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Du bist das beste was mir jemals passiert ist.

Valentino's süße Liebeserklärung dreht immer noch ihre Kreise in meinem Kopf, obwohl wir uns bereits in den letzten drei Runden des Rennens befinden. Ich kann nicht aufhören über diese Worte nachzudenken. Seine liebevolle Stimme, die Art wie er mich an sich drückt und allen um sich herum zeigt das ich ihm gehöre. Womit habe ich diesen Mann verdient?

Uccio's Flüche auf Italienisch, die sich von der linken Seite in mein Ohr drängen, reißen mich aus meinen Gedanken. Ich konzentriere mich nun auch wieder zu hundert Prozent auf den Bildschirm vor mir. Und was ich dort sehe, verschafft mir mehr als nur eine Gänsehaut. Mein Magen grummelt, und ich muss mich wohl wirklich mit der Tatsache anfreunden das ich mich untersuchen lassen muss. Marc hat es schon vor ein paar Runden geschafft die Führung zu übernehmen, dahinter streiten sich zwei Spanier und ein Italiener um das Podium.

Dem einen gehört mein Herz,

die anderen hätten es gerne.

Ich springe fast von meinem Stuhl als Vale versucht Jorge zu überholen. Es gelingt ihm, aber gerade sauber sah es nicht aus. Ich sehe jetzt schon die Pressekonferenz auf uns zu kommen, in der Mr. Lorenzo sich über diese Situation beschwert. Valentino wird nur darüber grinsen.

Dani fährt als zweiter über die Ziellinie. Nun sind es noch genau zwei Runden die uns bevor stehen. Mit zusammengekniffenen Augen zerquetsche ich fast Uccio's Hand, und beobachte wie Jorge mit seiner Ducati zum Gegenangriff startet. Er steht in Flammen, das spüre ich bis hier, und er will dieses Podium unbedingt. Was er, denke ich, noch viel mehr will ist Valentino zu schlagen. Das Duell zwischen den beiden kostet so viel Zeit das Dani es tatsächlich schafft sich abzusetzen. Jetzt geht es nur noch um Platz drei.

Meine Angst zerfrisst mich immer mehr von innen. Ich warte nur noch auf den Moment, in dem einer von beiden durchdreht. Und ich weiß ganz genau: dieser wird kommen.

Als es in die letzte Runde geht nutzt Jorge den Windschatten perfekt aus, überholt Vale, der sich frustriert eine Folie von dem Visier abreißt. Er ist stinksauer.

Wie aus heiterem Himmel sticht er Jorge in die Ducati, der Versuch ihn zu überholen, scheitert. Er verliert einige Meter auf ihn, die er aber sofort wieder aufholt.

Bau jetzt keinen Mist, nur weil es dieser verdammte Spanier ist, denke ich mir, dabei sehe ich die schwarz-weiß karierte Flagge schon. Das Ende des Rennens.

Unglaublich erleichtert darüber das es Vale gut geht, und er auf dem Motorrad sitzen geblieben ist, stehe ich auf, um ihn zu begrüßen, als er zurück in die Box fährt. Aber seine Augen blitzen, als er mich sieht. Ich halte mich also zurück, und beobachte wie er seinen linken Handschuh auszieht, und ihn auf seinen Tank schleudert, noch bevor Uccio danach greifen kann. Dann versucht er den zweiten auszuziehen, da steckt allerdings seine Hand fest. Wieder einmal höre ich irgendwelche Flüche auf Italienisch, nur diesmal kommen sie aus Valentino's Mund. Als er seine Hand endlich befreien kann, wird auch der andere Handschuh auf den Tank der Yamaha geschleudert. Dieser allerdings fällt herunter. Langsam hebe ich ihn auf, lege den Handschuh vorsichtig auf den Tank ab, und Valentino drängelt sich an mir vorbei, nachdem er auch den Helm abgelegt hat. Er beachtet mich kein bisschen.

Langsam folge ich ihm zum hinteren Teil der Box. Ich weiß das er wütend ist darüber es nicht auf das Podium geschafft zu haben, aber das es gleich so schlimm ist? Ganz vorsichtig lege ich meine Hand auf seine Wange, aber von meiner liebevollen Geste scheint er alles andere als begeistert zu sein. Er entzieht sich meiner Hand, und öffnet seinen Rennanzug. „Hör auf damit!", zischt er, und lässt mich hier alleine stehen. Völlig fassungslos bleibe ich in der Box zurück, wie bestellt und nicht abgeholt. So war meine Welt vor fünfundvierzig Minuten noch völlig in Ordnung, jetzt steht sie lichterloh in Flammen.

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