So silbern wie die Sterne

2.4K 199 19
                                    


»Guten Tag. Hier ist Mr. Andres, von der Baustelle. Ich habe schon wieder ein kleines Kind, welches mitten auf der Baustelle herum stand. Bitte holen sie es ab.«, Mr. Andres legte einen klobigen Gegenstand mit einem Verpixelten Display zurück auf einen hölzernen Tisch. Ich betrachtete erstaunt die Rillen im Holz. »Wie konnte Sie sich diesen Tisch leisten?«, fragte ich interessiert. »Warum sollte man sich keinen Tisch aus billiger Speerholzplatte leisten können?«, fragte er. Ich betrachtete die Einkerbungen und beobachtete wie ein wunderschönes schwarze Tier mit acht Beinen über die Platte krabbelte. Der runde Körper glänzte. So ein Tier hatte ich noch nie gesehen. Ich wollte nach dem Tier greifen, da schlug Mr. Andres meine Hand weg. »Fass die Spinne nicht an!«, donnerte er und schlug mit der Faust auf das anmutige Tier. Es machte ein entsetzliches Geräusch. Als der Mann seine Hand wieder hob klebte das wunderschöne Tier auf der Platte. »Sie haben es getötet!«, rief ich entgeistert. »Na und? Es ist nur eine Spinne!« Er rückte seinen Helm und sah mich entnervt an. Ich betrachtete das Tier. Ein Lebewesen zu töten war gefährlich. Das aussterben der Tiere war so groß, dass auf die Tötung eines Lebewesens eine Geldbuße von bis zu 9000 Coins stand.

Es pochte an der blauen Metalltür. Mr. Andres, der sich die letzte halbe Stunde damit beschäftigt hatte auf den Verpixelten Bildschirm zu starren, stand stöhnend auf. Hinter der Tür stand ein Mann in blauer Uniform. Ein mir unbekanntes Logo prangte auf seiner Brust. »Nehmen Sie sie mit«, befahl mein Aufpasser und deutete auf mich. Der neue Mann kam auf mich zu und packte mich unsanft am Arm. »Alles wird gut. Mummy und Daddy machen sich bestimmt schon Sorgen das ihr kleines Bärchen verschwunden ist.«, gurrte der Mann und streichelte mir beruhigend über den Arm. »Lass es!«, fauchte ich. Wo auch immer ich war, ich musste es möglichst schnell herausbekommen, da war es nicht sehr sinnvoll, sich von einem Mann abführen zu lassen der mich an einen G. Mann erinnerte. »Ich denk nicht dran Kind. Ich mache nur meinen Job.«, fluchte der Mann und packte mich fester. Ich konnte seine Finger durch den Stoff meines Shirts fühlen. Ich wünschte mir, die Gabe von Dawn oder Loura zu haben. Dann blieb mir das Herz stehen, wie hatte ich vergessen können, was kurz bevor ich hier aufgetaucht war passiert war. Schmerz schoss durch meinen Körper. Erst dachte ich, der Mann hätte etwas gemacht um mich ruhig zu stellen. Dann merkte ich, dass er sich nicht mehr rührte. Ich verlor den Boden unter den Füßen und fiel ins nichts. »Ahh!«, kreischte ich. Dann verschwand die Baustelle und ich spürte wieder einen festen Boden unter den Füßen.

Blitzartig tauchte ein Bild vor mir auf und ich bekam einen Schwung von nirgendwo. Ich stolperte und fiel hin. Schmerz schoss durch meine Knie und ich konnte den Griff des Mannes noch spüren. Als ich mich wieder aufrichtete fand ich mich wieder an der Jethaltestelle wieder. Aus dem Augenwinkel konnte ich Mum sehen. Sie rannte auf mich zu. »iW hast du das gemacht?«, fragte sie. »Was gemacht?«, verwundert blickte ich sie an. »Erst warst du da und hast angefangen zu weinen. Jetzt stehst du hier ohne einen Schimmer von Tränen.« Ich verstand nicht was sie meinte bis ich die Blicke der anderen auf meinen Schultern, Armen und Beinen brennen fühlte. Als ich den Blicken folgte konnte ich in den Augen der Menschen Angst, Bewunderung, Schrecken und vieles, das ich nicht deuten konnte, erkennen. »Ich weiß ja, dass Gaben manchmal komische Dinge tun. Aber ich dachte deine wäre die Zeit anhalten!« Ich nickte »Ja« »Und hast du die Zeit gerade angehlten?«, fragte Mum mich und legte mir einen Arm um die Schulter. Ich schüttelte kaum merklich den Kopf. Ichsah zu Mum, doch sie funkelte gerade Passanten an, die mich wie eine Atraktion anstarrten. »Lass uns gehen.«, murmelte sie und schob mich sachte in eine Richtung. Ich wehrte mich nicht und ließ mich von ihr mitziehen.

Kurz darauf standen wir vor einem großen grauen Gebäude. Die Türen waren doppelt so groß wie ich und schimmerten rosig. »Hier ist das Geschäft.«, erklärte Mum. Ich sagte nichts und starrte vormich hin, wo war ich gewesen? Wie war das passiert? Wieso hatten die Männer so viel Unglaubliches erzählt? Ich wusste, dass ich von niemandem eine Antwort bekommen würde. Meine Gabe war die Zeit anzuhalten und nicht irgentwo anders hin reisen. »Müssen wir mir ein Kleid kaufen?«, fragte ich matt. Ich wünschte mir Doktor Jacks zu sehen um sie nach einer Antwort zu fragen. Aber würde sie mir glauben? Gesegnete mit Zeitgaben konnten zwar noch weiter Gaben bekommen. Allerdings hatte uns Doktor Banter häufig genug eingemeißelt, dass man erst zwei Jahre nach dem man seine Gabe bekommen hatte andere bekommen konnte. »Bitte Luna. Du magst es doch gerne Kleider anzuprobieren.« Ich wollte lachen aber der Laut der meinen Mund verließ war ein erstickter Schluchzer. Als Mum es gesagt hatte, war mir klar geworden wie Oberflächlich ich immer gewesen war. Mit Stella und Mara war ich oft Stundenlag durch Geschäfte gezogen und hatte Klamotten anprobiert. Mum riss mich wieder aus meinen Gedanken in dem sie die Tür von Blommes & co. öffnete. Im Laden roch es unangenehm nach Desinfektionsmittel. Es war hell, da eintausend Lampen von der Decke hingen. Vor dem Sprung hätte ich mich über die Lampen lustig gemacht!, dachte ich. »Guten Tag.«, schnurrte ein dicklicher Mann mit langem braunen Schnurrbart. »Was kann ich für Sie tun?« »Ich suche ein Kleid für meine Tochter.«, erklärte Mum. Der Mann strich sich über seinen Bart und durchbohrte mich mit seinen dunklen Augen. Er erinnerte mich an eine längst ausgestorbene Tierart. »Ein Kleid? Nun, da haben wir eine große Auswahl. Zu welchem Anlass denn?« »Beerdigung«, meinte sie und lächelte. Ich schaute mich im Laden um. An den Wänden hingen haufenweise Kleider. Ein hellblaues Kleid. Es hatte einen risigen Rock und wurde von vielen Lampen angestrahlt. Ich schaute mich weiter um während Mum und der Verkäufer weiter redeten. Wie magisch angezogen lief ich zu dem blauen Kleid. Auf dem Rock waren kleine Sterne, die glitzerten. Als ich den Preis sah stockte mein Atem. Wer soll sich denn das leisten können?, dachte ich. Das Kleid sollte eine Million Coins kosten. Ich streckte meine Hand aus um den Stoff zu berühren »Nicht anfassen!«, zischte der Verkäufter durch den Laden. Ich ließ die Hand sinken und funkelte den Verkäufter an. Jetzt wusste ich warum mich das Kleid so angezogen hatte. Ich hatte es schon einmal gesehen. »Luna. Kommst du?«, rief Mum und winkte mich zu einem schlichten schwarzen Kleid. Ich betrachtete es, doch vor meinen Augen schwebte das blaue Kleid. Wo habe ich dieses Kleid schon einmal gesehen?, fragte ich mich. »Ziehst du es bitte an.«, meinte Mum. »Wie bitte?«, fragte ich verwirrt. »Nun Mädchen. Deine Mutter möchte, dass du dieses Kleid anziehst.« meinte der Verkäufer und schnippte ungeduldig mit den Fingern. Dann reichte er mir das Kleid und deutete auf Ecke zum umziehen.

Chroniken der Magie - LunaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt