55. Wie könnte ein Mensch das ertragen

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Pov Lukas

Die Albumarbeiten liefen gut. Auch die Zusammenarbeit zwischen Basti und mir war so gut und ergebnisreich, wie vorher. Es war so, als als hätten wir uns nie geprügelt, als hätte er niemals Anissas Brief gelesen, als hätten wir Anouk niemals gekannt.

Wieder hatten wir heute bis tief in die Nacht gearbeitet, bis Timi und ich ins Hotel gefahren waren, wo wir nun, gemeinsam mit dem anderen Tim, den Abend an der Bar ausklingen ließen.
Steven schlief ja bei Basti - Timi bei mir. Alles wie gehabt, außer das meine Wohnung ja nun hier im diesem Hotel war.

"Schon 'ne neue Wohnung in Aussicht oder hast du noch die Hoffnung, dass die Alte dich zurück will?" fragte Timi, bevor er einen Kurzen runterkippte.
"Hab mich noch nicht umgesehen ... Zu viel um die Ohren im Moment, außerdem mag ich es hier." murmelte ich, ohne auf die Sache mit Holly einzugehen.
"Als ob, Lukas! Willst du etwa ewig hier wohnen bleiben, nur weil die Weiber nicht das machen, was dir lieb wäre?"
"Du hast doch echt keine Ahnung! Ich mag es hier ... hab hier nur Vorteile! Service rund um die Uhr, wenn ich ihn will. Ein guter Freund, der mich immer mit genug Alkohol versorgt. Weiber, die ich mit her bringen kann, ohne dass sie ahnen, das ich hier lebe!" Gab ich schnippisch zurück, obwohl alles, bis auf die Sache mit dem guten Freund, mich hier ziemlich ankotzte und ich es nicht in Anspruch nahm. Timi schien dies zu merken und auch Tim beäugte mich kritisch.
"Du gehst morgen auf Wohnungssuche! Auch wenn das heißt, dass ich dich am Bart in jedes einzelne Haus ziehen muss. Du machst dich auf die Suche! Damals hast du mir geholfen, als ich bis zum Kinn in der Scheiße gesteckt habe, jetzt kann ich mich revanchieren." sagte Timi entschlossen und fügte noch hinzu, "Außerdem hab ich keine Lust, dass uns jemand für schwule Geliebte hält, nur weil wir, solange ich hier in Berlin bin, im gleichen Zimmer jeden Abend verschwinden."
Damit war die Sache wohl entschieden.
"Die schmeißen mich sowieso raus, wenn die das Chaos da oben entdecken." gab ich nach.
"Eben." Stimmten beide Tim's zu.

Pov Basti

"Ich muss dich das jetzt einfach fragen - was ist mit dir und Lukas passiert?" Schon seit der Ankunft der beiden aus Bielefeld und Braunschweig, stand diese Frage nicht-gestellt im Raum. Jetzt war anscheinend der Zeitpunkt gekommen, in dem er betrunken genug war, um zu fragen und ich betrunken genug war, um zu antworten.
"Es gab eine kleine Auseinandersetzung."
Steven wiederholte ungläubig lachend das Wort 'klein'.
Ich atmete hörbar aus. "Ja gut, es ist etwas aus dem Ruder gelaufen. Wir haben einander und sein Hotelzimmer ein bisschen kaputt geschlagen."
"Aus welchem Grund?"
"Wirst du mir niemals glauben. Ist auch viel zu kompliziert."
"Komm, erzähl'!" forderte er mich weiter neugierig auf.
"Ich darf nicht. Theoretisch hätte Lukas es nicht mal mir erzählen dürfen."
"Er hat es aber anscheinend trotzdem getan."
"Ja, weil wir uns sonst vermutlich jetzt immer noch auf's Maul hauen würden."
"Komm schon Basti - raus mit der Sprache." Wenn Steven etwas wissen wollte, war es sinnlos sich lange quer zu stellen, denn er quengelte so lange wie ein kleines Kind rum, bis man schließlich doch nachgab.
Trotzdem versuchte ich heute standhaft zu bleiben. "Nein. Ende der Geschichte."
"Es hat bestimmt was mit der süßen Maus von deiner Party zu tun, hm?" Voll ins Schwarze.
"Fresse."
"Also hab ich Recht."
"Ich werde stillschweigen."
"Och komm schon. Ich werde es auch für mich behalten, versprochen."
Ich seufzte und gab doch nach. Irgendwann, spätestens wenn Anissa tot war und das Drama sein Hochpunkt erreichen würde, würden die anderen beiden es auch mitbekommen. "Ihre Schwester ist unheilbar krank, jeder Tag könnte ihr Letzter sein und Anouk hat keine Ahnung davon. Dann gibt es noch so nen Brief in dem steht warum Lukas sie abservieren musste und alles andere. Ach das ist einfach richtig kompliziert. Auf jeden Fall müssen er und ich jetzt aufpassen, dass sie sich nicht umbringt, wenn ihre Schwester stirbt."
"Ihr könnt sie doch nicht einfach so ins offene Messer laufen lassen! Sie denkt doch auch bestimmt noch, dass der Lange noch mit Holly zusammen ist oder? Die wird sich richtig verarscht vorkommen. Wie könnt ihr ihr das nur antun?" Fassungslos starrte er mir ins Gesicht und exte sein noch fast volles Glas Jacky-Cola, ohne mit der Wimper zu zucken.
"Was soll ich deiner Meinung nach tun? Den beiden armen Mädels die letzten gemeinsamen Tage versauen und Anouks Depressionen früher zurückholen, als nötig? Ich will nicht der Hurensohn sein, für den mich sowieso schon alle halten ... zumindest dieses eine Mal nicht."
"Hier, trink'. Und wechseln wir lieber das Thema... das führt zu nichts."
"Du hältst aber dein Maul oder?"
"Natürlich. Ich werde einfach auf ahnungslos tun, wenn es mir jemand nochmal erzählt. Kein Ding, jo."
"Danke." Und schon wechselten wir das Thema.
Heiße Weiber, das neue Album, mögliche Features, Videodrehs und leider auch Nerdkram, den er so sehr vergötterte. Warum musste dieser talentierte, heißbegehrte Spast auch gleichzeitig so ein verdammter Gamer sein?

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