Kapitel 36

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"Seunghyun!", begrüßte mich mein Vater nachdem ich mein Motorrad vor seiner Villa abstellte und meinen Helm abnahm.

"Hallo", begrüßte ich ihn simpel.

"Lass dich ansehen! Sonderlich viel verändert hast du dich nicht, nur die Haare sind anders", bemerkte er meine blonde Frisur. So lange war es eigentlich nicht her, dass wir uns gesehen haben. Bevor meine Mom und ich umgezogen waren, hatten wir genau hier gelebt, in dieser Villa. Mein Vater war "so großzügig" und hatte uns hier wohnen lassen. Ich war so froh, dass meine Mutter den Entschluss gefasst hatte wegzuziehen. Ihn jeden Tag über den Weg zu rennen war nicht lustig gewesen, obwohl er für mehrere Monate weg gewesen war. Bevor er von seiner Geschäftsreise mit seiner neuen Verlobten, die er dort kennengelernt hatte, zurückkam, waren wir verschwunden.

"Ja, ich habe sie gefärbt", sagte ich langsam. "Ist Jihoo schon da?"

"Ja, Jihoo ist drinnen und unterhält sich mit Sunhyun."

Und damit war ich verschwunden. Sunhyun war die Frau, die mein Vater morgen heiraten würde. Viel von ihr hatte ich noch nicht gesehen und geredet hatte ich schon garnicht mit ihr.

Kaum setzte ich einen Schritt in das große Haus, wurde ich von einer jungen, attraktiven Frau empfangen.

"Und du musst Seunghyun sein!", sagte sie mit einem breiten Lächeln im Gesicht. "Ich bin Sunhyun!"

"Seunghyun-ie!", schrie eine bekannte Stimme. Es war Jihoo. Er folgte seiner bald neuen Stiefmutter. "Endlich bist du da!"

-

Der Tag verging eigentlich ziemlich schnell und allzu grausam, wie ich ihn mir vorgestellt hatte, war er nicht. Sunhyun war sehr freundlich und zuvorkommend, und passte genau auf den Typ Frau auf den mein Vater stand. Jung, attraktiv, freundlich und eine Traum-Figur. Wie lange würde er diese Ehe aushalten und eine Neue finden? Ach, ich fühlte mich schrecklich bei dem Gedanken! Sie waren noch nicht einmal verheiratet und ich dachte schon an die Scheidung der beiden.

Gegen Abend trug ich meine Sachen in mein Zimmer. Ja, es war noch immer mein Zimmer. Ich bin hier aufgewachsen und alles war noch auf den Platz, wo ich es zuletzt gesehen und liegen gelassen hatte. Erinnerungen machten sich in meinem Kopf breit. Da standen noch meine Lieblingsminiaturmotorräder, die ich als Kind gesammelt hatte. Mein Fußball lag in der Ecke und alle meine Actionfiguren waren schon mit einer kleinen Staubschicht überdeckt. Obwohl das alles nur verstaubtes, altes Zeug war, musste ich lächeln. Früher waren wir eine nette, kleine, glückliche Familie gewesen. Mom, mein Vater und ich. Zusammen.

Ich war hier aufgewachsen, aber mit einem Blick aus dem Fenster, in den Garten, wo ich die zwei Turteltauben auf der Hollywoodschaukel sah, auf der einst meine Eltern zusammen saßen, brachte mich in die traurige Realität zurück. Das war einst. Jetzt ist alles weg. Es gibt nur noch meine Mom und mich. Dann poppte Daesung in meinen Kopf, und nacheinander Jiyong, Seunghyun und Youngbae. Sie waren irgendwie zu meiner zweiten Familie geworden. Sie waren immer für mich da und ich fühlte mich wohl bei ihnen.

"Hey, Seunghyun", flüsterte Jihoo, als er mein Zimmer betrat. "Eigentlich sollten wir im Haus bleiben, aber hast du Lust auf eine kleine Spritztour?"

In seiner Hand spielte er mit seinen Motorrad-Schlüsseln.

Ja, unser Vater hatte wirklich gesagt, dass wir hier bleiben sollten. Vielleicht wollte er nur mit seinem väterlichen Verhalten vor Sunhyun angeben.

"Klar", sagte ich und grinste. Die Regeln gebrochen hatte ich eindeutig schon viel zu lange nicht mehr! Scheiße gebaut schon, aber die Regeln gebrochen nicht.

Wir schlichen uns an den paar Zimmermädchen vorbei, in die Garage. Es fühlte sich irgendwie an, als würden wir aus einem Gefängnis ausbrechen und ich konnte das Adrenalin in mir fühlen. Das war ein großartiges Gefühl!

Nachdem wir es unbemerkt in die Garage geschafft hatten, setzten wir unsere Helme auf und starteten die Motoren.

Ohne dass es wer bemerkte, fuhren wir in die dunkle Nacht hinaus. Die kalte Nachtluft war herrlich und ich konnte mir das Grinsen nicht zurückhalten.

"Bist du jetzt ganz verrückt geworden?", fragte Jihoo plötzlich.

"Was meinst du?", fragte ich ihn so laut, dass er mich durch seinen Helm hören konnte.

"Warum grinst du wie ein Volldepp?", lachte er.

Anstatt ihm zu antworten, grinste ich noch breiter und fuhr schneller und brachte einen Wheelie zusammen.

"Vorsicht!", schrie Jihoo, doch es war zu spät.

Der FalscheWo Geschichten leben. Entdecke jetzt