Kapitel 35

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Ich wurde noch am selben Tag vom Krankenhaus entlassen. Meine Mutter kümmerte sich an diesem Tag noch aufrichtig um mich, doch als ich am nächsten Tag aufwachte schlug sie mir eine herunter und hielt eine Predigt darüber, dass Alkohol böse ist, sie mir das nie zugetraut hätte und dass ich der Verantwortungsvolle von uns beiden wäre. Ich ließ sie wütend sein, weil ich es verstehen konnte. Wenn mein Kind aufgrund einer Alkoholvergiftung ins Krankenhaus eingeliefert werden würde, hätte ich den Verstand verloren und im Gegensatz zu meiner Mutter keinen Tag Verschonung gegeben.

Ich hatte sie darum gebeten erst nachdem meine Schmerzen vorbei waren, wütend zu sein und sie ist darauf eingegangen. Sie war die Beste.

Doch dann sagte sie etwas, das mir Gänsehaut bereitete.

"Ich bin enttäuscht von dir."

Von allem, was sie gesagt hatte, hallte dieser Satz in meinem Kopf. Sie war enttäuscht. Ich hatte sie enttäuscht.

Ich blickte auf und direkt in ihre Augen. Ihre Augen waren hellwach und sie war kurz davor zu weinen. Sie weinte aber nicht vor Traurigkeit oder weil ich ihr leid tat; sie weinte, weil sie wütend war. Das hatte ich von ihr geerbt.

Sie hob den Finger und ich wusste, jetzt kommt eine Bestrafung.

Den Grund, warum ich die Augen schloss, wusste ich nicht, aber ich tat es. Ich wartete auf die Bestrafung oder einen Hieb, aber nichts kam.

Im nächsten Moment spürte ich ihre Wärme auf meinem Brustkorb und ihre Arme um meinen Körper.

"Bitte tu das nie wieder. Versprich es mir", sagte sie in der Umarmung.

Ich legte meine Arme um sie. "Ich verspreche es."

Sie drückte mich noch näher an sich und wir blieben so für einige Sekunden. Langsam begann ich ihr über die Haare zu streichen und wir fingen an hin und her zu wippen.

"I wanna dance dance dance dance dance~", fing ich an leise zu einer Melodie zu singen.

"Seunghyun", sagte sie und hob ihren Kopf.

"Ja, Mom?", fragte ich und blickte zu ihr herunter. Sie war ein paar Zentimeter kleiner als ich.

Sie legte ihren Kopf erneut auf meine Schulter und wir fingen wieder an zu wippen. "Werde groß, mach mit deinen Freunden Musik, werde berühmt, lebe deinen Traum und vergiss nicht Spaß zu haben. Das ist mein Traum."

Ich blickte auf sie, aber sie hatte ihre Augen geschlossen und wippte mit einem Lächeln weiter. Ich konnte Tränen erkennen, die ihr die Wangen herunterkullerten.

Ja, Mom. Ich werde groß, berühmt und dich nicht enttäuschen.

-

Die Tage vergingen. Die meiste Zeit verbrachte ich mit Daesung. Er hatte bei mir über das Wochenende übernachtet und wir sind zu zweit auf dem Motorrad zu Jiyong und den Anderen gefahren, um unseren Song zu proben.

Doch kaum hatte ich mich versehen und es war Montag. Ich war allein in meinem Zimmer und packte meine Sachen. Morgen würde ich zu meinem Vater fahren. Schickes Gewand brauchte ich nicht, da er gesagt hatte, dass er einen Anzug für mich vorbereitet hatte. Gut, hatte ich noch eine Zahnbürste bei ihm? Ich ging ins Badezimmer und packte meine sicherheitshalber ein.

Jemand klopfte an meine Zimmertür. Es war Mom. Sie kam sofort herein.

"Kann ich dir helfen?", fragte sie.

"Uff, eigentlich nicht. Ich versuche gerade alles zu sortieren, was ich mitbrauche und was nicht."

"Seunghyun, du fährst nur zwei Tage weg. Außerdem 'sortiert' man nicht so, dass man einfach alles, was man nicht braucht, auf den Boden wirft", sagte sie und hob mit einem Finger ein frischgewaschenes und frisch aus meinem Kleiderschrank gekommenes Shirt auf.

Ich nahm es ihr weg und sie grinste hämisch.

"Komm, lass mich dir helfen", sagte sie und räumte sozusagen hinter mir her. Ich warf noch immer Kleidung auf den Boden und sie hob es auf und legte es in den Schrank zurück.

Außerdem war sie eine tolle Beraterin. Sie sagte mir, was ich mitnehmen sollte und was nicht.

"Zwei Tage, Seunghyun. Zwei Tage! Du brauchst keine vier Hosen."

So ging es weiter bis ich endlich fertig war. Fix und fertig.

Den restlichen Abend saßen wir auf der Bank und schauten fern.

"Und du hast auch alles im Griff?", fragte meine Mutter plötzlich.

"Was meinst du?", stellte ich ihr die Gegenfrage und drehte den Fernseher leiser.

"Naja, das mit der Hochzeit und danach ins Aufnahmestudio? Das meine ich."

"Mach dir keine Sorgen, Mom", versicherte ich ihr. "Ich werde das schaffen. Kommt Jihoo's Mutter eigentlich für die paar Tage vorbei?", erkundigte ich mich.

"Ja, sie wird morgen kommen und wir werden eine schöne Mädls-Zeit haben", sagte sie und freute sich. Sie so zu sehen machte mich glücklich.

Wenn es so schon anfing, was konnte noch großartig schief gehen?

Der FalscheWo Geschichten leben. Entdecke jetzt