Schmerz

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Ich schlug die Augen auf. Mein Kopf pochte höllisch und ich konnte nichts sehen. Irgendetwas lag über meinem Mund und ich spürte dicke Seile um meine Arme. Wo auch immer ich war, ich war gefesselt.

Verzweifelt versuchte ich mich daran zu erinnern, was während des Kampfes passiert war.

Ich sah immer wieder die himmlischen Augen des Mädchens, die schönsten Augen die ich je gesehen hatte, aber auch die gefährlichsten.

»Luna«, hörte ich eine vertraute Stimme. Ich hätte sie überall erkannt, Josh schien in meiner Nähe zu sein. »Bella, geh.«, hörte ich Josh sagen, dann hörte ich eine Tür knallen. Wenige Sekunden später drang Licht an meine Augen. Ich musste ein paar Mal blinzeln, ehe ich etwas erkennen konnte.

Mein Bruder stand vor mir, die Arme verschränkt, den Blick starr auf mich gerichtet. Mein Blick glitt an ihm hinunter und ich stellte erleichtert fest, dass er unverletzt zu sein schien.

Josh sah mich nachdenklich an, ehe er mit einem schnellen Ruck auch meinen Knebel entfernte. »Josh«, flüsterte ich sofort und sah ihn an. Er erwiderte meinen Blick. Ich suchte in seinem Gesichtsausdruck etwas wie Reue oder Trauer. Doch ich konnte nur Stolz und Entschlossenheit sehen.

»Hör zu Luna«, fing er an zu reden. »Ich weiß, dass du viele Fragen an mich hast, aber ich werde sie dir wahrscheinlich nie beantworten können. Am Besten wäre es wenn du mich einfach wieder vergisst. Ich wäre nie in diese Schule gekommen, wenn mir mitgeteilt worden wäre, dass du den Angriff überlebt hast.«

Einen Moment war ich erleichtert, er hatte nicht gewusst, dass ich noch auf dieser Schule war, er hatte mir nicht wehtun wollen. Dann schlug mir die Erkenntnis mit voller Wucht in den Magen. Ich keuchte auf. »Josh«, fauchte ich und kniff die Augen zusammen. »Heißt das...« Er blickte mich mit gerunzelter Stirn an. Er ist mein Bruder, er würde so etwas niemals tun... redete ich mir ein. Als ich die Verzweiflung in seinem Gesicht aufblinzen sah sog ich scharf die Luft ein. Er hatte von dem Angriff in der Lagerhalle gewusst, hatte davon gewusst, dass ich angegriffen worden wurde. Er hatte mich für tot gehalten und es war ihm egal gewesen.

»Es ist nicht so wie du denkst...«, begann Josh und starrte auf seine Hände. Sofort wusste ich, dass es noch viel Schlimmer war als ich gedacht hatte. Er machte immer die gleichen Gesten wenn er log oder etwas verharmloste. Er war der schlechteste Lügner den es auf diesem Planten gab.

Die Gewissheit, dass er mehr als nur davon gewusst hatte schmerzte zu sehr um es auszusprechen. »Hör zu Luna. Ich habe dich von Bella aus dem Kampf ziehen lassen damit du nichts tust. Aber wir sind nun mal Gegner. Du hast deine Seite gewählt, ich meine. Das war meine letzte Aktion die ich als dein Bruder ausgeführt habe Luna.«

Ein dicker Kloß bildete sich in meinem Hals. Ich wusste nicht was ich am Schlimmsten an ihm fand. Das er mich und unsere Familie verraten hatte, dass er davon gewusst hatte, dass Clare mich umbringen wollte oder dass er unsere Familierebindung einfach wegwerfen wollte.

Ich blickte ihm in die Augen. Das blau, grau wurde langsam wieder dunkler. Wie ich es im Kampf gesehen hatte, dass hier war nicht der Josh den ich kannte.

»Es tut mir Leid«, flüsterte er und küsste mich auf die Stirn wie er es immer getan hatte. Aber dieses Mal fühlte es sich falsch an. So falsch, dass ich ihn so gut es mir gefesselten Händen ging wegstieß. »Ich werde deine Fesseln so anschneiden, dass du sie nach einiger Zeit abstreifen kannst.«, erklärte er, dann machte er sich in meinem Rücken zu schaffen. Einmal streifte er meinen Nacken und ich kannte spüren, dass sein Arm kalt war.

Wenige Sekunden später stand er wieder vor mir. Tiefe Trauer lag in seinen Augen. »Leb wohl Schwester. Grüß Mum und Dad und Ruby von mir.«

Er wollte sich von mir wegdrehen, aber ich konnte noch sehen wie seine Augen komplett schwarz wurden und alle Trauer aus seinem Gesicht verschwand.

Chroniken der Magie - LunaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt