49. Überrumpelt

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PoV Basti

Ich: Jo Lukas wo bist du grad? Bei deiner Bitch oder unterwegs? Müssten mal reden ... Kram über Campsite ...

Ein Häkchen bei WhatsApp, also hatte er vermutlich sein Handy aus. Doch ich musste unbedingt jetzt mit ihm reden, also fuhr ich einfach zu ihm.
Ich wollte nicht lange bei ihm bleiben, höchstens eine halbe Stunde, mehr könnte ich nicht mit meinem Gewissen vereinbaren.

Ich hielt vor Lukas' und Hollys Wohnung und klingelte Sturm.

"Oh, hallo Sebastian. Schickt er jetzt dich um seine Sachen zu holen? Hatte eigentlich gedacht, dass er noch die Eier hat sie selbst abzuholen und vor allem zu einer normalen Uhrzeit. Naja egal, da stehen die Kartons und seine Instrumente stehen im Nebenraum, komm rein." Erstaunlich freundlich - also für ihre Verhältnisse freundlich - nahm sie mich in Empfang und ließ mich eintreten. Ich starrte sie verwirrt an und wusste nicht, was ich sagen soll.
Als ich wieder einen vernünftigen Gedanken fassen konnte und mich langsam erinnerte, weswegen ich da war.
"Äh, bitte was? Warum Sachen abholen? Habt ihr euch etwa ... was?!"
"Getrennt - ja. Kurz nachdem du das letzte Mal da warst und ihm geschrieben hattest, dass ich ihm fremdgehe. Danke auch nochmal dafür du Vollarsch. Aber so wie sich das anhört ... läuft es nicht so gut bei euch? Und bevor du fragst: Ich hab keine Ahnung wo er ist. In irgendeinem Hotel nehme ich mal an oder bei seinen anderen Freunden oder so und - ach ja - apropos Freund, meiner kommt gleich vorbei, also wäre ich dir wahnsinnig dankbar, wenn du schnell verschwinden würdest."
"Du ... Hure!" Mehr schaffte ich dann doch nicht zu sagen. Ich war einfach zu geschockt. Mit verachtenden Blicken verließ ich wieder die Wohnung, natürlich nicht ohne einen vollgepackten Karton, den ich unachtsam in meinen Kofferraum warf.

Um nicht mit leeren Händen Heim zu kommen, besorgte ich noch Abendessen vom Chinesen und - auch wenn es eine widerliche Kombination war - dazu noch einen großen Becher heißer Schokolade. Nur, weil ich wusste, wie sehr sie es liebte. Lukas hat sie nicht verdient. Er hätte ihr garantiert nichts mitgebracht, vermutlich weiß er nicht mal wie sehr sie alles schokoladige liebt.
Bei diesem Gedanken fiel mir wieder eins ein: Ich verstand eine Sache immer noch nicht. Warum hatte Lukas Anouk in die Tonne getreten und tief verletzt, wenn er sie doch so gemocht - ja, fast schon geliebt - hatte und vor allem nun von seiner Kack-Freundin getrennt war?!
Ich beschloss ihn morgen zur Rede zu stellen und die Wahrheit aus ihm heraus zu quetschen. Anouk zu liebe. Aber ob ich es ihr wirklich erzählen würde, falls Lukas mir seine Situation erklären würde, war ich mir noch nicht so sicher - je nachdem, wie bescheuert seine Erklärung für sein Verhalten sein würde.

Ich: Morgen treffen. Egal welche Uhrzeit. Wag es nicht, nicht aufzutauchen oder eine Ausrede zu erfinden. Ich weiß Bescheid.

Immer noch nicht online. War mir jetzt auch egal. War sowieso schon spät.

Mit dem Gekauften betrat ich nun mein Haus und rief nach Anouk.
"Im Wohnzimmer!" hörte ich es sofort und atmete erleichtert auf.
"Ich hab Essen mitgebracht!"
Schon stand sie grinsend im Türrahmen, doch mit roten Augen, wie ich sie zuvor nur bei Timi gesehen hatte, nachdem er mal wieder seine Joints geraucht hatte.
"Riecht nach gebratenen Nudeln und irgendwas mit Curry, richtig?"
"Du Trüffelschweinchen." lachte ich und drückte ihr die Tüte in die Hand. "Pack schon mal aus, ich hole Besteck."
Kurz nickte sie und verschwand.

Sie schlang das Essen in sich hinein, als gäbe es keinen Morgen mehr.
"OH. Oh Basti! Bevor ich es wieder vergesse..." Sie verschluckte sich fast an ihren Nudeln. "Du wirst mir niemals glauben, wen ich heute getroffen habe!"
"Nee? Wen denn?"
"Warte. Wo ist sie denn ... ich dachte ... hmm ... ah ... hab sie!" Triumphierend entfaltete sie eine Visitenkarte und reichte sie mir.
Ich las mir die Karte durch, konnte aber erst nichts mit dem Namen anfangen. Raphael Beck ... Raphael ... Raphael ... "Raphael! Klar! Der Lappen von damals! Wie krass!" Ich musste lachen. "Ist er immer noch so zum Kotzen?"
"N...Nein. Eigentlich nicht...er sieht wirklich ziemlich gut aus und war auch irgendwie gar nicht nachtragend...ich hab sogar überlegt..."
"NEIN!" brüllte ich, sodass sie zusammenzuckte. "Du wirst dich da nicht melden!" Vor ihren Augen zerriss ich das Papier in viele kleine Fetzen und stopfte diese dann in eine der leeren Essensverpackungen. "Du hattest damals schon deine Gründe den Typen zu betrügen und zu verlassen. Ex bleibt Ex. Vergiss es einfach!"

Sie redete an diesem Abend kaum noch mit mir, weinte aber leise vor sich hin. Vielleicht war ich doch etwas zu grob gewesen.

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