Pov Lukas
Ich hatte damit gerechnet, dass sie nicht so perfekt aussehen würde, wie sonst. Aber jetzt sah sie wirklich schrecklich aus. So kaputt, so verletzlich, so verloren. Als hätte sie schon aufgegeben. Vermutlich hatte sie das auch schon längst. Immerhin war ich ja nicht für sie da gewesen, wie ich es hätte sein sollen.
"Lukas, wenn das ein Brief von dir ist, in dem irgendwas steht, was du mir jetzt auch sagen könntest, dann sag. Das hier ist mir viel zu albern."
"Der Brief ist nicht von mir."
Misstrauisch schaute sie mich an, nahm ihn aus dem bereits geöffneten Umschlag und begann zu lesen. Ihre hübschen Lippen begannen von Zeile zu Zeile mehr zu beben und ihre Augen füllten sich mit immer mehr Tränen, bis diese schließlich in Strömen ihre Wangen hinabflossen. Am liebsten hätte ich sie in die Arme geschlossen, doch ich traute mich nicht.
Als sie auf der zweiten Seite ankam, schlug sie sich die Hand vor den Mund und schüttelte kaum merklich mit dem Kopf. Kläglich schluchzte sie. Immer wieder. Es zerriss mir mein Herz.Nachdem Anouk auch die letzte Seite gelesen hatte, legte sie den Brief mit zitternden Händen auf die Kommode neben ihr und hielt sich daraufhin an ihr fest. Langsam drehte sie ihren Kopf zu mir und schaute mir in die Augen. Meine Knie drohten unter mich nachzugeben und mich auf den Boden zu befördern.
Nur schwer kamen ihr die nächsten Worte von den Lippen:"Ist ... ist es ... wahr ... Lukas? Stimmt das ... was sie geschrieben hat?"
"Ja."
"Alles?"
"Du musst dich nicht bei mir revanchieren. Es war selbstverständlich das für euch zu tun. Immerhin ..." Ich konnte den Satz nicht beenden.
"Immerhin was?"
Ich bewegte meinen Mund, doch die Wörter weigerten sich strikt heraus zu kommen. Wie sehr wollte ich ihr sagen, dass ich sie liebte, aber konnte es einfach nicht. Vielleicht, weil es mittlerweile eine Vermutung geworden war? Eine Vorstellung? Eine Lüge?
"Schon okay." Winkte Anouk schließlich ab.
Da ich es ihr offensichtlich nicht sagen konnte, musste ich es ihr eventuell zeigen. Traute ich mich das? Es war vermutlich nicht richtig, aber ich machte als erstes einen Schritt auf sie zu. Ihr war deutlich anzusehen, dass sie mit sich kämpfte, um nicht auszuweichen.
Kurz bevor ich direkt vor ihr stand, hob sie ihre Arme und legte sie auf meinen Brustkorb. "Hast du das auch alles gelesen?"
"Ja."
"Danke für alles. Du bist ein guter ... Freund."
"Das war wirklich alles kein Thema." versuchte ich die Herabstufung zum 'Freund' oder besser gesagt Kumpel zu überspielen.
"Doch und deswegen musst du auch nicht auf ihrer Beerdigung erscheinen. Du musst gar nichts mehr für uns tun. Ich werde dir das Geld irgendwie wieder zurückzahlen."
Das konnte ich mir nicht weiter anhören. Ich nahm sie an den Handgelenken und legte ihre Arme um meinen Rücken. "Ich will das Geld nicht zurück. Ich will, dass es dir gut geht. Ich wollte immer nur, dass es dir gut geht."Anouks Gesicht war schmerzerfüllt und es war ein so grausamer Anblick in diese verweinten Augen zu sehen. So schloss ich meine, vergrub meine Hände in ihren Haaren, lehnte mich vor und stoppte, als ich ihren Atem auf meinen Lippen spüren konnte.
Ich öffnete meine Augen wieder und sah, dass sie ihre sie ebenfalls nicht geschlossen hatte, zumindest für den Moment.
"Ich habe dich vermisst." hauchte Anouk.
"Unendlich." Antwortete ich und überwand die letzte Hürde.
Anfangs sträubte sie sich ein wenig, gab sich dem Kuss aber dennoch schnell hin. Sie hätte sich losreißen können, denn ich hielt sie nicht fest, doch sie tat es nicht. Im Gegenteil. Wie klammerten uns immer mehr an den anderen.
Die ganze Leidenschaft und das ganze Verlangen, das sich aufgestaut hatte in dieser schwierigen Zeit, schien sich nun zu entladen und das Knistern war schon förmlich zu spüren. Dennoch wussten wir beide, dass wir nicht weitergehen würden und sollten - nicht noch einmal. Nicht, solange wir beide etwas zur Ruhe gekommen waren.
Denn so wie es jetzt war, würden wir mehr kaputt machen, als zusammenfügen.Nur ungern löste ich mich von Anouk, doch sie war auf einmal doch zurückgewichen und wischte sich nun hastig über ihr verweintes Gesicht.
"Bleib, wenn die Beerdigung ist, Zuhause. Das war keine Bitte." Mit diesen harten Worten drehte sie sich um und klopfte von innen an die Tür.
"Basti, lass mich raus. Es ist alles geklärt." Niemand öffnete, also probierte sie es so und tatsächlich hatte er aufgeschlossen, vermutlich, während wir geredet hatten.
Gerade als sie über die Türschwelle getreten war und ich ihr folgen wollte, wegen des vergessenen Schriftstücks, erinnerte sie sich von alleine daran und schnappte sich die Seiten Papier.
Anouk verließ den Raum ohne mich auch nur ein letztes Mal anzusehen.
Nun liefen auch mir Tränen über's Gesicht. Das sollte wohl das Ende sein.
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Save me
Teen FictionSchon als Anouk und Lukas das erste Mal aufeinandertreffen scheint das kommende Drama vorprogrammiert zu sein. Er, ein berühmter deutscher Rapper, Frauenschwarm und immer hin und her gerissen zwischen seiner Karriere und Gefühlen. Und sie, die ohne...