Silber (Part 2)

Kapitel 8

Luke

Das Bett war ohne mein Soulmate verdammt groß und verdammt leer. Sie fehlte. Sie fehlte so sehr. Ich wünschte, ich könnte es wie sie tun. Einfach die Treppe runter und mich zu ihr auf die Couch legen.
Vielleicht war sie ja da.
Nein? Warum sollte das Rudel mein Soulmate vor mir verheimlichen?
Vielleicht...nur vielleicht....
Als ob, Junge!
Knurrend wälzte ich mich im Bett umher und versuchte, eine angenehme Schlafposition zu finden. Ich gab auf und ging hinunter.

"Luke!" rief Christoph überrascht. "Du solltest schlafen."

Ich setzte mich zwischen Christoph und Erik auf die Couch.

Nach einer Weile, in der wir geschwiegen hatten, befahl ich: "Sucht sie."

"Jetzt?" hakte Christoph nach.

"Ohne sie geht dieses Rudel kaputt. Wir brauchen sie. Wir alle. Es ist am besten, sie so schnell wie möglich zu suchen."

Warum war ich da nicht schon vorher drauf gekommen? Christoph und Luke standen auf und gingen zur tür. Dort warfen sie mir nochmal einen langen Blick zu, dann verschwanden sie in die Nacht.

Christoph

"Das war gerade eine reine Verzweifelungstat eines Alphas." bemerkte Erik.

"Aber nachvollziehbar. Stell dir vor, Celeste wird entführt."

Erik grummelte. "Wo sollen wir suchen?"

"Lena hat was von Wohnwagen und Wohnmobilen erzählt. Muss ja 'ne größere Gruppe sein. Wir gehen Lucile fragen, ob sie was gesehen hat."

"Lucile."

"Soulmate meines Bruders. Beide halten sich aus diesen Rudelsachen raus und beide arbeiten bei der Polizei."

Und beide waren am rumknutschen, als wir zu meinem Bruder nach Hause gingen.
Devyn, mein Bruder, öffnete die Tür. An seinem Hals und in seinem Gesicht war verschmierter Lippenstift.

"Die Farbe steht dir ausgezeichnet, Bruder." bemerkte ich. Devyn sah überrascht aus, sah in den Spiegel im Flur und grinste dann.

"Warum kommst du so spät und unangemeldet? Dann hätte ich mich natürlich noch hübscher für dich gemacht, Bruderherz." grinste er und zwinkerte.

"Wir haben ein kleines Problemchen." sagte ich. Erik schnaubte.

"Riesengroßes Problem würde es eher beschreiben."

"Kommt rein." sagte Devyn. Wir folgten ihm ins Wohnzimmer, wo Lucile im Sessel saß, ein Glas Sekt in der Hand und über irgendwas lustiges im Fernsehen kicherte.

"Hi Lucile." rief ich.

"Hey Chrissie." entgegnete sie.

"Erzählt uns euer riesengroßes kleines Problem." sagte Devyn und ließ sich auf der Ledercouch nieder.

"Wir beide sind im Rudel von Luke Black."

"Der Sohn von Annina und Mark Black?"

Ich nickte.

"Du warst doch bei 'nem anderen. Bei Billys Schwächling von Sohn." sagte Devyn erstaunt.

"Na ja. Luke Black hat sein Soulmate gefunden. Zachary hat das nicht eingesehen und wollte sie auch besitzen. Ich wollte richtigstellen. Er würde dieses Mädchen niemals kriegen. Daraufhin verbannte Zachary mich. Ich schloss mich Luke an und wurde sein Beta."

"Und Lukes Schwester ist dein Soulmate." fügte Erik hinzu. Den Teil wollte ich eigentlich weglassen.

"Hätte nie gedacht, das du so ein eingebildetes Mädchen wie Lena Black bekommst."

"Sie wirkt nur so. So unnahbar. Wegen Luke." sagte ich. "Nun ja. Und...Lukes Soulmate ist ein Mischlingsmädchen. Halb Silberblick, halb Wolf. Und sie wurde jetzt entführt - von einer Gruppe von Silberblicken. Wir wissen nicht, wohin. Nur, das sie mit Wohnmobilen und Wohnwagen unterwegs sind. Habt ihr eine Gruppe davon gesehen?"

Devyn überlegte.

"Ja, ich hab welche gesehen. Sie sind gerade auf einen Campingplatz außerhalb der Stadt gefahren. Ich hab sie gesehen, als ich von 'nem Einsatz zurückkam. Sie waren so merkwürdig. Ich hab gefragt. Sie bleiben bis morgen Mittag, dann wollen sie weiter." sagte Lucile.

"Welcher Campingplatz?" fragte Erik.

"Ähm....der am Baggersee. Er gehört...Ricardo und Clarissa Harper."

"Celestes Eltern! Sie kennen mich!" sagte Erik.

"Dann lass uns ganz schnell dahin." sagte ich.

"Lasst euch nicht blitzen." sagte Devyn und zwinkerte.

"Durch den Wald." entgegnete ich.

Es war befreiend, wieder als Wolf rumzulaufen. Es dauerte nur knapp 10 Minuten, bis wir den Campingplatz erreichten. Und noch zwei, bis wir die Gruppe von Autos und Wohnmobilen fanden.
Wir schlichen um die Wohnwagen.
Plötzlich sprang ein Typ mit Gewehr in Eriks Weg. Erik riss ihm das Gewehr aus der Hand, warf es zur Seite und ging weiter.

"Ich wusste nicht, das es schon so weit ist!" rief eine aufgeregte Mädchen-Stimme.

"Ich auch nicht." keuchte unsere Alpha-Gefährtin.

"Dale meinte doch, es ist erst 4 Wochen alt." jammerte die erste Stimme. Ich knurrte leise und nickte dem Wohnwagen zu, als ich Eriks Aufmerksamkeit hatte.
Ich drückte mit einer Pfote die Türklinke hinunter und öffnete so die Tür.

Jennica lag in einem Bett. Ein alter Mann und zwei junge Mädchen waren bei ihr. Eine hielt ihre Hand.

"Ein Kind hast du schon rausbekommen. Jetzt kommt noch das zweite." sagte der Mann aufmunternt. Erik und ich sahen uns an.
Jennicas Blick blieb an uns hängen. Sie lächelte leicht. Dann ertönte der langgezogene Schrei eines Babys.

"Noch eine Tochter." verkündete der alte Mann.

"Christoph." hauchte Jennica und streckte eine Hand aus.