Kapitel 5 - Jayda

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Das Feuer knisterte und knackte, was ein klein wenig unheimlich klang, aber es spendete die dringend benötigte Wärme. Jayda lag auf dem Sofa links vom Feuer aus gesehen, Hunter auf dem rechten. Sie beide hatten sich in ihre Schlafsäcke verkrochen, die Gesichter einander zugewandt. 

Obwohl zwischen ihnen knapp zwei Meter lagen, fühlte Jayda sich von ihm beobachtet. Auch wenn er es gar nicht tat, denn immer wenn sie zu ihm sah, waren seine Augen geschlossen. Dennoch konnte sie einfach nicht einschlafen, beinahe so, als würde sie irgendetwas trotz ihrer Erschöpfung nicht zur Ruhe kommen lassen. 

Sie seufzte unterdrückt und drehte sich auf den Rücken, den Blick an die Decke gerichtet. Sie beobachtete eine Weile das Schattenspiel, das die Flamme dort erzeugte, bis sie auf einmal ein Räuspern vernahm. Komischerweise flatterte ihr Herz, obwohl sie wusste, dass es nur von Hunter kommen konnte. Die Erschöpfung und Müdigkeit machten sie schon ganz verrückt. 

Sie drehte den Kopf zu ihm herum und sah ihn fragend an. Er lag noch immer auf der Seite, den Schlafsack bis unters Kinn hochgezogen und die Knie angezogen. Er starrte ins Leere, zumindest so wirkte es. Sein blondes Haar klebte ungewaschen auf seinem Kopf und ihnen beiden würde sicherlich eine heiße Dusche guttun. 

„Jayda?", fragte Hunter, obwohl sie schon auf sein Räuspern hin reagiert hatte. 

„Mh?", fragte sie, als er auch nach wenigen Sekunden nichts weiter sagte. Wieder räusperte er sich. 

„Was ist deine Lieblingsfarbe?"

„Was?"

Jayda war vollkommen perplex. Mit solch einer banalen Frage hatte sie überhaupt nicht gerechnet, sondern eher mit einer Frage nach ihrer Vergangenheit oder dem Grund für ihre Flucht aus ihrem Elternhaus. Ihre Mundwinkel zuckten für den Bruchteil einer Sekunde nach oben, bevor sie ihm antwortete.

„Ich mag viele Farben. Türkis vielleicht am liebsten."

Hunter lächelte. 

„Türkis finde ich auch wirklich schön", erwiderte er, wirkte aber, als würde er noch weiter darüber nachdenken. 

„Ich mag am liebsten das Dunkelgrün der Wälder", setzte er nach und sofort dachte Jayda an die vergangenen Tage, in denen sie die meiste Zeit durch Wälder gegangen waren. Kaum dass sie es sich vorstellte, konnte sie förmlich den Duft der frischen Tannennadeln riechen. 

„Dann hattest du ja heute viel deine Lieblingsfarbe um dich herum", gab sie zurück, kam sich aber sogleich ziemlich dämlich vor, dass sie mit ihm über so etwas Kindisches redete. Hunter schnaubte verächtlich. 

„Nicht wirklich, es war getrübt vom grauen Regen", sagte er und Jayda musste zugeben, dass er recht hatte. 

„Tut mir leid, ich halte dich nur vom Schlafen ab", fuhr er fort, was Jayda den Kopf schütteln ließ. Sie fühlte sich ohnehin viel zu aufgewühlt, um zu schlafen. 

„Ach, ich kann sowieso nicht einschlafen. Und du auch nicht, wie es scheint?"

Jayda bemerkte, dass ihre Wangen heiß wurden. Zwar hatte sie nun schon einige Tage mit Hunter verbracht, aber dennoch wusste sie nicht so recht, über was sie sich mit ihm unterhalten sollte. 

Mit einem knisternden Rascheln krabbelte Hunter auf einmal aus seinem Schlafsack und kickte ihn mit den Füßen an ein Ende des Sofas. Ächzend erhob er sich und streckte die Arme über den Kopf. Verwundert sah Jayda ihn an. 

„Wohin gehst du?", fragte sie nervös, denn obwohl hier niemand außer ihnen zu sein schien, wollte sie nicht allein sein. 

„Ich mache mich auf die Suche nach einer Toilette. Vielleicht funktioniert sie ja", sagte er und setzte sich in Bewegung. Jayda wurde panisch. Sie wollte nicht allein in diesem großen Raum bleiben, wo das Feuer unheimliche Schatten an die Decke und Wände warf. 

AmberWo Geschichten leben. Entdecke jetzt