Kapitel 40 - Hunter

8 3 6
                                    

Schreie lösten sich aus ihm, drangen aber nicht bis in die Realität. Zumindest wenn man Jaydas und Ambers Reaktion sah. Sie standen zwar durchaus verängstigt und geschockt da, aber sie unternahmen nichts, um ihn von seinen Qualen zu erlösen. 

Hunter wusste, dass es Alastor sein musste, der in ihm diese Visionen auslöste, aber befreien konnte er sich nicht. Er fühlte sich, als würde er in Flammen stehen. Nicht nur irgendwelche Flammen, die man leicht mit dem Fuß hätte austreten können, sondern er befand sich mitten im Höllenfeuer. Tausend Grad musste es heiß sein, während es sich leckend und lachend um seine Beine schmiegte. Dieser Schmerz übertraf alles, was er jemals gespürt hatte. Die Schreie brachen sich aus seiner Kehle Bahn und doch schien ihn niemand zu hören. 

Panisch sah er an sich herunter und entdeckte die lodernden Flammen, die sich langsam aber sicher seine Beine hinauffraßen. Er riss den Kopf herum und sah, wie Amber und Jayda mit schockgeweiteten Augen dastanden und ihn ansahen, allerdings keinerlei Anstalten machten, sich zu bewegen. Sahen sie denn nicht, dass er hier verbrennen würde, wenn ihn niemand rettete? Noch einmal versuchte er, in ihre Richtung zu gehen, um den Flammen zu entkommen, doch seine Füße ließen sich einfach nicht bewegen, so als seien sie am Boden festgekettet. 

„Helft mir doch!", schrie er durch die immer höher züngelnden Flammen zu den Mädchen, die ihn jedoch einfach nur weiter anstarrten. 

Plötzlich sah er im Augenwinkel eine Bewegung und unwillkürlich riss er den Kopf herum. Was er sah, oder eher wen er sah, versetzte ihn in schiere Panik. Sein Vater, in Begleitung seiner Freunde, schritt selbstsicher durch die Flammen auf ihn zu. Mit aller Kraft versuchte Hunter, von der Stelle zu kommen, vor ihnen zu fliehen, aber es wollte ihm einfach nicht gelingen. Die Flammen hielten ihn gefangen, während sie ihm unsägliche Schmerzen bereiteten. 

Wie in Zeitlupe kamen die Männer auf ihn zu, wobei die Flammen ihnen auszuweichen schienen, so als würden sie ihnen geradezu den Weg zu ihm freimachen. Sein Vater, der die Gruppe anführte, hatte seinen Mund zu einer teuflischen Grimasse verzogen. Erst da fiel Hunters Blick auf seine Kehle, die von einem blutroten Band geziert wurde. Die Wunde, die er ihm damals zugefügt hatte und mit der er ihn getötet hatte. Sie schien ihn auszulachen, ihn zu verhöhnen, denn hier war er der Rache seines Vaters vollkommen ausgeliefert. Nur noch wenige Schritte trennten sie, als sein Vater auf einmal stehen blieb. 

„So sieht man sich wieder, mein Sohn. Ein Wiedersehen in der Hölle hatte ich mir alles andere als so befriedigend vorgestellt", höhnte er, begleitet vom dreckigen Lachen seiner Kumpanen. Hunter spürte, wie ihm Tränen über die Wangen liefen, denn ganz gleich, was sie ihm gleich antun würden, er zog es vor, auf ewig in diesen Flammen zu stehen und die Schmerzen zu ertragen. 

Sein Vater kam noch näher, bis er direkt vor ihm stand. Seine hässliche, rote Wunde an seiner Kehle klaffte auseinander und strömte einen modrigen Geruch aus, dennoch konnte Hunter nicht anders, als sie anzustarren. Das hatte er getan. Er war für den Tod eines Menschen verantwortlich. Hatten sich seine Schmerzen genau so schlimm angefühlt wie diese Flammen? 

„Bitte, tu mir nichts", flüsterte er so leise, dass er Sorge hatte, sein Vater hätte ihn nicht gehört. Allerdings lachte dieser keine Sekunde später hämisch auf. 

„Ich soll dir nichts tun? Weißt du nicht mehr, was du mir angetan hast?", höhnte er. Bei jedem Wort sah Hunter das Auseinanderklaffen der ausgefransten Wundränder, was ihm unglaubliche Übelkeit verursachte. Gleichzeitig war es unmöglich, den Blick abzuwenden. Sein Vater streckte langsam eine Hand nach ihm aus und umfasste gewaltsam sein Kinn. 

„Sieh dir an, was du getan hast", forderte sein Vater und führte sein Gesicht so nah an seine Wunde heran, dass er Angst hatte, dass jede Sekunde Blut aus dieser hervorschießen und ihn besudeln würde. Aber das war nicht der Fall. Tatsächlich geschah etwas ganz anderes, mit dem er absolut nicht gerechnet hatte. 

AmberWo Geschichten leben. Entdecke jetzt