20. Joshua

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Wir landeten auf dem Landeplatz unserer Straße. Ich schaute aus dem Fenster. Neben uns standen drei weitere Jets. Der schwarze von Familie Schlich, der weiße von Familie Jok und der grüne von Mr. Akim. Ich öffnete die Tür und trat auf den Landeplatz. Alles wirkte so vertraut, anders, als es sollte. Meine Tränen waren während der Fahr versiegt, aber mir war schon wieder zum Heulen zumute. »Kommst du? Wir haben ein Festessen vorbereitet«, sagte Mum betont fröhlich. Ich drehte mich zu ihr um und lächelte unmerklich. »Danke«, murmelte ich. »Und wir sollten dir noch etwas sagen ...«, fügte Dad leise hinzu. Ich sah ihn traurig an. »Es ... es geht um Joshua ...«, murmelte Mum und senkte den Kopf. »Was ist mit Josh?«, hauchte ich. »Er ... ist nach dem Sprung nicht mehr aufgetaucht«, erklärte Mum und ich konnte sehen, dass sich Tränen in ihren Augen sammelten. »Was?«, flüsterte ich. »Warum muss dieser Tag so schrecklich sein?«  Dad kam auf mich zu und nahm mich in den Arm. Auch Mum und Ruby drückten mich fest. »Warum?!«, schrie ich so laut ich konnte. Mum, Dad und Ruby wichen augenblicklich zurück. »WARUM?« Ich schrie zum Himmel und den schwarzen Wolken hinauf. »Bitte sei etwas leiser!«, brüllte jemand mich an. Ich sah mich um und entdecke Mr. Akim. Er schaute aus seinem Fenster und hatte seine muskulösen Arme verschränkt. »Ich schrei so laut ich will!«, brüllte ich zurück und spürte, wie wieder warme Tränen mein Gesicht herunter liefen. »Mrs Williems, ich dachte eigentlich, dass Luna inzwischen alt genug ist, um nicht mehr herumzuschreien«, stellte Mr. Akim fest. Wut brodelte in mir auf, mein Tag war so schrecklich gewesen und ich würde mir nicht von einem muskelbepackten Mann sagen lassen, was ich zu tun hatte. Mr. Akim fuhr sich durch sein braunes Haar. »Wissen Sie was?!«, kreischte ich und ging näher an die Kante vom Landeplatz. Von hier aus konnte ich fünf Stockwerke in die Tiefe gucken. Ich wusste, dass mir nichts passieren konnte, da alle Dächer einen Fall- Schutz eingebaut hatten. Für den Sprung vom höchsten Haus war er ausgestellt gewesen. »Es ist mir ehrlich gesagt egal, ob ich Ihnen zu laut bin, Mr. Akim! Ich hatte den blödesten Tag meines Lebens und jetzt muss ich mich aufregen! Also halten sie die Luft an und stellen sie einfach den Schallschutz an!« Mr. Akim blickte mich stumm an, dann drehe er sich um und verschwand vom Fenster. Ich sank auf den Boden und wünschte mir die Gabe in die Vergangenheit reisen zu haben. Ich spürte eine Hand auf meiner Schulter. »Komm mit ins Apartment«, sagte Mum und ich konnte ihr Mitgefühl fast in ihrer Stimme hören. Ich wollte aber kein Mitgefühl, ich wollte Dawn, Loura, Josh und teilweise auch Neil wieder in meine Arme schließen können. Mum zog mich hoch. »Komm, Luna, alle warten«, murmelte sie. »Alle warten?«, fragte ich irritiert. Mum nickte kurz. »Wir hatten eine Party geplant, zur Feier ...«, murmelte sie. Ich lächelte kurz, ehe ich wieder an die anderen denken musste. »Ich werde alle gleich nach Hause schicken, aber du musst zumindest noch kurz mitkommen«, erklärte Mum. Ich umarmte sie. »Danke, dass du dir so viel Mühe gemacht hast.« Mum drückte mich, dann reichte sie mir eine Gesichtskur. Ich tupfte mir mit der Tube übers Gesicht. »Jetzt kann niemand mehr sehen, was du durchgemacht hast«, meinte sie. »Ob das gut ist«, antwortete ich und ging in Richtung Teleporter. Mum stellte sich neben mich und wir wurden ins Erdgeschoss – wo unser Apartment lag – teleportiert. Dad und Ruby standen bereits neben dem Teleporter und lächelten. Jetzt verstand ich, warum Ruby so ein Kleid anhatte.

Die Tür wurde aufgerissen und ich stand meinen beiden alten besten Freundinnen gegenüber. Mara und Stella grinsten mich an. »Willkommen zurück!«, brüllte Stella und umarmte mich. Ich lächelte gezwungen und drückte sie. Mara stand neben uns und spielte mit ihrem gewellten Haar, welches ihr bis zu den Schultern reichte und deshalb nicht ihr weißes Kleid verdeckte. Auch Stella trug ein auffälliges Kleid. Es war silbern, normalerweise hätte es mich interessiert, aus welchem 3-Shop sie es gekriegt hatte, doch heute nicht. »Was ist?« Mara hatte mich durchschaut, ihren blauen Augen entging nichts. »Es war heute kein guter Tag für Luna«, erklärte Dad. Am liebsten hätte ich aufgelacht, »Es war kein guter Tag« kam nicht mal ansatzweise an diesen Tag heran. »Dann komm doch rein und setz dich«, schlug Stella vor und hakte sich bei mir ein. Mit einem falschen Lächeln auf den Lippen wurde ich von meiner Freundin mitgezogen, der Flur war geschmückt und aus dem Wohnzimmer hörte ich lautes Lachen. »Luna ist wieder da«, trällerte Stella und ließ mich los. Alle lächelten mich an und standen auf. Ich sah sofort, dass Grandma und Grandpa da waren, auch sah ich drei meiner Tanten und meine halbe alte Klasse. »Wie war es auf Agrunus?«, fragte mich Nelson. Alle schienen froh, dass ich wieder da war und niemand schien meine Arm- und Nackenwunden, sowie mein Gesichtsausdruck zu bemerken. »Setz dich doch«, schlug Grandma vor und deutete auf einen freien Platz. Ich schüttelte verkniffen den Kopf, es wurde mir zu viel. »Ich ... ich komme gleich wieder«, stammelte ich und rannte aus dem Raum. Im Flur blickten mich Ominus und Domenik an. Ich stürmte an den beiden vorbei und rannte in mein Zimmer. Meine Zimmerhälfte war so, wie ich sie vor zehn Wochen zurückgelassen hatte, Rubys Hälfte so unordentlich wie immer. Ich schmiss mich auf mein Bett und vergrub den Kopf im Yastik. Es war so schön weich und ich fühlte mich wohl und geborgen. Ich schloss die Augen und versuchte einzuschlafen.

Chroniken der Magie - LunaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt