Kapitel 60:

138 16 3
                                    

"You came?"
"You called."

Luiz

Ganz verdattert blickte ich auf Aurelias Nachricht. Ich konnte es mir nicht erklären. Was konnte passiert sein, dass sie solche Angst vor mir verspürt, dass sie es alleine nicht schafft zu mir zu kommen? Hatte Adam sie aufgesucht?
Keine Ahnung, aber ich konnte es mir kaum anders erklären.

Es waren noch 1.5h bis 19Uhr. Wieder würde ich eher da sein, nur um sicher zu gehen, dass sie mir nicht davon lief. Ich kannte ihren Fluchtinstinkt mittlerweile und wollte ihr zumindest die Chance geben, zu mir zu kommen und Schutz, Halt und Sicherheit bei mir zu finden.
Sie schien dasselbe Bedürfniss zu haben, sonst hätte sie mir nicht geschrieben und mich gebeten ihr zu helfen.

Aber allein, dass sie mir geschrieben hatte erfüllte mich mit Stolz. Sie schien mir zumindest soweit schon zu vertrauen, dass sie auch in diesen Momenten zumindest versuchte zu mir zu kommen. Das war ein guter Anfang, denn nur dann konnte sie bei mir Schutz erhalten.
Wenn sie vor mir davon lief, musste ich erst durch ihre Mauer aus Angst und Panik durch und das war nicht immer leicht.

-

Es war bereits fünf Minuten vor 19Uhr. Ich war bereits seit knapp 15 Minuten vor dem Café, nur um sicher zu gehen. Ich erkannte durch das innere Licht des Ladens, das Aurelia bereits am Aufräumen war und sie wirklich pünktlich fertig werden würde. Sie wirkte gehetzt... ruhelos. Ich konnte nur vermuten, dass sie Panik hatte und die sich auf alles Männliche projizierte was sich bewegte. Vermutlich jedoch am Meisten auf mich, denn ich war ihr nahe. Ich wusste wie verletzlich sie doch war.

Drei Minuten nach 19Uhr schloss sie den Laden und blickte sich um. In dem Moment, indem sie mich erkannte und sah, verharrte sie. Ich musste ihr nicht in die Augen sehen, um zu erkennen, was sie fühlte. Ich spürte ihre Angst bis zu mir. Und doch überraschte sie mich, da sie langsam und zögernd einen Schritt nach dem anderen auf mich zu ging, bis sie ca. ein einhalb Meter von mir entfernt stehen blieb. Ich ging nicht auf sie zu, um ihr keine Angst zu machen.

"Hi", ihre Stimme war nicht mehr als ein leises Fiepen.

"Hallo liebes", sprach ich genauso leise und beruhigend. Langsam streckte ich ihr auf Hüfthöhe meine Hände entgegen, falls sie zu mir kommen wollte. Sie beeugte mich skeptisch. Im ersten Moment sah es so aus, als würde sie zu mir kommen wollen, doch dann schüttelte sie entschuldigend den Kopf.

"Würdest du dich wohler fühlen, in der Öffentlichkeit zu reden, oder sollen wir dafür nach Hause zu mir fahren?", fragte ich sie.
Durch meine Vermutung, dass Adam sie aufgesucht hatte wollte ich ihr heute jegliche Kontrolle überlassen. Sie sollte entscheiden, was wann wie passierte. Ich war einfach nur für sie da.

"Bei dir... ich weiß nicht, ob ich nicht doch noch eine richtige Panikattacke bekomme. Je nachdem was der Abend ergibt. Ich will nicht, dass es Leute mitbekommen. Aber du musst erstmal Abstand halten... ich... ich kann nicht..", antwortete sie mir. Ihre Stimme war immer noch sehr leise. Sie war fast kaum hörbar.

"In Ordnung. Im Auto wird das vermutlich schwierig, aber ich werde zuhause so viel Abstand halten, wie du brauchst" erklärte ich ihr und öffnete ihr im gleichen Zug, die Beifahrertür. Damit sie beruhigt einsteigen konnte, ging ich ein Schritt zurück, was sie dankbar Nickend annahm. Ich schloss anschließend die Tür, stieg selbst ein und fuhr zu mir.

Die Fahrt verlief schweigsam. Sie spielte mit ihren Fingern, und ihre Nervosität wurde schlimmer. Am liebsten würde ich sie in die Arme nehmen. Doch ihr Gemüt war wieder wie eine Feder im Wind und ich hatte das Gefühl, dass sie eher dazu neigte, zu fallen statt zu fliegen.

Nachdem wir zuhause ankamen, setzte ich mich ihr gegenüber auf die Couch. Ruhig musterte ich sie und hoffte, dass meine ruhige Art auf sie abfärbte. Das sie merkte, dass sie in Sicherheit war und nichts zu befürchten hatte.
Ich wollte nichts mehr als sie in die Arme schließen und ihr die Sicherheit geben, die sie verdiente. Doch ich wusste, dass konnte sie nicht. Nicht jetzt.

Sie schwieg. Ich erkannte, dass sie versuchte ihre Angst zu überwinden um mit mir zu reden, doch irgendwas blockierte sie.

"Wovor hast du Angst? Kann ich etwas tun, damit es leichter wird? Soll ich noch mehr Abstand halten oder willst du es mir als Nachricht schreiben? Oder etwas anderes?", fragte ich sie, doch sie schüttelte nur den Kopf. Ihr Blick flog zeitgleich auf meine Hände und ich verstand. Sie hatte Angst, ich würde sauer werden. Sie schien zu befürchten, dass ich sie mir einfach packte und machte was auch immer ich will.

"Warte kurz hier. Ich hole etwas womit es dir vielleicht leichter fallen wird", sprach ich ruhig und erhob mich.

Ich wusste nicht, ob meine Idee helfen würde, doch es war das Einzige was ich tun konnte, um ihr den Comfort zurück zu geben. Ich ging ins Spielzimmer und nahm mir Handschellen heraus, bevor ich wieder zurück ins Wohnzimmer kam.

Ihre Augen wurden riesig als sie erkannte, was ich in der Hand hielt.

"Nein, nein,.. das.. ich -", sie schrie beinahe. Sie versteinerte und es war als konnte sie sich kaum bewegen, während sich ihre Hände aneinander krallten. Sie dachte, die wären für sie.

"Nein, Liebes. Die sind nicht für dich", sprach ich ganz schnell, aber genauso beruhigend wie davor auf sie ein. Sie hielt inne und es war, als fiel etwas Anspannung von ihr ab. Unsicher und leicht verwirrt blickte sie zu mir.

"Die Handschellen sind für mich. Somit können wir deine Angst vielleicht runterschrauben. Vielleicht hilft es dir wieder Vertrauen zu fassen, wenn du siehst, ich kann dir nichts tun", erwiderte ich. Sie nickte beinahe erleichtert und half mir sogar meine Hände auf dem Rücken zu fixieren. Als sie so nah bei mir war, hätte ich sie am Liebsten wirklich gepackt. Nicht um ihr weh zu tun, sondern um sie ganz fest zu halten.

Ich ertrug es normalerweise nur schwer, bewegungsunfähig gemacht zu werden. Auch mich ängstigte es gefesselt zu sein, sehr.
Doch ich sperrte diese Gefühle in den Hintergrund. Meine Vergangenheit hatte jetzt hier nichts zu suchen.

Und wenn ich Aurelia so helfen konnte, mit mir zu reden und auf mich zu zukommen, würde ich die Handschellen noch die ganze Nacht tragen.

_______________________________

Hello, hello :)
Ich musste nachdem gestrigen Kapitel einfach heute noch eins hochladen.
Was sagt ihr dazu? Und wer von euch hätte gedacht, dass Luiz Angst hat gefesselt zu sein?
Was denkt ihr könnte als nächstes passieren?

Ich wünsche euch einen schönen Start in die Woche.

LG LeV.

"The Heartbreaker"Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt