62. Gezwungen

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Pov Anouk
Ca. 20 Minuten zuvor

Basti führte mich, fest in seinem Arm haltend, zu seinem Audi, nachdem er geduldig im Flur auf mich gewartet hatte.

Ich hatte eingesehen, dass ich mich etwas ansehnlicher machen musste, selbst für ihn. Also war ich schnell unter die Dusche gesprungen, da man bei meinen Haaren selbst mit zwei Dosen Trockenshampoo nichts mehr hätte ausrichten können. Bei diesem Fakt ekelte ich mich selbst an.
Mit frischen Klamotten, sauberen Haaren und einem äußerlich frischen Gefühl, aber einem Stechen im Brustkorb, das mich fast zerriss, war ich dann wieder zu ihm gegangen.

Auch hier in dem schicken Auto mit sonst wohltuender Sitzheizung wurde das Gefühl nicht besser. "Wo fahren wir eigentlich hin?"
"Lass dich überraschen." war Bastis geheimnisvolle Antwort.
"Mir ist nicht nach Überraschungen."
"Es wird dir danach besser gehen, vertrau mir."
Das bezweifelte ich stark. Nichts und niemand könnte mir helfen und dafür sorgen, dass es mir besser ging.
Na gut, er hatte es eben ein wenig geschafft, indem er mich zur Körperpflege gezwungen und einfach mal - obwohl ich zu diesem Zeitpunkt noch gerochen haben musste, wie ein Stinktier - fest in den Arm genommen hatte. Was konnte er nun wohl vorhaben?
Ein absurder Gedanke kam mir plötzlich in den Sinn, den ich schnell wieder zu verwerfen versuchte. Doch es gelang mir nicht. Im Gegenteil. Phantasie und Erinnerungen schlossen sich zu einem bösen Komplott in meinem Gehirn zusammen und verpasstem mir damit eine ordentliche Ladung Panik. Na Danke auch.

Wir hielten unerwarteter Weise an einer Tankstelle, was mich nur noch mehr beunruhigte und nervöser werden ließ. Warum dauerte das da drinnen auch so lange? Kaufte er womöglich doch das, was ich dachte?
Nach ein paar Minuten kam er wieder heraus mit der Entschuldigung, dass dort so viel Betrieb gewesen sei und es deswegen zwei Minuten länger gedauert hätte. Es war jedoch sehr unglaubwürdig, da wir die einzigen hier waren und er sich zudem eben eine Schachtel in die Jacke gesteckt hatte. Was es jedoch genau für eine Schachtel war, wusste ich jedoch nicht. Nun war ich echt tierisch nervös. Doch warum sollte er das tun? Und vor allem dafür mit dir irgendwo hinfahren, ich Dummerchen. Er war schon bei mir Zuhause gewesen. Ja okay, es stank bis zum Himmel, aber ob das Männer wirklich störte, wenn sie "es" wirklich wollten? Die ganze Sache in meinem Kopf machte einfach keinen Sinn, übernahm dennoch langsam aber sicher die Oberhand über meine Gedankengänge und sogar Handeln. Vielleicht sollte ich Basti einfach darauf ansprechen und mir Klarheit verschaffen. Ja super Idee Anouk! In meinem Kopf formte ich den ironischen Gedanken: "Hey Basti, kann es sein, dass du als mein bester Freund und nun engster Vertrauter meine aktuelle Zerbrechlichkeit und Wehrlosigkeit ausnutzen und schamlos mit mir Sex haben will?" Ganz Klasse! Da konnte ich auch gleich aus dem fahrende Auto springen. Das hätte ungefähr den gleichen Effekt. So ging der innere Monolog mit mir immer weiter, bis Basti mich schließlich unterbrach. "Wir sind da, Kleines." Seit wann nannte er mich Kleines? Das hatte doch bestimmt nichts zu bedeuten... ich sollte mich beruhigen! "Alles okay?"
"Hm? Was? Ja klar!"
"Rück raus mit der Sprache."
Ich seufzte. "Ich denke einfach, dass das ... ach man Basti ... fahr mich Heim. Ich will das nicht. Such dir eine von deinen Group..., wenn du ... ach egal."
Eine Mischung aus Verwirrung und Verstörtheit lag in seinem Blick, was er aber durch ein belustigtes Kopfschütteln in Verschmitztheit verwandelte. Der Kerl machte mich wahnsinnig.
Zudem hatten wir noch vor einem sehr nobel aussehenden gehalten, was für den kleinen wollüstigen Teil in mir eine hundertprozentige Bestätigung war. "Bitte fahr mich Heim." Ich ergänzte im Kopf: Sonst stimme ich dem ganzen aus purer Dummheit noch zu.
"Sei einfach still und folg mir." antwortete er in einem ungewohnt sanften Tonfall und stieg aus.

Zielsicher zog er mich hinter sich her, ohne sich umzudrehen. Erst im Fahrstuhl schaute er mich an und grinste, wenn auch mit einem Hauch Verunsicherung. Sofort steckte er mich damit an.

Was hatte ich schon zu verlieren? Vielleicht sollte ich es tun. Auf meine Würde konnte ich in den letzten Stunden meines Lebens locker verzichten und wenn ich mit meinem Besten Freund schon das erste Mal erlebt hatte, warum dann nicht auch das letzte Mal...

Der Fahrstuhl machte ein unangenehmes *Pling* und öffnete sich. Ich wollte mich gerade in Bewegung setzen, als Timi uns entgegen kam. Zumindest glaubte ich, dass er es war, immerhin war es draußen während der Party vor ein paar Wochen ziemlich dunkel gewesen. "Falsches Stockwerk." lachte er, doch verstummte, als wir beiden ebenfalls stumm blieben. Konnte der Tag noch peinlicher werden?

Während Timi im Fahrstuhl blieb, schubste Basti mich im nächst höheren Stockwerk förmlich aus dem Fahrstuhl und trieb mich solange vorwärts, bis wir an der letzten Tür des Ganges angekommen waren und sie ehrfurchtsvoll ansehen konnten. Was mich wohl dahinter erwartete? Ich rechnete mit dem schlimmsten 50 Shades of Grey Mist.
Dann klopfte Basti an der Tür. Das war der Moment, in dem es schräg wurde. Äußerst schräg. Da wartete doch nich etwa ein anderer Mann oder gar eine andere Frau da drinnen? Wobei mir bei längerem Überlegen eine Frau... Mit einem heftigen Kopfschütteln verwarf ich die Vorstellung schnell wieder. Igitt.
Ich machte ein paar Schritte rückwärts, wurde aber augenblicklich von Bastis starken Händen gepackt und durch die offensichtlich nicht verschlossene Tür schob.

Was ich, oder besser wen ich sah, war schlimmer als jeder Dreier mit meinem besten Freund und irgendeiner Fremden Person. Lukas. Ich wollte die Flucht ergreifen, doch ich wurde prompt aufgehalten und mit einer verschlossenen Zimmertür bestraft. Also war ich nun mit meinem Ex-Geliebten in einer wunderschönen Suite, die trotz der vielen Kartons nur so vor Romantik triefte.

Keiner von uns beiden schaute den anderen lange an, obwohl wir dennoch eindeutig die Blicke nicht voneinander lassen konnten.
Meine Beine fühlten sich an wie Pudding, gleichzeitig versteifte sich mein Nacken vor Wut, während mein Herz durch den unentwegt anhaltenden Duft dieser großen männlichen Verführung mir gegenüber unentwegt raste. Klare Gedanken waren endgültig nicht mehr möglich. Waren das vielleicht auch die berühmten Stimmungsschwankungen, verursacht durch die ganzen Hormone, die meinen Körper gerade durchfluteten? Fragen über Fragen.

Auf einmal brach Lukas die Stille und reichte mir einen Briefumschlag.
Anstatt den Brief zuerst zu lesen, giftete ich ihn wütend an, während er mich nur mitleidig anstarrte und mir endlich die Emotion entgegen brachte, die ich brauchte. Wobei ich dennoch am liebsten die Tür eingetreten und ihn danach für immer hinter mich gelassen hätte.

Doch es kam ganz anders.

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