Engel weinen nicht

Kapitel 49: Die Schützin

*Lucius*

,, Mach das nicht, Selena", sagte ich und starrte das Mädchen an, die gerade ihren Bogen auf mich gerichtet hatte.

,, Warum sollte ich es nicht tun, Lucius?", zischte sie mich an und zog noch etwas mehr an der Sehne.

,, Du würdest es nicht mit deinem Gewissen vereinbaren können", versuchte ich ihr zu erklären und hoffte, dass sie noch so war wie früher, wenigstens ein wenig.

Sie schien darüber nachzudenken, aber lies ihren Pfeil nicht los.

,, In diesem Moment wird der Engel zu meiner Königin gebracht und Timandra wird über sie richten!", wechselte Selena das Thema und starrte mich mit traurigen Augen an.

,, Simon", zischte ich und ballte meine Hände zu Fäusten.

Selena nickte, ,, Und er hat mir gesagt, dass ich dich umbringen soll"

,, Das bist nicht du, Selena! Hör nicht auf Simon und hilf uns dabei Timandra zu stürzen", bat ich sie und ging einen Schritt näher auf sie zu.

,, WAG ES NICHT", bluffte sie mich an und hob ihren Bogen. Sie war bereit zum Schießen.

Ich sprang beiseite und ihr Pfeil flog knapp an mir vorbei.

Sofort stand ich wieder auf meinen Beinen und rannte auf sie zu.

Sie spannte schon den nächsten Pfeil.

Wieder konnte ich ihr gerade so ausweichen und erreichte sie.

Ich schlug ihr ihren Bogen aus der Hand und hielt ihr mein Schwert an ihre Kehle.

,, Wo ist Simon?", knurrte ich und sah ihr böse in die Augen. In die Augen, die das selbe helle blau hatten, wie meine.

,, Auf dem Weg zu Timandra", antwortete sie und schien keine Angst zu haben.

,, Bring mich dorthin", befahl ich ihr und schubste sie in Richtung Schlosseingang.

,, Lucius", hörte ich die piepsende Stimme des Kobolds.

Der kleine grüne Wicht stand an einem der wenigen Häuser, die noch nicht Feuer gefangen hatten und zeigte in eine Richtung, die an der Schlosswand entlang führten.

,, Leonie", gluckste er und deutete nochmal zu der Hauswand.

,, Ja ich will zu ihr und Selena wird uns jetzt zu ihr führen", grunzte ich und schubste sie weiter in Richtung Eingang.

Der Kobold folgte uns mit etwas Abstand und quengelte weiter herum.

Ich hielt Selena mein Schwert an den Rücken und hoffte, dass sie so nicht auf dumme Gedanken kam.

,, Simon ist immer noch besser im Kämpfen, als du", erklärte mir Selena, während wir eine Treppe nach oben liefen.

,, Mir egal", schnaubte ich und sah zu dem Kobold, der Schwierigkeiten hatte die Treppen nach oben zu kommen.

,, Zudem habe ich gehört, dass Valentin bei dem Kampf um diese Stadt gestorben ist", plapperte Selena munter weiter.

Ich sah sie wütend an. ,, Wo hast du das her?", fragte ich und versuchte nicht so zu klingen, als würde ich es ihr glauben, was mir aber nicht gelang.

Sie fing an breit zu grinsen.

,, Er ist so gestorben wie er gelebt hat. Erbärmlich", versuchte sie mich weiter zu provozieren.

Ich glühte vor Wut und würde sie am liebsten umbringen, aber das würde mir in diesem Moment auch nicht weiter helfen.

Endlich kam der Kobold an der obersten Stufe an und wir konnten weiter gehen.

Er ist nicht tot, er ist nicht tot! Wiederholte ich immer wieder in meinem Kopf. Er darf nicht tot sein.

,, Warum seit ihr überhaupt hier? Valentin wollte nie mehr nach Mirabea zurück, außerdem wurde er verband!", fragte Selena und redete viel zu laut. Scheinbar wollte sie, dass uns alle hörten, die sich in unserer Nähe befanden.

Wir kamen an einer großen Tür an und der Kobold versteckte sich hinter meinen Beinen, als würde Gefahr hinter der Tür lauern.

Vorsichtig öffnete ich die Tür und sah viel zu viele Vampire, die gerade durch den Gang gingen. Alle mit dem Rücken zu mir und in ihrer Mitte Leonie.

,, Achtung, Simon", brüllte Selena so laut sie konnte.

Schnell stellte ich mich hinter sie und hielt ihr mein Schwert an die Kehle.

Vielleicht schießen sie dann nicht, dachte ich, während ich sah wie sich die Vampire blitzschnell umdrehten und ihre Waffen zogen.