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Harry

Vielleicht blieb die Zeit kurz stehen, vielleicht hörte aber auch mein Herz für einen Moment auf zu schlagen. Wahrscheinlich war es nichts von beidem, aber, als was auch immer mich betäubte wieder aussetzte, spürte ich meinen rasenden Herzschlag bis in die Fingerspitzen.

Vergeblich versuchte ich die Worte zu erfassen, die Louis ausgesprochen hatte, aber sie schienen sich mir zu entziehen, als flüchteten sie in eine andere Dimension.
Ich fühlte mich, als müsste mein Gehirn sich übergeben.

»Harry?« Louis sah mich besorgt an, ich erkannte, dass beide seiner Hände bereit waren, sich um meine Hüfte zu schließen, sollte ich umkippen. »Geht es dir gut?«

Nein. Nein, es ging mir nicht gut.
Ich spürte die Tränen sich in meinen Augen sammeln. Louis liebte mich.

Schuld breitete sich wie ein schnell tötendes Gift in mir aus. Ich hatte ganz einfach noch nicht so weit gedacht. Oder gelebt. Gefühlt.
Bei uns war alles schnell gegangen, schnell von unserem ersten Kuss an. Das war niemals etwas schlechtes gewesen, nur eine Bestätigung. Aber ich hatte noch nicht über eine Betitelung von tieferen Gefühlen für Louis nachgedacht. Es war einfach richtig, es waren Louis und ich.

Ich schluckte, als könnte das irgendetwas in mir aufklären. »Louis, es tut mir so leid.« Krampfhaft versuchte ich, nicht zu blinzeln, um die Tränen am Fallen zu hindern.

Louis schüttelte energisch den Kopf, und ich wünschte mir, er hätte so viel mehr in seinem Leben. »Nein, Harry, hey, es ist alles okay!«

Ich schüttelte meinen Kopf energischer als er es getan hatte. »Bitte, Louis, hör mir zu. Ich versuche- ich kann versuchen... Ich fühle mich so schlecht, Louis. Bitte, bitte glaube nicht, dass ich dir wehtun will oder du mir nicht ernst bist. Ich kann das jetzt nicht zu dir sagen, ich weiß nicht, ob es stimmt. Und du bist der allerletzte Mensch, der es verdient, über Liebe angelogen zu werden.« Liebe. Das Wort hörte sich so verräterisch an, wenn ich es nicht so aussprach, wie Louis verdiente es zu hören. Ich hatte noch nicht einmal darüber nachgedacht, dass das, was ich für Louis empfand, Liebe sein könnte. Wie konnte ich nur so ungerecht sein? Louis gestand mir seine Liebe, und ich hatte noch nicht mal einen Gedanken an Liebe verschwendet.

»Harry, ich verstehe das!« Louis legte allen Nachdruck in seine Stimme, aber es änderte nichts daran, dass ich mich wie ein Heuchler fühlte. »Glaub mir, wenn du in meinen Kopf hättest sehen können, als ich mich zum ersten Mal gefragt habe, wie ich weiß, dass...du weißt schon«, ich wusste, dass er es nicht aussprach, damit ich mich nicht noch schuldiger fühlte, »alles hier oben war irgendwie plötzlich komplett durcheinander.« Er zeigte auf seinen Kopf, um seine Worte zu unterstützen. »Ich kann es vielleicht nicht genau erklären, Harry. Aber ich verstehe, dass du Zeit brauchst, um dir klar zu werden. Ich habe es geschafft, also kannst du es auch. Du musst verstehen, dass es keine Pflichten für dich gibt, und keine Fristen. Ich kann warten.«

Ich hasste es, dass Louis so verständnisvoll war. Es gab mir das Gefühl, als wäre alles okay. Als wäre es nicht das schlimmste, was einem überhaupt passieren könnte, wenn man seine Liebe gestand, und die Worte nicht erwidert wurden.

Wie war es möglich, dass Louis mit dieser Situation besser umging als ich? Ich realisierte, wie unfair das für Louis war. Er war es, den die Ungerechtigkeit traf, ich sollte es ihm nicht noch schwerer machen. Also zwang ich mich zu nicken.

»Danke, Louis.«

Er nickte sichtlich erleichtert. »Wir haben die Zeit, zu warten, Harry. Und ich werde warten. Das verspreche ich dir. Das einzige, was du nicht vergessen darfst, ist, dass ich dich verstehe, und alles gut ist, solange du dir selbst ebenso die Zeit lässt.«

One room • l.sWo Geschichten leben. Entdecke jetzt