Kapitel Vierzehn: Drei Tage bis Mittwoch

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Montagmorgen war alles wieder beim alten. Ariana und ich verbrachten gemeinsam den Schultag und die Jungs sah ich praktisch gar nicht. Sie suchten mich zum Glück auch nicht. Erst in der Mittagspause entdeckte ich einen von ihnen draußen auf dem Schulhof. Natürlich war es Elliot. Er presste Pamela mit seinem Körper gegen die Mauer und küsste sie. Es versetzte mir einen kurzen Stich ins Herz. Klar, wir spielten nur ein Spiel, aber das Wochenende würde ich nicht so schnell vergessen. Mit diesem Wochenende war etwas in mir ausgelöst worden; Elliot hatte etwas in mir ausgelöst. Ich war nicht in ihn verliebt, nein, es war anders. Etwas undefinierbares. Dieses Gefühl verunsicherte mich. Ich wollte mich nicht in Elliot verlieben.

Nach der Schule ging ich mit Ariana in die Stadt. Der Sommer stand vor der Tür und wir waren uns einig, dass unsere Bikinisammlung aufgestockt werden musste. Im ersten Laden wurden wir beide schon fündig und brauchten die auserkorenen Teile nur noch anzuprobieren. Ich stand also in einer der Umkleidekabinen und war kurz davor in Tränen auszubrechen. Das Bikinioberteil passte vorne und hinten nicht. Es war zu eng, drückte meine Brüste ab und setzte meinen Speck unvorteilhaft in Szene.

"Mabel? Wie sieht's aus?" Drang Arianas Stimme durch die Tür zu mir.

Ich schniefte. "Ich bin zu fett, Ari." Elliot hatte es gesagt und der Bikini bestätigte es nur noch.

"Zeig mal." Forderte Ariana mit sanfter Stimme.

"Ich komm so bestimmt nicht raus!" Widersprach ich entsetzt. Die Tür öffnete sich und Ariana kam zum Vorschein. Das war ja noch nicht so schlimm, sie war schließlich meine beste Freundin, aber die beiden Personen, die etwas entfernt hinter ihr standen, brachten das Fass beinah zum überlaufen.

"Hallo, Mabel." Für ihren gehässigen Ton hätte ich Pamela am liebsten eine geklebt. Elliot musterte mich stumm. Ich knallte die Tür zu und ließ mich auf den Hocker sinken. Das konnte doch alles nicht wahr sein. Warum ausgerechnet in dieser Situation? Warum nicht am Wochenende, als ich mich noch schön und unbefangen gefühlt hatte? Warum jetzt, wo ich nicht mehr als ein verwirrtes dickes Wrack bin?

"Mabel, es tut mir leid. Ich wusste nicht, dass sie dich sehen können. Ich hab nicht nachgedacht." Entschuldigte sich Ariana, machte es damit aber nicht besser.

"Ja, okay." Antwortete ich leise. Ich wollte jetzt nur noch aus diesem Scheißteil raus und zurück in meine bequemen Klamotten. Aber auch mit denen traute ich mich nicht aus der Kabine. Das Wissen, dass Pamela mit ihrer Traumfigur und Elliot, der Traumtyp schlechthin, dort warteten, hielt mich zurück. Verständlich, oder? Niemand wollte diesen Personen als kleines, verklemmtes Mädchen im Schlabbershirt unter die Augen treten.

"Kommst du raus?" Wieder Arianas Stimme. Ich schüttelte den Kopf, erinnerte mich dann aber daran, dass sie dies nicht sehen konnte.

"Nein." Antwortete ich deshalb heiser. Ich hörte ihr leises Seufzen.

"Wegen mir?" Fragte eine andere Stimme. Elliot. Ich gab keine Antwort. Nun wurde die Tür einfach geöffnet und jemand hockte sich neben mich. Elliot sah mich mit einem sanften Blick an.

"Was ist los?" Dass er das noch fragen musste. Er hatte keine Antwort von mir zu erwarten. Nicht solange Pamela anwesend war und uns hören konnte.

"Elliot, ich probier die Bikinis jetzt an." Kam es von besagter Person genervt. Ich rückte ein Stück -soweit es auf dem kleinen Hocker möglich war- von Elliot weg.

"Geh zu ihr." Sagte ich, ohne ihn anzusehen.

"Es ist also wegen ihr. Warum?"

Jetzt reichte es mir. Ich stand auf. Elliot sah mich verdutzt von meiner plötzlichen Reaktion an.

"Warum? Ich hab euch gesehen, King. Heute, auf dem Schulhof." Ich nahm meine Tasche und meine Jeansjacke. "Deine Masche scheint ja gut zu funktionieren." Ich verließ die Kabine und hakte mich bei Ariana ein.

"Können wir gehen?" Fragte ich an sie gewandt. Sie nickte bloß. Ich hatte im Eifer des Gefechts völlig vergessen, dass sie alles hören konnte. Jetzt würde ich einer Erklärung nicht mehr entgehen können.

"Mabel, jetzt sei nicht so" Elliot folgte mir. Ich drehte mich zu ihm um und wollte zu einer Antwort ansetzen, aber Pamela kam mir zuvor.

"Elliot, ich hab einen an, willst du ihn sehen?" Flötete sie und posierte im Türrahmen der Umkleide. Natürlich, sie hatte kein Problem damit sich in der Öffentlichkeit knapp bekleidet sehen zu lassen. Elliot schien hin und her gerissen zu sein, entschied sich dann aber doch dafür, zu Pamela zu gehen. Das war das Zeichen für mich zu gehen.

Es war nur ein Spiel. Und es ging jetzt erst so richtig los.

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