Kapitel 26 - Hunter

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Erschöpft lehnte Hunter sich in dem Stuhl am Tisch in der Küche zurück und rieb sich genüsslich den Bauch. Er hatte sich so satt gegessen, wie schon lange nicht mehr und Jayda hatte ebenfalls ordentlich zugelangt. Bis jetzt ging es ihnen beiden gut, aber das Essen hatte so gut geschmeckt, dass er nicht glaubte, es wäre vergiftet oder so etwas. 

„Meinst du, Amber könnte uns wirklich wohlgesonnen sein?", fragte Jayda auf einmal neben ihm. Langsam ließ er den Kopf zu ihr herumwandern und als er sie ansah, bemerkte er, dass ihre Mundwinkel unsicher zitterten. Hunter überlegte. 

„Nun ja, womöglich ist sie wirklich hier gefangen und sie ist froh über etwas Gesellschaft. Aber das kann uns niemand beantworten außer sie selbst", sagte er, was Jayda nachdenklich den Finger ans Kinn legen ließ. 

„Ja, du hast recht. Ich begreife nur diese ganze Sache mit diesem Alastor noch nicht", fuhr sie fort und seufzte ergeben. Hunter spürte, wie ein merkwürdiges Gefühl in ihm aufstieg, beinahe so, als würde sich tief unten in seinem Innern etwas zusammenbrauen, das immer weiter in Richtung Oberfläche kochte. Nur schwer gelang es ihm, nicht wütend auf Jayda zu werden, dass sie schon wieder damit anfing. 

Plötzlich wurde ihm bewusst, was dieses merkwürdige Gefühl sein musste: Schuld. Nur wollte er sich diese nicht eingestehen, zumindest noch nicht und bisher war es ihm auch ziemlich gut gelungen, sie zu unterdrücken. Niemand außer seiner Mutter wusste davon, was wirklich geschehen war in jener Nacht, als er sein Elternhaus für immer verlassen hatte und er hoffte, dass sie es niemandem erzählt hatte. Zum Beispiel der Polizei, die ihn mit ziemlicher Sicherheit suchen würde. 

„An was denkst du?", riss Jayda ihn aus seiner Grübelei und erst da bemerkte er, dass er das Gesicht zu einer wütenden Fratze verzogen hatte. Eilig löste er die verkrampfte Haltung und sah zu Jayda, die ihn freundlich anlächelte. Ihr braunes Haar war etwas zerzaust und als würde sie seinen Blick bemerken, strich sie es eilig hinter die Ohren. 

„Nicht so wichtig", wiegelte er ab, denn er konnte ihr einfach nicht sagen, warum er wirklich von zu Hause geflohen war. Das würde ihr Bild von ihm vollkommen zerstören, ebenso wie ihr Vertrauen in ihn, das jedoch notwendig war, da sie nun einmal hier in diesem gottverdammten Haus gefangen waren. Jayda schwieg einen Moment lang, bis sie tief Luft holte. 

„Also... ich habe gerade daran gedacht, dass ich noch einmal Lust auf ein Bad hätte", sagte sie, was Hunter ein Lächelns ins Gesicht zauberte. Unwillkürlich dachte er an die angenehme Wärme des Wassers, das seine Haut umspielte und seine Muskeln entspannte. Eigentlich benutzten sie die Badewanne viel zu selten, in Anbetracht der Tatsache, dass ihre Zeit mit einer funktionierenden Badewanne vermutlich begrenzt war. 

„Das klingt nach einer fantastischen Idee!", rief er aus und strahlte Jayda an. 

„Möchtest du zuerst gehen?", fragte sie anschließend und sah ihn dabei so aufmunternd an, wie er es gar nicht verdient hatte. 

„Ich meine... weil du so angespannt wirkst", setzte sie nach und erst da wurde Hunter bewusst, dass er tatsächlich schon wieder die Schultern verkrampft hochgezogen hatte. Eilig lockerte er sie und ließ sie kreisen. 

„Ja, das würde ich gern, wenn es für dich okay ist", sagte er sanft und setzte ein Lächeln auf. Jayda war wirklich ein nettes Mädchen, sie hatte seinen Frust über sich selbst gar nicht verdient, vor allem da er für sie nicht nachvollziehbar war. Offensichtlich hatte sie ihren Verdacht, dass er ein Verbrechen begangen hatte und ihm deswegen der Alastor erschienen war, schnell wieder vergessen. Worüber er ausgesprochen froh war, denn so konnte er weiterhin verleugnen, was er getan hatte. 

„Ich hole dir noch die Seife", sagte Jayda und sprang auf. Hunter sah ihr nach, wie sie aus der Küche verschwand. Wenige Sekunden später hörte er sie in ihrem Rucksack herumkramen. 

Mühsam erhob er sich und fühlte sich dabei, als hätte er zehn Pfund zugenommen, so vollgefressen war er. Gerade als er die Küche verließ, kam Jayda schon wieder zu ihm gelaufen. Sie hielt ihm die Seife und sein Handtuch hin. Offensichtlich hatte sie auch in seinem Rucksack gekramt, aber das störte ihm im Moment nicht, zu sehr freute er sich über ihre kleine Aufmerksamkeit. 

„Danke", murmelte er verlegen, nahm beides entgegen und senkte den Blick auf den Boden. 

„Lass dir ruhig Zeit, ich bringe inzwischen ein wenig Ordnung in unser Zeug", sagte sie, was er nur mit einem Nicken kommentierte. Es faszinierte ihn, dass sie trotz der ganzen Geschehnisse ziemlich schnell wieder positiv werden konnte, so als würde sie all das Schlechte und Unheimliche vergessen. Noch einmal hob er kurz den Blick und sofort fing sie ihn mit dem ihren auf. 

„Das wird schon alles. Auch wenn es hier offensichtlich nicht mit rechten Dingen zugeht, irgendwie habe ich das Gefühl, dass wir bald alles aufklären", sagte sie und wieder einmal war er überrascht, dass sie so zuversichtlich war. Noch vor wenigen Tagen war sie eingeschüchtert und ängstlich, es wirkte beinahe so, als hätte sie sich im Haus zum Positiven verändert. 

„Okay", nuschelte er, wandte sich ab und beeilte sich, nach oben ins Bad zu kommen. 

AmberWo Geschichten leben. Entdecke jetzt