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Louis

Vielleicht war ich nicht tot gewesen, wahrscheinlich nicht mal knapp davor. Aber wenn es mir jemand gesagt hätte, wäre ich sicher nicht verwundert gewesen.

Wenn es also nicht der Tod gewesen war, musste es ein traumloser Schlaf gewesen sein. Der tiefste, den ich je hatte. Ich war mir definitiv nicht bewusst gewesen, dass ich schlief. Ich war mir Nichts bewusst gewesen, nichtmal meiner eigenen Existenz.
Wie gesagt, quasi tot.

Und außerdem musste ich lange geschlafen haben. Zumindest konnte ich mich gerade nicht an das letzte Mal erinnern, das ich wach war. Es musste Ewigkeiten her sein.

All das wurde mir in der einen Sekunde zwischen besagtem Schlaf und Wachzustand bewusst. Kurz lag ich einfach unbewegt da, wurde mir wieder meines eigenen Körpers bewusst. Ich spürte eine Matratze und ein Kissen unter, eine Decke über mir. Ich fühlte Wärme, aber gleichzeitig war es kalt.

Dann öffnete ich langsam die Augen.
Mein Blick musste sich erst scharf stellen, als hätte ich meine Sehkraft zu lange nicht genutzt.

Beinahe erschrak ich, als ein grünes Augenpaar nur wenige Zentimeter von meinem eigenen entfernt vor mir schwebte und sich dann überrascht weitete. Dann nahm ich auch das sanfte Lächeln wahr, das sich auf den dazugehörigen Mund legte.
Es war Harry.

»Hey Louis«, er sprach sanft und leise, als hätte er Angst, mich zu verschrecken, »Du bist endlich wach.« Für einen kurzen Moment lächelte er einfach erleichtert. »Wie geht es dir?«

Bei der Frage fiel mir zum ersten Mal auf, wie krank ich mich eigentlich fühlte. Mein Kopf tat weh, mein Körper fühlte sich seltsam an und mein Hals brannte und kratzte schrecklich.

»Mir ist heiß.« Meine Stimme war schwach und hörte sich nicht wie meine eigene an. Ich setzte mich langsam auf und lehnte mich dann mit dem Rücken an die Wand. Es war anstrengend. Ich zog die Beine an meinen Körper.

Harry nickte verständnisvoll. »Das kommt vom Fieber. Du musst unbedingt trinken, Louis. Hier.« Er hielt eine Teetasse hoch und kletterte dann einfach neben mir auf die Matratze. Vorsichtig drückte er die Tasse in meine kraftlosen Hände. Er versicherte sich erst, dass ich stark genug war, bevor er sie wieder losließ.

Skeptisch sah ich den rötlichen Tee an. Früchtetee, den hatte ich nie gerne gemocht.
Ich verzog mein Gesicht. »Ich mag keinen Früchtetee.«, sagte ich stur. Harry lachte.

»Das ist dann Pech. Ungesüßter Früchtetee ist das Beste, was du jetzt trinken kannst.« Ich sah den Tee weiterhin feindselig an und beschloss, später vielleicht etwas davon zu trinken.

»Wie lange habe ich geschlafen?«, fragte ich nach einer Weile. Langsam wurden meine Erinnerungen an die Stunden im Regen klarer.

»Achtunddreißig Stunden. Heute ist Dienstag, es ist fast 15 Uhr.«, antwortete Harry schlicht und ich fühlte mich nicht dazu im Stande zu überlegen, ob das lang oder kurz war.
Plötzlich hatte ich so etwas wie ein Déjà-vu oder so ähnlich und die ganze Geschichte, wie Niall und Harry mich ausgesperrt hatten, fiel mir wieder ein.

»Wieso habt ihr mich ausgesperrt?«, fragte ich also und sah den kleineren Jungen neben mir an.

Harry seufzte leise. »Nach der Sache mit dem Tee fand ich, dass diese Kriegssache ein Ende haben muss. Und weil ich weder mit dir noch mit Niall darüber reden konnte, bin ich zu Liam gegangen.« Ich runzelte die Stirn, ließ ihn aber weitererzählen. »Ich habe ihm gesagt, dass ich das nicht mehr wollte und er hat mich verstanden. Er war der Meinung, dass wir dich nur überzeugen konnten, wenn du selbst merkst, wie unsinnig es ist. Also hat er sich das mit dem Aussperren ausgedacht. Nia-«

One room • l.sWo Geschichten leben. Entdecke jetzt