Ich starrte verdattert in die alten Augen, der Frau vor mir.
Sie sah so aus wie ich mir eine Hexe immer vorgestellt hatte. Graue , wuschelige Haare, die sie zu einem groben Dutt gebunden hatte. Ein langes, an manchen Stellen geflicktes, Kleid. Einen Zauberstab, auf dem sie sich abstützte.
Ein leichtes Lächeln legte sich auf ihre Lippen, als sie meinen Blick sah.
Das Mädchen lies mich los und rannte lächelnd auf einen Mann zu, der gerade eine schwere Kiste trug.
,, PAPA", rief sie ihm glücklich entgegen.
Der Mann blieb stehen und sah in die Richtung, aus der die Stimme des Mädchens kam.
Als er sie zwischen den anderen Leuten entdeckte, lies er die Kiste fallen und lief die letzten Meter seiner Tochter entgegen.
Es war ein herzzerreißendes Bild.
,, Wo ist deine Mama? Wo ist Mel?", hörte ich die Stimme des Mannes, als er seine Tochter auf den Arm genommen hatte.
,, Sie hat einen Dämonen von uns weggelockt, damit ich fliehen konnte", sagte das Mädchen und wischte sich ein paar Tränen von ihrer Wange.
Ich löste meinen Blick von der Familie und starrte die Hexe vor mir wieder an, bei der ich stehen geblieben war.
,, Ich denke, dass ich dir einiges Erklären muss", meinte die Frau mit einer Greisstimme.
Ich nickte, doch in dem Moment sah ich auch schon, wie Fillin auf mich zu kam.
Er diskutierte gerade, wild mit seinen Armen gestikulierend, mit einem anderen Mann, der um einiges älter war als er.
,, Es reicht jetzt, Fillin!", brüllte der Mann gerade den Werwolf an, ,, Du wirst nicht mehr lange vor deiner Verantwortung fliehen können"
Fillin ignorierte ihn.
,, Hallo Leonie, es ist schön das du noch lebst, aber auch nicht unerwartet", begrüßte er mich.
,, Das ist also der Engel", meinte der ältere Herr und musterte mich abschätzend.
,, Dieser Engel hat uns schon mehr gegen Timandra geholfen, als sie weiß", hörte ich die Hexe sprechen, die mit ihrem Zauberstab auf mich zeigte.
Ich hatte das Gefühl, als würden sie über jemanden Reden, der sich gar nicht in diesem Raum befand.
,, Es wäre unserem König eine Ehre, wenn du bei unserem Kriegsrat teilnehmen würdest", erklärte Fillin.
,, Kriegsrat?", fragte ich und fühlte mich, kaum das die Worte über meine Lippen gekommen waren, dumm.
,, Er beginnt heute Abend", war die einzige Erklärung, die ich von Fillin bekam, bevor er sich auf dem Absatz umdrehte und ging.
,, Es war mir eine Ehre sie kennen gelernt zu haben", verabschiedete sich nun auch der andere Mann, der daraufhin Fillin folgte.
Nun war ich wieder mit der Hexe alleine.
,, Sie erinnern mich an jemanden", sagte ich, da ich die Stille zwischen uns für einen kurzen Moment brechen wollte.
Die Frau nickte. ,, Es würde mich wundern wenn nicht", antwortete sie und drehte sich um.
Ich blieb an meinem Punkt stehen und sah der Dame beim Gehen zu.
,, Folge mir", krächzte sie ohne sich umzudrehen und winkte mit ihrem Stab.
Langsam folgte ich ihr.
~~~~~~~~~
,, Warum sind sie jetzt erst aufgetaucht? Ich meine sie sind eine Hexe, da werden sie bestimmt große Macht haben und hätten uns bei früheren Problemen helfen können", brach ich die Stille, die nun schon lange über mir und der Hexe lag.
Bei meinen Worten musste ich an die Wasserstadt denken, in der wegen mir keiner überlebt hatte und an Sergej, der von Demetrius umgebracht wurde.
Der Vampir wird dafür bezahlen müssen, was er ihm angetan hat!
Die Hexe hat mich durch Geheimgänge und Hauptstraßen der Stadt geführt, aber wir waren immer noch nicht an unserem Ziel angekommen.
Die Sonne war untergegangen und der Mond schien ungewöhnlich hell auf uns hinab. Hier in Mirabea schienen die Sterne auch heller am Himmel, als in Berlin.
In Berlin hat man sie nur schlecht gesehen.
,, Leonie eins musst du wissen, ich war immer da und konnte das Geschehene trotzdem nicht verhindern", erklärte sie mir und steuerte Zielstrebig auf ein kleines Haus zu.
,, Sie waren nie da! Ich habe sie nie gesehen", während ich das sagte wurde ich immer lauter und funkelte die Hexe wütend an.
,, Magie ist ein untreuer Verbündeter. Er kann sich auch gegen einen Wenden und einem schlimme Dinge antun", behauptete die Hexe und öffnete die Tür.
In der Hütte befand sich eine Treppe, die weit nach unten ins dunkle Führte. Mich erinnerte das an die Eiswüste, die ich in genau so einem ähnlichen Ort in der Vampirstadt gefunden hatte.
Die Hexe schnippte und eine Flamme tanzte auf ihrer Hand herum, als sie sich auf den Weg in die Dunkelheit machte.
,, Was ist hier unten?", wechselte ich das Thema.
,, Das wirst du gleich sehen", war ihre einzige Antwort.
Ich hatte mehr erwartet, als ich die letzte Stufe hinunter gegangen war.
Die Fackeln, an den Wänden sprangen an und zeigten den Raum.
In der Mitte befand sich ein Holzpfahl und an ihm war eine Person gebunden.
Ich brauchte etwas, biss ich die blutverschmierte Person erkannte.
Haniel hatte überlebt. Ich habe ihn -zum Glück- nicht umgebracht.
Ein Stein fiel von meinem Herzen, aber ich hatte das Gefühl, dass eine neue Last auf mir landen wird, wenn ich noch einen Schritt weiter ging.
Langsam hob er den Kopf.
Müde lachte er mich höhnisch an, dann fiel sein Blick auf die Hexe.
Sein Blick verfinsterte sich Schlagartig und ich hatte das Gefühl, wenn seine Fesseln nicht wären, dann würde er versuchen zu fliehen.
,, Er ist von einem Dämonen besessen und du musst versuchen ihn auszutreiben", erklärte mir die Hexe und wand ihren kalten Blick nicht von dem Engel ab.
,, Ein Exorzismus?", fragte ich die Hexe verwirrt.
Ich hatte davon schon von meinen Klassenkameraden gehört, aber ich fand die Filme in denen das gezeigt wurde immer zu unheimlich.
Die Hexe nickte.
,, Ist das nicht religiöses Zeug?", fragte ich sie verwirrt.
In einem Film, von dem mir eine Freundin mal erzählt hatte, da musste ein Pfarrer den Exorzismus durchführen, aber ich kannte mich damit wie gesagt nicht aus.
,, In deiner Welt ist ein Engel wohl Religiös genug", meinte die Hexe.
Haniel sah mich wütend an.
Ich ging einen Schritt auf Haniel zu und wusste keinen Schritt mehr weiter.
Was soll ich machen?
,, Mitsuru wir hatten eine Abmachung", brüllte Haniel plötzlich wütend und zog an seinen Ketten, die zum Bersten gespannt waren.
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Engel weinen nicht
Vampire~ ,, Leonie, lauf weg. Renn nach Hause und schließ alles ab", sagte Lucius mit einem fast befehlenden Ton. Ich sah mich panisch um. An dem Psycho konnte ich nicht vorbei und hinter mir war ein ziemlich steiler Abhang. Ich sah wieder zu den beiden...