Kapitel 1

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Er blickte noch einmal auf das Bild seiner kleinen Schwester. Sie trainierte Kendo, wie früher als sie noch kleiner waren. Von ihrem Vater, oder besser gesagt, dem Vater von Sakura, denn die beiden waren ja nur Cousin und Cousine, wurden sie früher dazu gezwungen, doch nach einiger Zeit hatte Katsuo angefangen sich dagegen zu wehren und hatte schlussendlich komplett damit aufgehört. Er und seine kleine Schwester hatten dafür ziemlich einstecken müssen, denn unter Alkoholeinfluss hatte ihr Vater angefangen beide zu schlagen. Katsuo trug heute noch Narben davon mit sich. Seine kleine Schwester hatte jedoch niemals damit aufgehört. Sie wollte ihren Vater und vor allem ihren Bruder stolz machen und so trainierte sie immer weiter, bis sie schon zu vielen Meisterschaften gehen konnte.
Katsuo starrte seit einigen Minuten die Absenderadresse an, denn sie kam ihm doch ziemlich vertraut vor, bis er schließlich auf alte Emails ging und genau diese Adresse wiederfand. Damals hatte sie seiner Stiefmutter gehört. "Sie hasst mich. Warum sollte sie mich wieder bei sich haben wollen, nach so langer Zeit? Das ist doch alles völlig falsch!", war Katsuo davon überzeugt. Doch sein Kopf wollte nicht von dieser Sache loskommen. "Warum sollte jemand mir ein Bild von meiner verstorbenen Schwester schicken und ein falsches Datum darunter setzten? Das macht doch alles überhaupt keinen Sinn!", dachte er laut, als er sich zurück auf sein Bett setzte und seinen Kopf in seinen Händen vergrub.
Plötzlich kam ihm ein Einfall. Er konnte sich nach so vielen Jahren trotzdem noch an den Ort zurück erinnern, wo sie immer als Kind trainiert hatten. Sie hatten in einem abgelegenen Bunker unter ihrem Haus einen kleinen Trainingsraum gemeinsam eingerichtet. Dort wurde auch das Bild geschossen. Er wollte dort unbedingt hingehen. Wenn seine Schwester aus welchem Grund auch immer wirklich noch leben sollte, müsste er sie finden. Er musste sich bei ihr entschuldigen. Er packte sich ein paar Sachen zusammen, zog einen schwarzen Pulli mit einer schlichten schwarzen Jeans an und zog noch eine schwarze, etwas wärmere Jacke an und zog los.
Es dauerte nicht lang, bis er vor der Haustür seines ehemaligen Zuhauses stand und nach oben blickte. Er erkannte sein altes Zimmer. Eine große Fensterfront mit zugezogenen schwarzen Vorhängen davor, zeichneten es aus. Als er vor dem kleinen Gartentor stand, das den Weg zur Haustür versperrte, bleib er jedoch stehen. Sein Herz raste. Es hatte sich nichts verändert. Der Garten war immer noch kaputt und sah alt aus, der Teich daneben hatte immer noch grünliches Wasser und die seltsamen Tiere, die er und Sakura immer gefangen hatten, schwammen immer noch darin. Er konnte sich noch genau daran erinnern, als Sakura einmal in den Teich gefallen war und nicht mehr aufgetaucht war, weil sie noch nicht schwimmen konnte. Seitdem hatte sie eine panische Angst vor Wasser entwickelt, doch Katsuo hatte ihr immer geholfen. Schlagartig bekam er ein schlechtes Gewissen. Er bereute schon lang, was er ihr angetan hatte. Er hatte sie allein gelassen und hatte nicht einmal versucht den Kontakt aufrecht zu erhalten. Er hatte sie jahrelang nach ihm suchen lassen und nur er allein war daran schuld, dass sie Alsword angefangen hatte zu spielen. Wenn sie wirklich nicht mehr leben sollte und das Bild eine alte Nachricht gewesen war mit einem großen Zufall desselben Datums, würde er sich die komplette Schuld an ihrem Tod geben. Er versuchte sich selbst zu beruhigen. "Du musst das jetzt tun. Tu es für sie!", sagte er zu sich selbst und machte den entscheidenden Schritt in den kleinen Vorgarten. Das Gartentor quietschte laut, als er es öffnete und den kleinen Weg entlang zur Wohnungstür lief. "Kirigaya" stand auf dem kleinen Klingelschild neben der Tür. Seine Hand begann zu zittern, als er sie hob und langsam auf die Klingel legte. Er schloss die Augen und drückte langsam darauf. Ein leises Vibrieren war zu hören, doch der vertraute Klingelton ertönte nicht. Katsuo schloss angespannt die Augen. Er wollte sie erst wieder öffneten, wenn jemand die Tür öffnete.
Von Minute zu Minute wurde er nervöser. Er tappte von einem Fuß auf den anderen, als er plötzlich ein lautes Getrampel hörte. Er hoffte, dass es Sakura war, doch wer die Tür aufmachte war jemand anderes.
Eine zierliche Frau stand vor Katsuo. Sie hatte eine helle Hautfarbe und dunkle hochgesteckte Haare. Man konnte die Ähnlichkeit zu Sakura sehen, denn es war ihre Mutter. Katsuos Tante. Er war ein Stück größer als sie, so musste sie zu ihm nach oben blicken. Als sie ihm in die Augen blickte, wurden ihre Augen groß und glasig. "Katsuo? Bist du es wirklich?", wurde er gefragt. Sie legte eine Hand auf Katsuos Schulter, um ihn noch besser ansehen zu können. "Kann man so sagen.", sagte Katsuo jedoch kalt. Er blickte an ihr vorbei in die Wohnung, um vielleicht Sakuras Gesicht sehen zu können, doch es gab keine Spur von ihr. Plötzlich wurde er in eine enge Umarmung geschlossen. "Es tut mir so leid.", flüsterte seine Tante ihm zu und drückte sich leicht an ihn. Sie wollte ihn nicht zu sehr überfordern, also ließ sie ihn sofort wieder los. "Dir tut es leid? Dass ich allein aufwachsen musste? Man mich verachtet hat für etwas, wofür ich nichts konnte, nur weil mein Vater dadurch gestorben ist? Du warst meine einzige Hoffnung mit Sakura, doch du hast sie in den Dreck geworfen!", blitzte Katsuo sie wütend an. Ihr liefen einige Tränen über die Wange, bevor sie etwas sagen konnte.

Ein etwas anderes Sword Art Online (Teil 2)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt