der Anruf

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Kaum war ich in unserem Apartment kam Ruby angelaufen. »Alles in Ordnung Luna? Was machst du nur für Sachen?« Ich fühlte mich für einen Moment nicht mehr wie die große, sondern wie die kleine Schwester. »Und wie war die Zoobesichtigung?«, fragte ich sie. »Langweilig.«,seufzte sie und streckte ihre kurzen Arme aus. »Das hätte ich dir auch schon vorher sagen können.«, erklärte ich. Ruby musterte mich mit ihrer Geheimwaffe, den braunen Augen. Sie wurden zum Iris hin inner dunkler, so dass die Farbe fast mit ihm verschwammen.  Ruby schien schon wieder vergessen zu haben, dass ich gerade aus dem Krankenhaus gekommen war. Sie packte meine freie Hand und zog mich in Richtung Kinderzimmer. »Spielst du mit mir Magierus?«, fragte sie. Ich verdrehte die Augen, Magierus waren kleine Figuren, womit fast jeder als kleines Kind gespielt hatte. Ich konnte mit stolz von mit behaupten, dass ich um diese Scheußlichkeit herumgekommen war, Ruby lebte sie dafür umso doller aus. »Komm schon.«, bettelte sie. »Aber nicht lange.«, gab ich mich geschlagen. »Toll!«, rief Ruby und drückte auf einen Knopf an der Wand. Eine Kiste mit Magierus kam zum Vorschein. Meine kleine Schwester griff aufgeregt in die Kiste und holte sieben Figuren heraus. Einen Jungen mit weißen Klamotten. Ruby drückte auf seinen Rücken und ein Blitz schoss aus seinen nach vorne gestreckten Händen. Schnell stellte Ruby ihn wieder aus, ehe er weglaufen konnte. Bei Kinderspielsachen waren die einzigen Roboter die es noch gab vertreten. Außerdem hatte Ruby die Zwillinge Paulus aus der Kiste genommen. Die Zwillinge Paulus waren in Rubys spielen immer die Bösen. »Du darfst Paul und Piet spielen!«, rief Ruby und warf mit die Bösen Zwillinge zu. »Ich spiele Jack, Nina, Ruby, John und Mia.«, erklärte sie und deutete der Reihe nach auf die restlichen Figuren. Ich verdrehte wieder die Augen und schaltete die Zwillinge ein. Ein schwarzer Blitz schoss aus den Händen des ersten, wenige Sekunden auch bei seinem Bruder. »Pass auf Luna! Fast hättest du Nina getroffen!«, rief die Kleine empört und hielt ein Mädchen mit einem pinken Kleid hoch. »Außerdem fangen wir noch gar nicht an!« »Schon gut.«, murmelte ich und stellte die Zwillinge wieder aus. »So, jetzt können die Bösen angreifen.«, erklärte Ruby und stellte ihre fünf Figuren nebeneinander auf. Ich schaltete die Zwillinge wieder an und stellte sie ebenfalls auf. Ein Blitz schoss aus einer der Figuren und hätte beinahe eine von den anderen Figuren getroffen. Ruby hob die Figur hoch. »Puh das war aber knapp! Fast hättet ihr mich getroffen.«, rief sie und winkte mit der Figur. Ich verdrehte die Augen. »Luna, du musst antworteten.«, meckerte Ruby. »Ja... also... fast Bruder.«, murmelte ich. Dann schoss ein Blitz aus einer von Rubys Figuren, er traf den linken der Brüder. »Gut gemacht Mia!«, rief Ruby. Die Figur, welche getroffen war lag auf dem Boden, Rauch stieg von ihrem Hemd auf. »Man Luna. Du musst auch mitspielen.«, quengelte Ruby. Ich nickte und ließ den noch stehendes etwas vollkommen Sinnloses sagen. »So bringt das keinen Spaß.«, erklärte Ruby und griff nach meinen Figuren. »Tut mir Leid.«, murmelte ich. Ruby seufzte und packte die Figuren wieder in die Kiste zurück. »Dann spiele ich lieber mit Mayra.«, erklärte sie. Ich wollte gerade erwidern, dass Mayra ja auch ihre beste Freundin war als Mum rief: »Mittagessen ist fertig!« Ruby sprang auf und lief aus dem Zimmer. Ich folgte ihr mit etwas weniger Enthusiasmus. »Was gibt es?«, fragte Ruby sobald sie am Tisch saß. »Brandmus«, verkündete Mum und stellte einen großen Topf auf den Tisch. Ruby stöhnte auf und legte den Kopf auf den Tisch. »Wie viel möchtest du Luna?«, fragte Mum. »Nicht so viel.«, erklärte ich. Brandmus bestand aus fünf verschiedenen Früchten, welche erst gemusst und dann gebraten wurden. Mum tippte auf dem Topf eine Menge ein und  Teller kam mit Brandmus herausgefahren. Sobald er neben mir stand tippte Mum für Dad, Ruby und sich selbst die Menge ein. »Guten Appetit!«, meinte Dad und lächelte in unsere Familienrunde. Ich schnitt mit dem Messer ein Stück vom Brandmus ab als der Tele- Automat klingelte. »Warum immer während des Essens?«, stöhnte Dad und erhob sich um den Videoanruf entgegen zu nehmen. »Lasse Williems«, meldete er sich und ein großes Bild von zwei Erwachsenen erschien an der Wand. Ein Mann mit Vollbart und tiefen Augenringen. Neben ihm saß eine Frau mit einer hellbraunen Hochsteckfrisur, sie saß aufrecht und ihren aufmerksamen Augen schien nichts zu entgehen. »Hallo«, begrüßte Mum die beiden. »Mit wem haben wir die Ehre?« Der Mann räusperte sich »Mein Name ist Rob Miller und das ist meine Ehefrau Lisa Miller. Es tut uns sehr Leid, dass wir bei Ihrem Mittagsmahl zu stören scheinen. Allerdings liegt uns etwas sehr wichtiges auf dem Herzen.« Ich blickte die beiden verwundert an. Der Mann zeigte keine Gefühle und hatte die Hände über seiner Brust verschränkt, seine Haare waren ordentlich zurück gekämmt. »Nun, Mister und Misses Miller, was haben sie denn so wichtiges, was sie uns mitteilen wollen. Und darf ich fragen woher wir uns kennen sollen?«, fragte Dad hörbar genervt. »Wir hatten noch nie die Ehre Mister und Misses Williems. Unsere Töchter müssten sich kennen.« Der Blick des Mannes durchbohrte mich und mein Herz schlug schneller. Miller... Ray Dawn Miller... Dawns Eltern!, schlussfolgerte ich. »Wirklich?«, fragte Mum und lächelte in die Kamera. »Ja, unsere Töchter gingen in die selbe Klasse auf Agrunus.«, erklärte der Mann während sich die Frau stumm über die Augen fuhr. »Unser Tochter war Ray.«, der Mann sprach ohne eine einzige Regung über seine tote Tochter. Nur bei Dawns Namen stiegen die Tränen wieder in mir auf, wie konnte ein Mensch so gefühllos sein? »Ray? Nun, unsere Tochter hat uns nichts von einer Ray erzählt.«, meinte Dad mit einem Seitenblick auf mich. »Wie bedauerlich, wo sie doch die einzige war, die bei dem Unfall überlebt hat.« Mein Herz pochte mir bis zum Hals und ich konnte mich nicht entscheiden ob ich vor Wut platzen sollte oder vor Trauer zusammenbrechen. »Da erscheint es mir als sehr bedauerlich, dass Ihnen Luna Night nichts davon erzählt hat. Fast so als wäre es ihr egal!« Der Vorwurf von Dawns Vater traf mich mitten ins Herz ich war die letzte der es egal war. »Nun, dies denke ich nicht. Als wir Luna bei einem Krankenhaus abholten war sie am Boden zerstört.«, antwortete Mum und packte unter dem Tisch meine verkrampfte Hand. Dawns Vater musterte mich wieder. »Ich denke, dass sie für ihre Zerstörtheit wieder ziemlich munter ist. Misses Williems, wir haben unsere Tochter verloren! Unser Herzblut ist gestorben und vielleicht ist Ihre Tochter darin verwickelt! Vielleicht hat sie geplant ihre angeblichen Freunden, denen sie nicht einen Funken nachtrauert, umzubringen!«, er spuckte uns die Worte durch die Leinwand entgegen. »Rob beruhige dich.«, flüsterte Dawns Mutter und nahm die Hand ihres Ehemanns. »Lass mich Lisa.«, fluchte er. Ich sah in Lisas Augen Tränen aufsteigen, deshalb hatte sie kein Wort gesprochen, um nicht ihn Tränen auszubrechen. »Das ist wirklich eine Frechheit! Sie werfen Luna einfach vor extra drei Menschen umgebracht zu haben!«, fauchte Dad. »Nun Mister Williems, wie nehmen Sie sonst an kam es an ihrem Spawnpunkt zu einem Kampf?«, fragte Mr. Miller. Es wurde mir zuviel, ich stand auf und ging ganz langsam auf das Bild von Dawns Eltern zu. »Jetzt hören sie mir Mal zu! Dawn konnte ich nach wenigen Wochen zu einer der besten Freundinnen zählen, die ich jemals gehabt habe. Sie ist aufrichtig, mutig und so schlau! Ich kann Ihnen genau sagen wie es zu diesem Unfall kam!«, ich hatte leise angefangen, doch schon nach den ersten Worten war ich in ein verzweifeltes Schreien übergegangen. Rob Miller zog die Augenbrauen hoch »Du bist also Luna. Aggressiv, dass würde zu einer Mörderin passen!« Ich starrte ihn voller Wut an, wie konnte er so über Dawns tot sprechen? »Sie sind viel schrecklicher als jeder Mörder dieser Welt!«, schrie ich ihm entgegen auch wenn ich Clare sehr viel schlimmer als ihn fand. »Anstatt um ihre Tochter zu trauern beschuldigen Sie andere Leute! Ich kann nichts dagegen tun, dass Dawn tot ist und andere Menschen dafür zu hassen ist unfair. Als wir in die Halle teleporthiert wurden kamen Krieger von Welus, sie waren in der Überzahl. Wir konnten uns ziemlich lange gegen sie halten, doch dann ist die Decke eingestürzt! Ich hatte Glück unter einer Stelle zu sein wo nicht die ganze Decke weggebrochen ist. Die Welus- Krieger haben sich aus dem Staub gemacht, ehe die Decke auf uns fiel. Und glauben Sie mir ich habe bereits genug Schuldgefühle, was dies angeht. Ich kann Ihnen versichern, dass ich wünschte einer der anderen hätte überlebt und nicht ich.« Ich schluckte schwer und blickte ihn herausfordernd an. Meine Wut war so schnell gegangen wie sie gekommen war, sie hatte unendlicher Trauer und Schuld Platz gemacht. Das kleine Stück, welches Mum geflickt hatte war umso weiter wieder auseinander geklafft und mein Herz blutete aus der frischen Wunde. »Rob, bitte, mach dem Mädchen nicht noch mehr Schuldgefühle.«, meinte Dawns tränenüberströhmte Mutter zwischen zwei Schluchzern. »Luna, ich glaube dir. Rays Beerdigung findet nächste Woche Donnerstag statt. Ich würde dich bitten zu kommen.«, flüsterte sie weiter. »Auf gar keinen Fall!«, widersprach ihr Dawns Vater. »Sie ist eine Mörderin, sie wird uns alle umbringen!« Ich blickte ihn mit einer Mischung aus Abscheu, Hass und Trauer an. In seinen Augen konnte ich nur  Hass entdecken und ich fragte mich ob dies der Weg für ihn war um zu trauern. »Komm her Luna.«, murmelte Mum und zog mich an sich. Ich löste mich aus ihrer Umarmung, ich wollte nicht von ihr beschützt werden. »Bitte Rob, Ray hätte es gewollt.«, schluchzte Lisa und schaute ihn bittend an. Sein Gesicht blieb ungerührt. »Nein, Lisa hör auf zu betteln.«, fauchte er und funkelte mich wieder an. Als sich unsere Blicke trafen konnte ich erkennen, dass sich in seinen Augen doch eine menge Trauer verstecke, welche er versuchte zu überspielen. »Ich fühle mit ihnen.«, murmelte ich und nickte ihm zu. Er löste den Blickkontakt und hob zittrig seine Hand. »Na gut, Lisa. Luna Night, Misses und Mister Williems, würde es Ihnen etwas ausmachen nächsten Donnertag um fünfzehn Uhr am Friedhof zu erscheinen.« Ich spürte wie Mum und Dads Blick in meinem Rücken. »Ich würde gerne kommen.«, log ich. Bei dem Gedanken von einem leerem Sarg abschied zu nehmen wurde mir übel. Beerdigungen waren eines der wenigen Dinge, die sich in den letzten neunhundert Jahren nicht verändert hatten. »Wenn Luna geht komme ich mit.«, erklärte Mum und Dad stimmte ihr zu. Lisa lächelte zaghaft »Danke« Ihr Ehemann beobachtete mich immer noch hasserfüllt. »Auf Wiedersehen.«, sagte Dawns Mutter und die Verbindung wurde unterbrochen. Kaum waren die beiden verschwunden gaben meine Knie nach und ich sank auf den Fußboden. Die Tränen, welche ich seltsamerweise zurückhalten hatte können stiegen in mir auf und ich legte den Kopf auf die Knie. Ich spürte ein Paar warme Hände auf meinem Rücken. Kurz darauf schlangen sich zwei weitere Arme um meinen Körper und jemand streichelte mir beruhigend über den Kopf. Warum nimmt mich Dawns Tod mehr mit Joshs verschinden?, fragte ich mich. Weil Josh noch leben kann! Er ist nur verschwunden., brüllte ich meiner inneren Stimme zu. Ich weinte leise weiter während mich Mum, Dad und Ruby umarmten.

Ich wusste nicht wie lange ich geweint hatte, aber als ich mich bereit fühlte wieder aufzustehen schmerzten meine Knie und ich war müde. Dad und Ruby waren bereits verschwunden, nur Mum war neben mir sitzen geblieben und hatte die ganze Zeit meine Hand gehalten. Als ich mich streckte stand auch Mum mit auf. Sie sah älter aus als sonst. »Alles wird wieder gut.«, erklärte sie mir wieder und wieder. Meine Augen fühlten sich geschwollen an und meine Lippen waren trocken. »Geh am besten Schlafen.« Ich schüttelte den Kopf, auch wenn ich müde war kam es für mich nicht infrage ins Bett zu gehen. Ein Blick auf eine der vielen Uhren in unserem Apartment sagte mir, dass es gerade einmal sechzehn Uhr war. »Es tut mir Leid, aber Dad ist schon mit Ruby zu einer Schulaufführung gefahren, du weißt, sie hat noch Schule...« »Geh doch auch hin. Ich komme schon alleine zurecht.«, erklärte ich. Mum lächelte »Wenn es dir nichts ausmacht.«, erklärte sie und küsste mich. Ich nickte und beschloss in Joshs Zimmer nach weiteren Hologrammkugeln Ausschau zu halten, es schien mir eine gute Ablenkung.

Mum verließ das Apartment und ich seufzte, warum waren Dawns Eltern nur so schrecklich? Hing es mit Nicks Tod zusammen? Sie hatten beide Kinder verloren, aber warum waren sie so schrecklich? Während sich immer mehr Fragen anstauten betrat ich Joshs Zimmer und achtete darauf, die Tür vor dem Zuschlagen zu sichern. Es kam mir so falsch vor in  Joshs Zimmer herum zu schnüffeln, aber ich musste etwas über sein Verschwinden herausbekommen. Als erstes schaute ich in den Schreibtischschublande, in welchen ich allerdings nichts fand. Danach blickte ich mich im ganzen Zimmer um. Je länger ich blieb, desto unwohler und beobachtete fühlte ich mich. Dann ertönte ein Knall und etwas fiel von der Zimmerdecke. Bei dem Knall war ich erschrocken einen Schritt zurück gesprungen und war hingefallen. Mühsam rappelte ich mich wieder auf und ging langsam zu dem Gegenstand. Es war eine Hologrammkugel. Als ich sie berührte erschien eine Nachricht.

Was machst du in diesem Zimmer! Verschwinde Kind ehe etwas Schlimmeres passiert! Geh, sofort!

Mein Herz schlug mir bis zum Hals woher wusste jemand dass ich in Joshs Zimmer war und wie war die Hologrammkugel hier her gekommen? Als ich ein dumpfes donnern hörte ließ ich die Hologrammkugel liegen und lief aus Joshs Zimmer. Ich atmete tief durch und versuchte die Botschaft zu verdauen. Schließlich ging ich in mein Zimmer und legte mich in mein Bett. Mein Herz pochte immer noch laut und schnell. Ich nahm mir das Leserich aus meinem Schrank und fing an mein Lieblingsbuch „Schmerz von innen" zu lesen. Nachdem ich die ersten Seiten gelesen hatte beruhigte sich mein Herz einigermaßen und ich konnte wieder normal atmen. Ich las weiter auch wenn ich das Buch fast auswendig kannte. Also stand ich wieder auf und ging zum Imformator. Ich schaltete ihn an und setzte mich im Schneidersitz auf die Couch. »Überragende Leistung von unserer Bürgermeisterin Saskia Bear. Bei einem Treffen aller Bürgermeister der größeren Städte von Chreonzia zeigte sich die Bürgermeisterin Cias offen und selbstbewusst. Wir können nur hoffen, dass dieser gute Eindruck Cias bleibt...« Ich schaltete den Informator wieder aus, Politik war das letzte, was mich in diesem Moment interessierte. Ich rollte mich auf der Couch zusammen und nach kurzer Zeit glitt ich in einen traumlosen Schlaf.

Chroniken der Magie - LunaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt