7.Kapitel

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"Was hat er getan?", fragte er mich und sah mir direkt in die Augen.

Was meinte er ?

"Was meinst du ?", fragte ich verwirrt.

Er sah nicht weg:"Wegen der Situation heute Morgen." Ich fühlte wieder ein Stich im Herzen. Er hatte mich bisher wirklich gut abgelenkt, aber nun fragt er danach. Wo war denn der Sinn? Ich würde ihm definitiv nichts erzählen. Ich kenne ihn kaum. Aber deine Brüder haben dich mit ihm alleine gelassen. Ich ignorierte diese Stimme in meinem Kopf und sagte dann wieder ganz kalt:"Niemand hat etwas getan." Er sah mir immer noch in die Augen und ich sah weg. Ich wusste, dass man vieles aus meinen Augen sehen kann. Sie verraten zu viel von meinen Gefühlen.

"Ok", sagte er nur und überraschte mich. Ich dachte er würde darauf rumreiten, bis ich etwas erzähle.

Ich nickte einfach und er sagte dann:"Auch wenn du meine Frage nicht ganz beantwortet hast..", ich sah ihn wieder an, " kannst du mir jetzt auch eine Frage stellen." Ich hatte eine Menge Fragen an ihn. Er hatte mir ja seit gestern genug gegeben. Aber in diesem Moment fiel mir nichts ein. Ich überlegte kurz und fragte dann:"Wieso heißt dein Skateboard Daisy." Ich konnte nicht mehr ernst bleiben und kicherte. Er selbst schien amüsiert zu sein:"Weil .. meine Schwester sie so genannt hat. Deshalb ist sie auch eine sie." Ich lachte. Es war kein falsches Lachen. Aber er hatte mir nicht erzählt wie sie auf den Namen gekommen sei, aber ich hatte ihm seine Frage auch nicht ganz .. garnicht .. beantwortet. Es schien mir gerecht zu sein.

"Wie viele Geschwister hast du?", die Frage rutschte mir raus. Ich wollte ihn das garnicht fragen, es interessierte mich garnicht,aber es war auch keine weltbewegende Frage.

"Ich beantworte es nur, wenn ich danach auch was fragen kann.", antwortete er und ich nickte. Daraufhin erzählte er:" Zwei. Zwei Mädchen. Sie sind Zwillinge und 15 Jahre alt." Als er erzählte hatte er dieses Lächeln, das auch meine Brüder haben, wenn sie über mich mit anderen reden. Ich hatte es schon oft gesehen. Und dieser Anblick war zu süß. Das ist eine der Sachen, die mich über Geschwister glücklich machen; egal wie oft man streitet oder nicht miteinander redet, man hat sie für immer und sie sind immer da. Außerdem merkte ich, dass ich noch nicht wusste wie alt er war.

"Jetzt ich.", sagte er,"sind immer so viele Typen wie gestern Abend bei euch?" Wieso fragte er mich das, aus allen Sachen die er hätte fragen können ?

Aber ich nickte:"Ja, meistens. Mama und Papa sind oft nicht da, wegen der Arbeit und weil sie dann mehr Freiraum haben, kommen sie immer hier her." Er nickte verstehend und mumelte etwas, was ich nicht verstehen konnte. "Und du hast kein Problem damit ?", fragte er beiläufig. Ich wollte sofort antworten, aber sagte ihm dann, dass ich antworten würde, wenn ich ihn auch was fragen kann. Er nickte und bevor ich antwortete machten wir ab, dass wir Fragen könnten wann wir wollten, da es sonst zu nervig wird.

"Naja. Ich kenn' es eigentlich nicht anders. Sie haben früher auch zusammen auf mich "aufgepasst" als meine Eltern nicht da waren. Und ich mag fast jeden von ihnen", und ohne ihn etwas sagen zu lassen fragte ich:"Ok, das klingt vielleicht unhöflich..", er unterbrach mich indem er sagte:"Bin ich von dir gewohnt,Prinzessin.", ich rollte die Augen und sagte:" Jedenfalls, wieso warst du heute Morgen eigentlich hier?"

"Ich war in der Bibliothek und Marvin fuhr mit Brötchen in der Hand vorbei und hat gefragt, ob ich mit Frühstücken wollen würde.", erklärte er und ich fragte:" Und wieso warst du hier in der Bücherei. Bei den ... ", ich wollte nicht fluchen und ich wusste das nicht alle so sind, "also ich meine, in deinem Stadtteil gibt es auch eine Bücherei. Wieso warst du nicht da ?" Ich hatte gehört, dass sie dort eine neue Bücherei mit viel mehr Büchern haben. Außerdem hätte ich nicht gedacht, dass er liest und nur dafür früh aufsteht.

"Ich war erst dort. Mochte es nicht. Es ist alles so neu und unangerührt. ", seine Antwort schockte mich. Ich mochte es selbst mehr, wenn eine Bibliothek einladend und warm ist. Auch wenn unsere Bücherei von außen nicht einladend wirkt, ist sie von ihnen ganz nett.

So ging es immer weiter. Wir fragten uns gegenseitig Fragen, wobei die meisten nur Kleinigkeiten waren. Außerdem antwortete er nie ganz. Ich hatte das Gefühl, dass er oft absichtlich etwas ausließ. Und in seinen Augen konnte ich auch nie etwas erkennen.Außer er ließ es zu.

Jedenfalls erfuhr ich dass er ebenfalls 16 ist, sein Lieblingsfach Musik war, obwohl er es immer gehasst hat zur Schule zu gehen. Den Grund nannte er nicht. Seine Lieblingsfarbe war grün.

Ich hingegen erzählte noch weniger als er. Er wusste schon, wahrscheinlich von meinen Brüder, dass ich 16 war. Dass ich zwei ältere Brüder habe, wusste er auch schon. Das einzig neue, dass ich ihm erzählte war, dass Englisch mein Lieblingsfach war. Im englischen konnte man Gefühle und alles andere besser ausdrücken, ohne das es komisch klingt. Jedenfalls nicht für uns, weil wir mit der deutschen Sprache aufgewachsen sind.

Trotzdem saßen wir ziemlich lange am Küchentisch und redeten.Die meiste Zeit nahmen uns unsere Streitereien, dass wir die Frage nicht beantworten wollen, einer nicht ganz geantwortet hätte oder ähnliches. Ich war sturr und er auch. Das half nicht wirklich.

Gegen 15 Uhr ging er nach Hause. Er hatte einen Anruf gekriegt und meinte es wäre dringend.

Als er weg war, lag ich auf dem Sofa und schaute HIMYM. Naja, ich war mehr in Gedanken versunken. Ich erinnerte mich an Marvins Worte: Vielleicht tut dir die Gesellschaft eines Fremden besser, als alleine hier zu sitzen ... Und ja, er hatte recht. Ich hätte alleine rumsitzen und mir Gedanken machen können, aber stattdessen habe ich einen Fremden besser kennengelernt. Obwohl wir uns mehr gestritten als die Fragen beantwortet haben. Aber hey - es war auch eine Ablenkung.

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Ich hoffe; dass es euch gefallen hat :)

Wie immer freue ich mich über Feedback :)

:D xx

My brothers new friend ?!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt