Silber (Part 2)

Kapitel 23

Chiara

Inzwischen lag ich leise schluchzend und zusammengerollt auf Aarons Bauch. Aaron lag unter mir und rührte sich nicht. Außer, um meinen Rücken zu streicheln.
Sein Handy vibrierte, aber er ließ sich nicht beirren.

"Musst du nicht telefonieren?" schniefte ich.

"Nein, Moon. Du gehst vor." erklärte er.

"Weißt du schon, wie es ihnen geht?" murmelte ich in sein T-Shirt.

"Noch nicht. Ich werde mich nachher erkundigen." sagte er sanft.

"Wissen...wissen Mom und Dad es schon?"

"Nein. Nicht, das ich wüsste." sagte er.

Ich drehte mich auf die Seite und betrachtete die Fische im Aquarium.

"Wann hast du dir Fische zugelegt?" fragte ich.

"Vor ein paar Monaten." erklärte er.

"Ich...ich glaub...ich sollte meine Eltern anrufen." murmelte ich, rutschte von seinem Bauch und stakste durchs Wohnzimmer.

"Hey. Moon. Du musst gar nichts. Du bist so aufgewühlt. Lass dir Zeit."

"Kann ich...ein Handy haben?"

Er seufzte, zog sein Handy aus der Hosentasche, entsperrte es und reichte es mir.

"Moon. Ich glaub nicht..."

Ich wählte die Handynummer meiner Mutter.

"Annina Black?" fragte sie fröhlich..

"Mom? Ich bins. Chiara."

"Chiara? Hast du dir ein neues Handy gekauft?" fragte sie.

"Nein. Darum gehts nicht. Luke und Lena sind im Krankenhaus."

"Wie bitte? Ich weiß, das sie losgefahren sind, nach Vancouver."

"Ja, und jetzt sind sie im Krankenhaus. Luke ging es wohl nicht gut. Lena sagte, er hat geblutet. Aus Nase, Ohren, Mund und Augen."

"Wo bist du, Chiara? Bist du bei ihnen?"

"Ich bin in....Vancouver."

"Ich dachte, du wolltest nie wieder dahin. Was ist mit Ben?"

"Es ist unwichtig, wie es mir geht. Luke und Lena gehen vor!"

"Das hast du immer gesagt, mein Schatz, aber ich merke auch, das es dir nicht gut geht."

"Wir telefonieren nur."

"Und ich bin deine Mutter, mein Kind." schnaubte Mom. Ich setzte mich an die Bar, die in einer Ecke war, auf einen Barhocker.

"Ich erkläre es dir später."

"Chiara! Bist du zu Aaron Brooks zurück?"

".....Ja..."

"Warum?"

"Ist doch egal. Luckey und Leni sind im Krankenhaus."

"Weil Jennica ihnen fehlt."

"Und bis jetzt noch nicht aufgetaucht ist. Ich ruf dich zurück." sagte ich zerstreut und legte auf. Aaron drehte sanft meinen Kopf in seine Richtung und küsste mich. Und ich erwiderte das erste mal seit fünf Jahren seine Küsse wieder.

Jennica

Ich lag im nassen Gras und würgte ab und zu mal Blut. Es wurde nicht besser. Die anderen hatten ihre Wohnwagen auf einem neuen Campingplatz abgestellt.
Sie hatten mich mit einer Hand am Wohnwagen festgebunden. Das Seil schnitt in mein Handgelenk.
Die Silberblicke hatten sich verteilt. Einige waren zum Kiosk gegangen, einige zu den Waschräumen und der Rest war beim Infoschalter, um sich hier anzumelden.
Ich atmete ein paar mal tief ein und aus.

"Hallo!"

Ich zuckte zusammen. Vor mir stand ein kleines, brünettes Mädchen.

"Du hast meine Cousine Dana gerettet! Sie lebt in Denver."

"Mein...Soulmate hat sie..." Ich hustete.

"Wo ist dein Wolfi?"

Eine junge Frau lief über den Parkplatz und rief einen Namen. "Emma? Emmi! Wo hast du dich versteckt?"

Emma, die Kleine vor mir, sprang vor ihre Mom und zog sie unerbittlich in meine Richtung.

"Guck mal, Mommy. Das ist das Mädchen, was Dana gerettet hat! Und ihr Wolfi ist nicht da!" rief Emma.

"Waren Sie tatsächlich auf dem Rummel in Denver?"

Ich nickte. "Ja. Luke wollte mal wieder ein Date...und dann kamen die Silberblicke..." Ich hustete.

"Wie kommen Sie denn hier hoch? Was machen Sie hier? Wo ist ihr Soulmate?"

Ich sah mich um. Niemand zu sehen.

"Es war 'ne große Gruppe...Sie haben mich einfach mitgenommen....Keine Ahnung, wo Luke ist...Wo sind wir?"

"Etwas außerhalb von Seattle." sagte die Frau besorgt. Sie musterte mich kurz. "Emma, pass mal auf das Mädchen auf. Ich komme gleich wieder." sagte sie, sprang auf und lief hastig davon.
Kurz darauf kam sie mit einem Mann zurück.

"Mario, das ist das Mädchen, was Dana in Denver gerettet hat. Mit ihrem Wolf. Weißt du noch? Nur ist sie hier, und ihr Wolf nicht. Und sie wird langsam krank."

Mario, der Mann, zog ein Taschenmesser aus seiner Hosentasche und durchtrennte das Seil an meinem Handgelenk. Er und die Frau halfen mir hoch und stützten mich. Sie gingen mit mir zu ihrem Auto und halfen mir, mich hinten rein zusetzen und anzuschnallen.

"Beeilen Sie sich. Die Silberblicke sind wütend, wenn ich plötzlich verschwinde."

Die Frau nickte und setzte Emma in den Kindersitz, während der Mann auf die Fahrerseite stieg und schon den Motor anschmiss. Die Frau eilte auf die Beifahrerseite, sprang rein und der Mann fuhr los.

"Danke, das Sie mich mitnehmen." murmelte ich.

"Du hast Dana geholfen. Du hast generell uns Wesen geholfen." sagte die Frau. "Ich heiße Emily. Das ist mein Mann Mario, und unsere Tochter Emma. Dana ist Emmas Cousine. Die Tochter von meiner Schwester Sara."

"Was sind sie für Wesen?" fragte ich.

"Panther." erwiderte sie.

Ich nickte kurz. "Ich heiße...Jennica."

"Wo willst du hin?" fragte Mario.

"Nach Vancouver. Da gibt es doch ein Wolfsrudel, oder?"

"Ja. Ihr Alpha ist Aaron Brooks. Er ist ziemlich brutal. Sein Soulmate ist ihm wohl angeblich vor fünf Jahren wegen einer Prügelei im betrunkenen Zustand oder so abgehauen." sagte Emily nervös.

"Kennen Sie den Alpha?"

"Ich habe ihn ein paar Mal gesehen." sagte Emily und seufzte.

"Ich musste manchmal mit ihm sprechen. Es muss alles nach seiner Nase gehen. Wenn nicht, haut er irgendwas kurz und klein." sagte Mario.

"Aber er hat das größte Rudel in Vancouver. Und sein Rudelhaus liegt in der nähe der Grenze." bemerkte Emily.

"Ich...rede einfach nur mit ihm.Die Silberblicke wollen nach Vancouver. Dort sollen es anegblich auch sehr viele Wesen geben." murmelte ich.

Mario und Emily warfen sich verzweifelte Blicke zu. "Ist dir bewusst, das wir diese Informationen allen Alpha-Wesenzukommen lassen müssen?" fragte Emily.

"Damit ihr Wesen euch schützen könnt."

"Genau." sagte Mario. "Einige von uns, wie wir, haben Kinder. Wer weiß, was gesehen wäre, wenn du und dein Wolf nicht eingegriffen hättet."