41. Falsche Vorfreude

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Pov Anouk
Zwei Tage später

Es tat immer noch wahnsinnig weh, dass Lukas sich immer noch nicht gemeldet hatte. Doch das sollte sich bald ändern.
Und auch obwohl mein Herz mir schwer in der Brust lag, bei jedem Schlag schmerzte und mich nicht klar denken ließ, versuchte ich trotzdem meinen Tag hinter mich zu bringen, ohne an Selbstverletzung oder Schlimmeres zu denken.

Die nötige Ablenkung erhoffte ich mir, nach dem gemütlichen Frühstück mit Anissa, in einem Spaziergang im Park.
Mein Handy war voll aufgeladen, die Kopfhörer schon in meiner Hose und Portemonnaie und eine Flasche Wasser, sicher verstaut in einer Umhängetasche.
Ich kaufte mir ein Ticket und fuhr und so nahe es ging mit dem Bus zum Mauerpark, der mir bei diesem strahlenden Sonnenschein mit am Schönsten erschien. Zudem hatte Anissa ihn mir auch 'empfohlen'.

Während der Fahrt scrollte ich durch meine Listen bei Spotify und versuchte eine Playlist zu finden, die nicht allzu depressiv war und mich womöglich zum Weinen brachte.
Nach einer Weile stieß ich auf eine, von einem anderen Nutzer angelegte, Playlist mit dem einfachen, aber treffenden Namen 'Party'.
Obwohl ich weder am Feiern war, noch Feierlaune oder überhaupt gute Laune hatte, erschien mir diese Liste am geeignetsten mich aufzumuntern.
Ich drückte auf Shuffle und schon ging es los. "Ich tanz, tanz, tanz aus der Reihe. In der Schule hatt' ich immer Langeweile. Ich nehm' Anlauf und spring durch die Scheibe, weil ich immer übertreibe." Der Refrain ging ins Ohr und auch die Strophen waren recht unterhaltsam. Dazu gefielen mir auch die Stimmen sehr gut und irgendwie kam mir auch der Bandname 'SDP' bekannt vor.
Danach kamen noch einige gute Songs und einer, der mir besonders gefiel, dessen Text ich aber recht schnell vergaß - irgendwas mit Atomschutzbunker. Lief dieses Lied nicht auch auf Bastis Party?

Basti's Party... Ich seufzte. Dort, wo ich endlich Lukas wiedergetroffen hatte, wo ich mit Holly geredet hatte, wo ich mich endgültig für Lukas entschieden hatte.
Und dann diese Nacht... diese Worte... diese Küsse... diese Berührungen... diese Leidenschaft. Ja - ich hatte mein Herz an diesen Mann verloren und mich von der Krise durch meine Eltern, in eine neue Krise mit ihm gehangelt.

Ich war aber auch dämlich! Ich hatte die schönste Nacht meines Lebens und die beste Zeit mit dem wundervollsten Mann, als Missverständnis bezeichnet und es zwar im nächsten Moment bereut, nur 'im nächsten Moment' war schon viel zu spät. Er wird nie wieder mit dir reden wollen.

Der Bus hielt an und um in Ruhe aussteigen und alles hören zu können, ergriff ich mein Handy, würgte die Musiker ab und klappte beinahe zusammen, als ich eine Nachricht von Lukas bekam.

Lukas: War gerade bei dir Zuhause. Anissa meinte, du willst zum Mauerpark - stimmt das? Müssen mal miteinander reden.

Anscheinend hatte ich mich geirrt. Er wollte doch mit mir reden und mich wiedersehen.

Ich: Ja, bin da. Wo und wann genau treffen?

Lukas: Treffen uns am Eingang von diesem Flohmarkt. Bin bald da

Ich: Okay, freue mich

Daraufhin kam nichts mehr, obwohl er online gewesen war und es gelesen hatte. Sofort bereute ich wieder dies geschrieben zu haben.

Komplett angespannt, nervös, schwitzend, zitternd und doch hoffnungsvoll, stand ich dort und wartete. Wartete. Wartete.
Bis ein Mann auf mich zu und dann an mir vorbei lief, dessen Größe, Figur, Bart und Parfum ich zu erkennen dachte. Genaueres konnte ich erst nicht ausmachen, da er die Kapuze seiner Jacke über den Kopf gezogen trug und auch einen ziemlich schnellen Schritt drauf hatte.
"Folg mir." Glaubte ich zu hören und tat dies einfach. Obwohl er nuschelte, glaubte ich Lukas' Stimme erkannt zu haben, verstand aber dennoch nicht, warum er so eilig davon lief.
Dann erblickte ich hinter mir eine Horde von Mädchen und verstand - eine von ihnen, trug ein Shirt auf dem Lukas abgedruckt war mit dem Schriftzug "Krokodeal". Fans, vor denen er flüchtet? War mein Gedanke, der mir sehr plausibel erschien.

Schnell eilte ich ihnen weiter voraus und bekam zum Glück so noch mit, wie Lukas um die Ecke, hinter einen der Stände, bog.
Im Gegensatz zu ihm merkte ich, dass wir die Verfolger somit abgehängt hatten und niemand uns mehr folgte, geschweige denn sah.
Um ihn nicht noch zu verlieren, lief ich schließlich doch weiter. Er hatte ein ziemlich schnelles Tempo drauf und trotz des kurzen Weges, war ich jetzt schon ziemlich aus der Puste. Lag vielleicht auch noch an der immer noch anhaltenden Nervosität.
Ich lief immer weiter, bis mich jemand auf einmal am Arm packte, herumriss und die Hand auf meinen Mund drückte, um mich am Schreien zu hindern. "Sei leise. Wir gehen noch ein Stück weiter, damit wir alleine sein können. Da sind dann auch keine Fans mehr, die irgendwas an die Öffentlichkeit tragen könnten." Erleichtert, dass es nicht irgendein Psychopath war, sondern Lukas, nickte ich und folgte ihm weiter stumm.

Es war wirklich nicht weit, aber dennoch fühlte es sich auf einmal so an, als wäre ich in einem völlig fremden Land.
Auch Lukas, der mittlerweile sein Gesicht zeigte, strahlte keinerlei Geborgenheit und Wärme aus, die mich sonst so beruhigte.

Irgendwas stimmte nicht - und zwar ganz und gar nicht!

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