Kapitel 66 (Ich bin zurück!!)

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Mitten im Juli prasselt der Regen auf die Dächer der Häuser in Tavullia nieder, und ich frage mich heute schon mindestens das zehnte Mal ob es überhaupt jemals wieder aufhören wird. Ich stehe gerade in der Küche, als ich einen kleinen Blick nach draußen wage, aber es scheint daraufhin nur noch heftiger zu donnern.

Es kann nicht mehr lange dauern, Luisa, mach dir keinen Kopf.., flüstere ich mir selbst zu, schneide weiter den Apfel vor mir in kleine Stücke, die ich daraufhin zu dem anderen Obst in die Schüssel kippe.

Ich setze gerade das Messer an die andere Hälfte des Apfels an, als sich plötzlich die Tür öffnet. Valentino zieht sich die völlig durchnässte Jacke aus, während Uccio sich um seine Schuhe kümmert. Verdammt!, höre ich mich selbst innerlich fluchen, weil das Messer wohl eher meinen Finger getroffen hat, als den Apfel, halte ihn schnell unter das Spülbecken, und lasse Wasser über die offene Stelle laufen. „Lass mal sehen..", meint Valentino plötzlich neben mir, greift nach meiner Hand, die blutüberdeckt ist. „Das ist ziemlich tief. Ich glaube wir fahren besser ins Krankenhaus."

Unmittelbar nachdem Vale seine Worte ausgesprochen hat, seufzt Uccio tief, der sich mittlerweile auf die Couch gesetzt hat. „Bei dem Wetter? Willst du mich verarschen? Noch mal lasse ich mich nicht wegspülen..!" Valentino schüttelt daraufhin nur den Kopf, wickelt währenddessen meine Hand mit einem Tuch ein, und greift noch einmal nach meinem Arm. „Meine Frau – nicht dein Problem, du kannst ruhig hier bleiben, wir fahren!" Er will mich in Richtung Türe ziehen, aber ich halte mich zurück. „So schlimm ist es doch gar nicht, ich meine... ehrlich, deshalb müssen wir nicht zum Arzt."

Valentino's Augen weiten sich. „Hast du völlig den Verstanden verloren? Komm schon, das ganze Tuch ist bereits rot! Du fährst mit mir mit, ob du willst oder nicht!"

Ich gebe also nach, hole mir noch schnell ein neues Tuch, bevor wir ein paar Sekunden später fast klitschnass im Auto sitzen. Genervt streiche ich mir durch die Haare, presse dann das Tuch wieder fest auf den Finger, da ich Angst habe, Vale's Autositz mit Blut zu beschmutzen. „Ah, scheiße, das tut echt weh..", murmle ich vor mich hin, während ich versuche nicht auf den Finger zu schauen. „Du hättest auch in den Apfel schneiden sollen, und nicht quer Beet durch den Finger..", Vale kann sich ein Grinsen nicht verkneifen, und schaltet einen Gang höher. Ich verdrehe nur die Augen.

Dann lasse ich mich nach hinten in den Sitz fallen. „Sehr witzig, Herr Rossi!"

Den Rest der Fahrt schweigen wir beide. Wobei es kein wirkliches Schweigen ist. Es sind die Blicke, die wir uns immer wieder gegenseitig schenken – auf diese eine besondere Art, wie wir uns eigentlich nur anschauen wenn Valentino gerade auf sein Motorrad steigt.

Pass auf dich auf, ich brauche dich.

Wir  brauchen dich.

Als Vale in der Notaufnahme parkt, kommt mir wieder der Gedanke in den Sinn, das ich es seit fast Zwei Einhalb Wochen vor mich her schiebe einen Test zu machen. Eigentlich könnte ich mich jetzt auch im Krankenhaus untersuchen lassen.. Ich kann unmöglich mit Ungewissheit in den Urlaub fahren, richtig? Ich kann mich nicht weiter verstecken vor etwas, das ich doch bereits weiß. Richtig?

Valentino reißt mich aus meinen Gedanken, indem er mir über die Wange streichelt. „Komm, wir müssen rein!" So schnell ich mit einem Arm in der Lage bin, öffne ich die Türe. Dann greift der Italiener nach meiner gesunden Hand, und wir laufen zusammen in das Gebäude. Da ich mich mittlerweile wirklich unwohl fühle, und ich den ganzen Boden vollblute, werden wir beide sofort in ein kleineres Zimmer gebracht. Der Arzt schaut sich meinen Finger an, während zwei der Schwestern in der hintersten Ecke stehen, so tun als würden sie für das Nähen vorbereiten, aber eigentlich nur am Quatschen sind. Und ich weiß genau worüber.

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