68. Schon wieder schlaflos

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Pov Anouk

"Gehen wir rein? Sonst schläfst du hier noch ein."
"Aber es ist so schön hier." demonstrierte Lukas grummelnd.
"Auf dem Bürgersteig?" sagte ich belustigt.
"Bei dir."
"Im Haus können wir uns auch auf's Sofa oder ins Bett legen und dann dort beieinander sein."
Dabei gab er sich schließlich geschlagen und stand mit etwas Hilfe von mir auf. Ich machte mir Sorgen, ob er eine Gehirnerschütterung bekommen hatte, aber Lukas versicherte mir, dass alles in Ordnung sei und er nun nur noch betrunken war.
Drinnen bot ich ihm Kaffe und Tee an, wovon er den Tee dankend annahm.
Gemeinsam saßen wir in der Küche und schlürften unseren Früchtetee. Immer wieder nickte Lukas dabei ein und musste aufpassen, nicht mit seinem Kopf im Tee zu landen. "Kann ich dich allein lassen? Dann beziehe ich dir gerade schnell mein Bett neu." fragte ich, als ich meine Tasse geleert hatte.
"Tu dir bitte keinen Zwang an. Ich schlafe auch gern auf der Couch."
"Auf keinen Fall. So kannst du dich immerhin gleich an das Bett gewöhnen." sagte ich ohne nachzudenken, bis es mir bei seinem verschmitzten Blick dann auffiel. "Äh, ich meine das nur so, weil ich schlafe ja im Bett von meiner Schwester und wenn wir das wirklich durchziehen sollten..."
"Schon verstanden." Lukas zwinkerte mir zu und ich verschwand daraufhin sehr peinlich berührt in meinem Zimmer. Dort lüftete ich erstmal durch und holte aus dem Wohnzimmer ein paar Blumen, damit der Raum ein wenig mehr Geborgenheit ausstrahlte. Das half zwar nicht wirklich viel, aber immerhin war nun etwas schön blühendes hier. Schnell bezog ich das Bett, um Lukas nicht allzu lange allein zu lassen.

Als ich zurück in die Küche kam, lag er mit dem Kopf auf dem Tisch und war eingeschlafen. Sanft rüttelte ich ihn wach und küsste seine Wange. "Komm, geh ins Bett. Es ist alles hergerichtet."
"Kommst du mit?"
"Natürlich, du kleiner Alki. Ich räume hier nur schnell auf, okay?"
"Ja gut." Ohne Wiederworte, aber jedoch sehr verschlafen, stand er auf und folgte meiner Wegweisung zu meinem Zimmer. Grinsend schüttelte ich mit dem Kopf und tat das, was ich sozusagen angekündigt hatte. Ich ließ dabei so viel Zeit verstreichen, dass ich mir sicher war, das er wieder schlief.

Dem war jedoch nicht so, als ich nochmal nach ihm sah. Lukas saß auf meinem Bett, nur mit Boxershorts bekleidet und klopfte neben sich auf den freien Platz. Er raubte mir damit komplett den Atem und nur schwer konnte ich einen klaren Gedanken fassen. Ich musste ihm dringend eine Hose und ein T-Shirt geben. Hastig kramte ich in meinem Schrank herum und fand meine alte Jogginghose, die ihm von der Weite auf jeden Fall passen musste. Ich warf sie ihm zu und er zog sie Kommentarlos an. Das war gleich viel besser und ich konnte mich zu ihm setzen.

Dann legte ich mich hin und es war wie eben auf dem Bürgersteig, mit dem Unterschied, dass ich nun in seinem Schoß mit dem Kopf lag und er durch meine Haare fuhr. Da verstand ich, warum er eben nicht reingehen wollte und lieber draußen auf dem harten Boden hatte bleiben wollen - es war wundervoll. Diese Nähe und Geborgenheit zu fühlen tat so gut. Ihn zu fühlen tat so gut.
Bevor ich dann einschlief, unterbrach ich das Kuscheln und ging in mein - Pardon - Anissas Bett.

Stundenlang lag ich dort wach und konnte nicht schlafen. Dieser Tag war einfach zu heftig für mich gewesen. Die Beerdigung und dann Lukas. Die Erinnerungen rasten durch meinen Kopf und gönnten mir keinerlei Ruhe. Ich startete einen Versuch etwas runter zu kommen mit heißer Schokolade. Geduldig wartete ich, bis die Mikrowelle endlich fertig würde.
Ich schloss meine Augen und dachte weiter nach, atmete tief ein und aus und atmete somit viele geliebte Gerüche ein. Lukas. Anissa. Schokolade.
Das alles vermischte sich miteinander und gab eine schmerzbereitende, verführerische Note, die mir immer mehr zu schaffen machte. Ich fasste mir an meinen pochenden Schädel, öffnete bei dem Klingeln der Mikrowelle die Augen und starb fast vor Schreck, als Lukas plötzlich im Türrahmen stand und mich aus seinen müden Augen ansah. "Es ist vier Uhr Nachts. Kannst du nicht schlafen?" gähnte er.
"Nein."
"Komm mit, ich warte wieder bis du eingeschlafen bist." Lukas machte eine Geste Richtung Schlafzimmer.
"Wie mache ich dich eigentlich immer wach, wenn ich nicht schlafen kann?"
Er zuckte mit den Schultern und ich folgte ihm. Der Kakao war damit vergessen. Wie machte er das nur immer?

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