Hunter spürte, wie Wut in ihm aufstieg. Das war doch alles nur ein Trick, damit er seine Tat zugab. Vermutlich versteckten sich hier irgendwo Polizisten, die ihn sogleich nach seinem Geständnis verhaften würden. Natürlich hatte er das mehr als verdient und ihm war klar, dass er nicht ewig vor seiner Schuld davonlaufen konnte, aber er fühlte sich noch nicht bereit, ein Geständnis abzulegen. Langsam schüttelte er den Kopf, ohne eines der beiden Mädchen anzusehen.
„Das ist die Bedingung. Hunter erzählt seine Geschichte, dann erzähle ich meine. Andersherum würdet ihr nicht verstehen, warum Alastor von mir ablassen und auf ihn überspringen will", sagte Amber kühl und berechnend. Hunter war klar, dass er sie verärgern würde, wenn er den Mund hielt, aber er war einfach noch nicht bereit.
„Hunter, bitte. Ich habe doch schon längst die Vermutung, dass du ein Verbrechen begangen hast", sagte Jayda. Entsetzt starrte er sie an. Ja, sie hatte ihn schon einmal gefragt, ob er ein Verbrechen begangen hatte, was er natürlich verneint hatte. Allerdings hätte ihm klar sein müssen, dass sie ihm nicht glaubte.
Als Jayda seinen Blick erwiderte, fühlte er sich, als würde sie ihn mit ihren Augen durchdringen. Was natürlich Quatsch war, eigentlich sah sie ihn eher aufmunternd an. Hunters Entschlossenheit bröckelte tatsächlich ein wenig. Wenn das die Bedingung war, um das Rätsel zu lösen und womöglich Alastor zu entkommen... Denn es erschien ihm deutlich unangenehmer, Ambers Platz hier im Haus einzunehmen und von Alastor heimgesucht zu werden, als seine gerechte Strafe durch die Justiz zu erhalten.
Er schluckte schwer und schloss für einen Moment die Augen. Unwillkürlich sah er die Bilder vor sich, die er so lange schon verdrängt hatte. Sein Atem beschleunigte sich, als er daran dachte, was er getan hatte. Panisch riss er die Augen wieder auf, allerdings konnte er die Erinnerungen nicht vertreiben. Wie von allein bewegte sich sein Kopf von links nach rechts. Er war absolut noch nicht bereit, seine Geschichte mit Amber und Jayda zu teilen, dafür musste er sich erst einmal selbst damit auseinandersetzen.
„Ich... ich bin noch nicht bereit dazu", brachte er hervor und bemerkte, wie er sich immer mehr anspannte. Auf einmal spürte er eine Hand auf einer Schulter. Als er den Blick zur Seite wandern ließ, sah er in Jaydas lächelndes Gesicht.
„Hunter, es ist okay. Uns ist klar, dass es keine schöne Geschichte wird. Aber du musst uns endlich einweihen, damit wir weiterkommen", sagte sie ruhig und einfühlsam. Automatisiert schüttelte er den Kopf.
Plötzlich umgab ihn eine unangenehme Kälte, sodass er die Arme um sich schlang und anfing zu zittern. Amber erhob sich und starrte ihn zornesfunkelnd an. Sie trat so nah an ihn heran, dass er noch oben sehen musste, um ihr Gesicht zu erkennen. Ihre Hände hatte sie noch immer vor dem Bauch aufeinander gelegt.
„Wir haben nicht ewig Zeit. Ich habe einen Pakt mit Alastor geschlossen. Morgen Nacht ist Vollmond, das bedeutet, dass diese Nacht meine einzige Chance ist, meine Schuld zu begleichen. Und das werde ich tun, ganz egal, was Alastor mit dir anstellt", sagte sie in einem Ton, der ihm am ganzen Körper eine Gänsehaut bereitete. Hunter schnaubte verächtlich.
„Also überlässt du mich ihm so oder so, ganz egal, ob ich meine Geschichte preisgebe oder nicht!", rief er aus.
„Du kannst nicht ewig vor deiner Schuld davonlaufen! Sonst endest du womöglich wie ich, dreiundfünfzig Jahre gefangen und dazu verdammt, immer mehr Menschen wehzutun, die sich in dieses Haus verirren", sagte sie.
Hunter war vollkommen verwirrt. Er begriff einfach nicht, warum er sein Verbrechen gestehen musste, damit Amber ihnen erzählte, was sie wusste.
„Hunter, bitte. Spring über deinen Schatten. Ich werde dich nicht verurteilen", hörte er auf einmal Jaydas Stimme neben ihm, während sie sanft seine Schulter drückte.
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Amber
HorrorJayda und Hunter, zwei siebzehnjährige Ausreißer, finden Zuflucht in einem verlassenen Herrenhaus. Blackwood Manor, ein im Wald gelegenes, beeindruckendes Anwesen ohne Strom und Wasser wird bald ihr Zufluchtsort. Allerdings dauert es nicht lange, bi...