Kapitel 37

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"Vorsicht!"

Sofort änderte sich die ganze Situation.

Ich hörte hinter mir die Reifen von Jihoo's Motorrad quietschen. Er versuchte gerade eine Vollbremsung hinzulegen.

Bevor ich ihm gleichtat, musste ich erstmal beide Räder des Motorrades auf den Boden bekommen, da ich zuvor einen Wheelie gemacht hatte. Das kostete mich natürlich Sekunden, wertvolle Sekunden.

Ich schaffte es nicht mehr rechtzeitig und stürzte.

"Seunghyun!", rief mein Halbbruder. Ich konnte in der Dunkelheit erkennen, dass er zu mir gelaufen kam. Er kletterte über den Baumstamm, der die Straße blockierte und der auch an meinem Sturz Schuld war. Ich hatte nicht mehr rechtzeitig bremsen können und krachte mit meinem Motorrad gegen den Stamm. Das Motorrad blieb zwar stehen und auf der Seite von der Straße, wo ich hineingekracht war, aber ich bin über den Stamm geflogen und unsanft auf den Boden gelandet. "Alles okay? Bist du verletzt? Sag doch was!"

"Ich... ich spüre meine Beine nicht mehr...", gab ich von mir.

"Shit!", gab er von sich. Er stand auf und fluchte, so wie ich ihn noch nie gehört hatte.

"Jihoo, das war ein Witz. Mir geht es gut", sagte ich und versuchte mir das Lachen zurückzuhalten.

"Seunghyun, du kleiner ...!", machte er. Sogar in dieser Dunkelheit konnte ich erkennen, dass er wütend war. Es war doch nur ein Witz gewesen... "Mach das nicht nochmal! Ich hatte so einen Schock!"

"Ich merke es", sagte ich und versuchte aufzustehen. "Au!"

"Nochmal falle ich darauf nicht herein!", sagte er und grinste mir zu. "Komm, wir fahren zurück. Wir müssen unbedingt den Alten davon erzählen; das ist die Hauptstraße, auf der alle Gäste kommen. Die muss unbedingt geräumt werden."

"Clevere Idee, aber ich scherze diesmal wirklich nicht. Ich glaube, ich habe mir meinen Arm gebrochen", sagte ich und hielt meinen Arm. Ich spürte einen stechenden Schmerz; taub war der Arm nicht, dennoch spürte ich ein komisches Gefühl. Es tat weh, aber es war nicht dieser Jemand-hatte-mich-gezwickt-Schmerz.

"Egal, wir schauen uns das zuhause an, okay? Kannst du dann überhaupt fahren?", fragte er und in dem Moment wünschte ich, dass ich den Scherz von vorhin nicht gemacht hätte. Jihoo glaubte mir nicht.

"Ja", sagte ich einfach und er fuhr schon los. Vorsichtig hob ich mein Motorrad auf und hoffte, dass es nur ein paar Kratzer abbekommen hatte. Ich stellte es auf und musste feststellen, dass einer der Seitenspiegel kaputt war und die paar Kratzer, mit denen ich gerechnet hatte, nur sehr wenige waren, bis gar keine.

Wenigstens das, dachte ich mir.

Einarmig fuhr ich nach Hause. Mehr als 50 km/h fuhr ich nicht, aber die Strecke war nicht so groß, die wir zurück gelegt hatten.

Als ich wieder in der großen Villa ankam, versuchte ich gar nicht mehr leise zu sein, denn Jihoo hatte bestimmt schon unseren Vater benachrichtigt über den Riesenstamm auf der Straße.

Ich schmiss meine Jacke auf den Sitz meines Motorrads und ging geradeaus zu meinem Zimmer.

"Mr. Seunghyun", grüßte mich eine der Zimmermädchen. "Solltet Ihr nicht schon in Ihrem Zimmer sein?"

Hatte Jihoo nicht Bescheid gesagt, sondern sich wieder reingeschlichen? Ach Gott, ich war ein Idiot. Da hat er sich bemüht unbemerkt wieder in die Villa zu kommen und ich ging einfach ohne irgendwelche Anstalten hinein.

"Ach, ich war nur auf der Toilette", sagte ich und lächelte peinlich berührt.

"Mit Motorradschuhen und vollkommen bekleidet?", sagte sie und sah mich skeptisch an. "Was ist mit Ihrem Arm passiert?"

Sobald sie das gesagt hatte, verschwand mein Lächeln. "Bitte sagen Sie nichts Vater."

Sie sah verwirrt aus; einerseits musste sie meinem Vater immer alles sagen und durfte auf keinen Fall lügen, aber ich sah, dass sie mir helfen wollte.

"Komm", sagte sie und zog mich an meinem gesunden Arm hinter sich her. Wir waren nun in einem Badezimmer und sie sperrte hinter uns zu. "Ich hab zwar nicht so viel Erfahrung mit solchen Verletzungen, aber ich glaube, das muss genäht werden."

"Genäht?", fragte ich nach und hoffte, mich verhört zu haben. Sie nickte aber bloß und ich blickte hinab auf meinen Arm. Er war offen.

Bei dem Anblick musste ich mich fast übergeben. Es war nicht schlimm; keine Knochen standen raus, aber es blutete enorm. Dass ich das nicht bemerkt hatte, wunderte mich. Jetzt tat die Wunde umso mehr weh.

"Danke", sagte ich ihr.

"Wieso bedanken Sie sich. Ich habe doch noch nichts gemacht", gab sie zurück und ich sah, wie sie etwas rot wurde.

Nach einer gefühlten Ewigkeit war sie fertig und ich bedankte mich noch einmal; dafür, dass sie mich verarztet hatte und dafür, dass sie nichts meinem Vater sagte.

Endlich war ich in meinem Zimmer. Ich legte mich ins Bett und sofort war ich im Traumland gelandet.

Der FalscheWo Geschichten leben. Entdecke jetzt