Silber (Part 2)

Kapitel 18

Jennica

Ich stand im Waschraum des Campingplatzes, frisch geduscht, und betrachtete meinen Körper. Kurvig. Ja.
Blaue Flecken an meinem Hals. Colins Würgemale. An meiner Wange waren Narben. Von damals, als Quinn mich mit seiner Pfote geschlagen hatte. Ein Veilchen an meinem Auge von Denise.

"Jennifer, bist du fertig? Kannst du mir ein Handtuch bringen?" rief Aspyn. Ich zuckte zusammen, wandte mich zu dem Stuhl um, wo unsere Handtücher lagen und schnappte mir Aspyns flauschiges lila Handtuch.
Ich tappte vorsichtig, um nicht auszurutschen, über die nassen Fliesen und zu Aspyns Duschkabiene.

"Jenny! Hey! Wo bleibst du?!"

"Ich steh direkt vor der Tür." sagte ich trocken. Aspyn schob die Tür ein Stück auf, schnappte das Handtuch und knallte die Tür wieder zu.
Ich stakste wieder zurück zum Stuhl mit den Handtüchern und griff mir meins. Mechanisch begann ich, meinen Körper abzutrockenen.

"So eine Dusche hat gut getan." seufzte Aspyn zufrieden.

"Und dieses mal sind die Duschen sogar hygienisch. Erinnerst du dich an die in San Antonio?" fragte Grace.

"Die waren soo eklig!" maulte Aspyn.

"San Antonio?" fragte ich scheu.

"Unten in Texas. In der nähe von Austin."

"Aha."

"Mal wieder sehr Gesprächig." spottete Grace.

"Ach, nach allem, was sich die anderen bei ihr so leisten..." sagte Aspyn.

"Stimmt. Ich hätte dich nicht so stark eingeschätzt, als du dich mit Denise geprügelt hast."

Ich wickelte ein Handtuch um meine Haare. "Denise hat selbst Schuld." murmelte ich.

Denise hatte mich aufs übelste provoziert und dann von mir irgendwann einen Faustschlag in ihr Gesicht kassiert.

"Ja. Sie hätte dich nicht so ärgern sollen. Ich glaube nicht, das dein Luke ein fetter, unsportlicher, hässlicher Fettsack ist." sagte Grace mitfühlend.

"Sie hat fett gleich zweimal gesagt." bemerkte Aspyn leicht.

"Wenn sie weiter nur zu KFC fährt und Chicken Wings frisst, wird sie auch fett." murmelte ich.
 Aspyn und Grace lachten.

"Stimmt. Apropros Essen: Ich kriege Hunger, Mädels. Lasst uns essen gehen." sagte Aspyn beschwingt und trat in Handtuch gewickelt aus der Dusche.

"Liebste Aspyn, ich stehe noch unter der Dusche." sagte Grace.

"Und wir beide sind nur in Handtüchern. Dein Essen muss noch ein paar Minuten warten." bemerkte ich.

"Aber dann gönne ich mir mal etwas fettiges. Eventuell mal den Lieferservice anpiepen. Was sagt ihr?" fragte Aspyn.

"Nach diesem herrlich entspannenden Bad mit deinem herrlich entspannenden Sing-Sang  kann ich auch ein herrlich entspannendes, fettiges Essen zu mir nehmen." sagte Grace.

Lena

Luke saß angespannt an der Kücheninsel und stocherte in den Pommes herum.

"Ich hasse es, zu essen, wenn jemand dabei zusieht." murmelte er. Erik und Celeste verzogen sich ins Wohnzimmer. Gwen half Annina, die Spülmaschine einzuräumen. Max, Alec, Dijanna und Vanesa gingen hoch.
Christoph und ich blieben an der Kücheninsel. Luke warf mir einen Blick zu.

"Wann fahren wir nach Vancouver?"

Christoph zog sein Handy aus der hosentasche und warf einen Blick auf den leuchtenden Display.

"Seit wann hast du Bilder von mir auf dem Handy?" fragte ich trocken und schielte aufs Display.

"Seit ein paar Tagen. Und wegen Vancouver: Aaron hat geschrieben, das er ungefähr heute Abend in Vancouver ankommt. Chiara soll das Rudel kennenlernen. Er wird morgen früh anfangen, die anderen Wesen in seiner Umgebung zu informieren. Er wird sich morgen Mittag melden, dann können wir los."

Mit einem leisen Knurren wandte Luke sich wieder seinen Pommes zu.

"Oh, Bruderherz. Hätte Chiara ihren Ferrari hier nicht geparkt, hätte es länger gedauert. Dann müssten sie entweder ein Auto von unseren Geschwistern nehmen müssen oder mit dem Zug fahren. Dann würde es länger dauern. Und wir...wir können schon morgen Mittag oder Nachmittag losfahren."

Er lehnte sich leicht gegen mich und ich strich ihm durch seine dunklen, braunen Haare.