Harry
»Ich hatte ganz vergessen, wie Eistee schmeckt.« Ich nahm irgendwie überwältigt einen weiteren Schluck von dem süßen Getränk. Der Eistee war kalt genug, dass das Glas zwischen meinen Fingern beschlug. »Es gab hier keinen Eistee mehr seit...- wie lange nicht mehr?« Ich sah Niall und Liam Hilfe suchend an und stellte das Glas zurück vor mir auf den Tisch.
»Bestimmt nicht mehr seit der achten Klasse. Vielleicht ist es noch länger her.«, überlegte Liam und ich nickte zustimmend.
Louis stocherte in seinem Curry herum. »Und du hast zuhause niemals Eistee getrunken?«, fragte er mich skeptisch. »Also außerschulisch?« Ich schüttelte den Kopf.
»Ha!«, er grinste schief – das schiefe Grinsen, das ich so sehr an ihm liebte. »Also ich habe mir Eistee ziemlich versaut. Alkohol kann einem eine Menge Dinge für immer ruinieren, glaubt mir.«
»Hast du eine Liste?«, Liam grinste mit vollem Mund.
Louis schüttelte den Kopf. »Nö. Aber wenn ich eine hätte, hätte sie Aufsatzlänge.«
»Na mal sehen, wann die Liste lang genug ist, dass Alkohol dir endlich Alkohol ruiniert.« Niall schob sich eine Gabel Reis in den Mund und setzte sofort sein Eisteeglas an die Lippen.
»Trinkst du nicht, Niall?«, fragte Louis mit gehobenen Augenbrauen. »Oder spielst du einfach nur die Moralapostel?«
»Er trinkt.«, beantwortete ich die Frage – wofür ich einen strafenden Blick von meinem besten Freund kassierte.
»Ab und zu!«, ergänzte Niall mit Verteidigung in der Stimme. Er sah Louis herausfordernd an. »Ich übertreibe es nur nicht.«
Louis verdrehte wortlos die Augen, ich lehnte meinen Kopf gegen seine Schulter. Auch wenn das nicht gerade praktisch war beim Essen. Louis rückte wie selbstverständlich mit seinem Stuhl näher an meinen, damit ich es bequemer hatte.
»Trinkst du, Zayn?«, meldete Liam sich wieder zu Wort.
Zayn, der bisher still vor sich hin gegessen hatte, sah jetzt auf. Er und Louis hatten als einzige ein Glas Wasser vor sich stehen. Zayn sah Liam nur flüchtig an. »Ja, Liam. Aber nur Portwein. Denn, Liam, der Rest schmeckt nicht.«
Louis sah mich mit einem Zwinkern an. Mit dem stumm mit seinen Lippen geformten ›Name‹ wies er mich auf Zayns Eigenart hin. Ich nickte sanft. Dann hob ich kurz den Kopf von Louis' Schulter, um mehr von dem Eistee zu trinken. Langsam wurde mir das Getränk zu süß und ich stellte es sofort wieder zurück. Als könnte Louis meine Gedanken lesen, bat er mir sein Wasserglas an. Dankbar nahm ich es ihm ab.
»Es ist witzig, Zayn«, begann Niall jetzt, während sein Blick sich nicht zwischen Zayn und seinem Teller entscheiden zu können schien, »ich habe noch nie jemanden getroffen, der so sehr seine eigene Ästhetik trifft wie du deine Künstler-Ästhetik triffst. Du trinkst nur Wein, hast als Kind quasi zwischen einigen der größten Werke der berühmtesten Maler überhaupt gespielt und dann noch die französische Aussprache von manchen Wörtern. Wenn du morgen auch noch ein Barett trägst, verkleide ich mich als Kleeblatt!« Als würde das seine Worte untermalen, schob er sich eine gewaltige Portion seines Currys in den Mund.
»Ich würde dich gerne als Kleeblatt sehen, Ni.«, eröffnete ich ihm. Ich kassierte den nächsten dunklen Blick meines besten Freundes.
»Es tut mir leid, Harry, aber ich besitze kein Barett.« Zayn sah mich an und zuckte die Schultern. »Und außerdem braucht man sowieso Locken, um gut mit einem Barett auszusehen.«
Mit gerunzelter Stirn ließ ich mir diese These durch den Kopf gehen; und befand sie als falsch. Louis beispielsweise würde in einem Barett so gut aussehen wie in allem anderen auch. Und er hatte garantiert keine Locken – ich liebte seine weichen, perfekten Haare. Er benutzte ein teuer aussehendes Shampoo, das nach Meerjungfrauenglitzer und Sonnenschein an einem Tropenstrand roch. Ich hatte es ein paar mal benutzt, aber mit meiner Haarstruktur vertrug es sich überhaupt nicht. Aber vielleicht war es auch gut, dass dieser Geruch allein zu Louis gehörte.
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One room • l.s
RomanceLouis' Eltern sind reich. Doch vermag es auch das Geld nicht, ihrem Sohn das schlechte Verhalten und die Kriminalität auszutreiben. So kommt es, dass sie beschließen, ihn auf ein Internat zu schicken. Louis hält nichts von dieser Maßnahme. Und als...