17. Kopfüber nach vorn

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Pov Lukas

Ich sah Tim dabei zu wie er und die Olle, die er sich gekrallt hatte, rummachten und mich vollkommen links liegen ließen. Gut, es half mir mich von dem hübschen Mädchen abzulenken, da ich mit angewidert sein beschäftigt war, aber dauerhaft wollte ich das auch nicht erleben.
Da stritt oder diskutierte ich dann doch lieber mit Basti über WhatsApp - wie eben.

Am Wochenende dann also mal wieder Party bei Klug. Wer wohl dieser besondere Gast war, der uns kennen lernen wollte und sogar Bastis sensible Seite wecken konnte? Warum er sie wohl um jeden Preis beschützen wollte ... hatte er etwa eine Freundin? Nein ... seine bisherigen 'Freundinnen' hatte er nicht anders behandelt, als unsere Fans ... Dieses Mädchen schien etwas besonderes zu sein, aber mit einem schlimmen Schicksalsschlag. Keine Eltern. Keine Familie. Ein Kerl, der mit ihr spielt und sie verarscht. Basti hatte schon recht - verprügeln sollte man den Idioten. Genau wie mich ... es war die gleiche Situation wie mit Anouk.
Verzweifelt seufzte ich und konnte somit tatsächlich die Aufmerksamkeit meines besten Freundes auf mich lenken. Aber nicht von ihm aus. Es war das Weib, was ihn wegdrückte und auf mich deutete. Langsam wurde sie mir sympathisch.
"Was?" fragte Timi daraufhin genervt und drehte sich zu mir.
"Es ist ätzend Tim. Ich bekomme die Kleine nicht aus meinem Kopf."
"Such dir auch eine und mach mit der rum - das lenkt definitiv ab."
"Und was ist mit Holly?"
"Boah Lukas! Amüsier dich oder verschwinde. Hier sind meine Schlüssel." Er warf sie auf den Tisch und widmete sich wieder der Frau.
Sofort nahm ich sein Angebot an und machte mich auf den Weg zu ihm nach Hause.

Es kam mir wie eine Ewigkeit vor, bis ich an dem großen Haus ankam und ich mich auf das Sofa fallen lassen konnte. Nie war ich mir so dumm vorgekommen. Ich könnte meine Freundin verlassen und meine Zeit dafür Opfern das hübsche Mädchen zu finden in dieser riesigen Stadt. Aber würde es etwas daran ändern, dass ich Holly immer noch liebte? Zehn Jahre konnte man doch nicht einfach so wegwerfen oder? Überhaupt - was ist, wenn Anouk mich gar nicht wollte und einfach nur höflich und vollkommen überfordert gewesen war? Immerhin war sie ja einfach gegangen ... "Ach verdammter Mist!" schrie ich so laut ich konnte und lockte damit den panisch bellenden Henny an, während der Kater Gus einfach nur wegrannte. "Sorry, kleiner Kerl. Ich wollte euch nicht erschrecken." Tröstend streichelte ich ihm über den Kopf. "Willst du vielleicht nochmal raus?" Zustimmend wedelte er mit dem Schwanz und fing an vor mir wild herum zu hüpfen. Er entlockte mir damit ein kleines Lächeln und ich begab mich auf die Suche nach seiner Leine.

Wir liefen Richtung Wald und der kleine Hund zog ganz schön und schnupperte wie gebannt am Boden herum. "Na, eine schöne Hundedame gerochen?" witzelte ich und genau in diesem Moment blieb er wie angewurzelt stehen. "Alles gut?" Ich stupste ihn an, doch er ignorierte mich. Dann - plötzlich - rannte er mit voller Geschwindigkeit los, riss mir somit die Leine aus der Hand und verschwand in der Dunkelheit.
Seinen Namen schreiend lief ich ihm hinterher, immer weiter in den Wald hinein, seinen Jagdlauten folgend. Shit. Shit. Shit. Tim wird mich umbringen, wenn Henny was ... oh Gott. Ich stolperte, sah den Boden und einen dicken Ast auf mich zu rasen und danach nichts mehr. Das Bellen verstummte. Alles wurde Schwarz.

Ich wusste nicht, wie lange ich ohnmächtig war, nur, dass mich niemand außer Henny gesucht und gefunden hatte. Seine nasse Zunge schleckte durch mein Gesicht und weckte mich schließlich auf. "Igitt. Blöder Hund." Noch ziemlich benommen und mit enormen Kopfschmerzen, schob ich ihn weg und versuchte in der Dunkelheit irgendwas zu sehen.
Es dauerte einige Zeit, bis meine Sinne wieder halbwegs normal funktionierten und der Gedanke 'Hund fangen' wieder durch meinen Kopf lief. Ich ließ meine Hand durch die Dunkelheit gleiten, bis sie an etwas warmen mit Fell hängen blieb und ein Halsband greifen konnte. "Nich' nomma abhau'n!" Befahl ich Heisenberg so gut es ging und rappelte mich auf.
Nachdem ich ihn angeleint, noch einmal nach vorne gestolpert und wieder aufgestanden war, lief ich dann in die Richtung, in der ich Tim's Haus vermutete.

Nach ein paar hundert Metern sah ich dann Licht und es kam mir so vor, als wäre ich tot und würde gerade ans Ende des Tunnels laufen.

Völlig erschöpft lehnte ich an der Haustür und klingelte. "Tiiim lass mich rein." Es war wirklich nicht leicht zu sprechen, da ich das Gefühl hatte, mein Kopf würde jede Sekunde platzen.
Ruckartig wurde mir geöffnet und wieder stolperte ich und fiel dieses Mal Tim vor die Füße.
"Wo wart ihr?!" schrie er mich an und ich zuckte schmerzerfüllt zusammen. "Ich hab mir Sorgen gemacht! Wie siehst du überhaupt aus? Oh Gott! Warum blutest du am Kopf Lukas? Komm, wir fahren ins Krankenhaus." Er sperrte seinen Hund in die Küche und fuhr mit mir los, meine Proteste ignorierend.


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