreich aus meinem Kopf verdrängt hatte, beschäftigte es mich immer noch, trotzdem war ich zu beschäftigt mit meiner eigenen Situation als über ihre nachdenken zu können.

Heute war Tag 6 in Spanien und laut Leandro würden wir morgen fliegen, doch was waren seine Worte schon wert? Zumindest müsste er heute oder spätestens morgen früh wieder hier sein.

Ich hatte schon längst beschlossen wenigstens einen Versuch zu unternehmen die Unbekannte zu retten, weshalb ich mich auf die Suche nach Matilde machte.

Normalerweise war sie in der Küche oder in dem hübschen Wohnzimmer. Kurz darauf fand ich sie in der Küche, ich war noch nie zuvor hier gewesen, doch sie hatte mir gesagt wo ich sie finden würde.

Es waren noch einige andere Menschen hier die eifrig kochten, als ich eintrat schenkten mir ein paar verstohlene Blicke und mir viel aus dem Augenwinkel eine Frau auf die mich hasserfüllt anstarrte.

Matilde lenkte mich von der Frau ab und trat hektisch auf mich zu ,,Seniora, brauchen sie irgendetwas? Kommen Sie gehen wir ins Wohnzimmer, nicht das sie noch nach Essen riechen." Ich fand es merkwürdig das sie mich behandelte als ob ich nicht in der Küche stehen sollte, da es unter meiner Würde war.

Ohne ihre Worte zu kommentieren liefen wir ins Wohnzimmer ,,Was kann ich für sie tun?" erwartungsvoll blickte mich Matilde an ,,Ich möchte wissen wann Leandro zurückkommt." ,,Tut mir Leid, ich weiß es nicht genau, das einzige was ich weiß ist das heute Abend einige wichtige Kollegen zusammen mit dem Don hier essen werden." ,,Werde ich auch anwesend sein müssen?" ,,Wahrscheinlich." antwortete Matilde unsicher.

,,Kann ich mit ihm telefonieren?" Es war ein letzter Versuch doch noch etwas zu unternehmen, denn vielleicht würde heute Abend schon zu spät für das Mädchen sein.

,,Ich kann gerne Senior Castio fragen, wenn sie möchten." mir kam der Name bekannt vor doch ich wusste nicht wer das war ,,Wer ist das?" Verwirrt runzelte sie die Stirn ,,Der Vorname ist Nero, ich denke sie kennen ihn, oder?" Ich erinnerte mich an seinen Nachnamen, welchen ich im Video sagen musste, um ihn frei zu erpressen.

Ich nickte mit den Kopf, auch wenn sich alles in mir sträubte erneut auch nur eine Sekunde in der Nähe von Nero zu verbringen.

,,Setzen sie sich aufs Sofa ich hole ihn."
Ich wusste nicht ob es eine gute Idee war Nero zu holen, doch als Matilde weg ging war es zu spät meine Bitte rückgängig zu machen.

Nach ungefähr fünfzehn langen Minuten des Wartens hörte ich Schritte im Flur und erblickte kurz darauf Neros große Gestalt. Er trug einen Anzug und sah ernst aus, er setzte sich mir gegenüber vom Sofa. Leider blieb Matilde nicht hier, sondern verschwand fast schon fluchtartig zurück in die Küche.

Neros kalte Augen scannten mich, was mich noch nervöser machte. Bis jetzt konnte ich viele Erinnerungen an den Keller verdrängen, doch seine Anwesenheit ließen immer wieder seinen eiskalten erbarmungslosen Blick vor meinem inneren Auge aufblitzen wie er trotz meines Flehens auf mich einschlug.

Ich versuchte stark zu bleiben und erwiderte seinen Blick. ,,Darf ich telefonieren?" kalt durchbrach ich die Stille zwischen uns. Nach ein paar Sekunden holte er sein IPhone aus seiner Tasche.

Nero entsperrte den Bildschirm und wollte es mir gerade geben als er inne hielt.
,,Wie geht es dir?" Seine Frage kam so überraschend, das ich komplett verblüfft war, zudem war sie absolut dumm, denn wie sollte es mir denn jetzt schon gehen?

Ich antwortete ihm nicht und auch wenn ich versuchte es zu unterdrücken, kam als Antwort nur eine Träne aus meinen Augen.
Wütend vor ihm zu heulen wie eine dumme Tussi streckte ich meine Hand aus, glücklicherweise beließ er es dabei und gab mir das Telefon.

Tief durchatmend tippte ich auf den Knopf um Leandro anzurufen.

Cosa Nostra 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt