Louis
Eine ruckartige Bewegung von Harry weckte mich am nächsten Morgen. Müde blinzelte ich ein paar Mal, um zu realisieren, dass wir gestern im Sitzen eingeschlafen und in der Nacht ins Liegen gerutscht waren. Schon jetzt spürte ich einen Anflug der Nackenschmerzen, die später auf mich zukommen würden.
Ich verstand erst, was Harrys Bewegung gewesen war, als die Tür leise geöffnet wurde. Er war aufgestanden.
»Wo...?« Mehr kriegte ich nicht raus, aber Harry drehte sich sofort zu mir um.
»Habe ich dich geweckt?«, fragte er mit stark gesenkter Stimme und schuldbewusstem Blick. »Ich gehe nur Zähne putzen, schlaf einfach weiter, Lou.« Er sah meinen ratlosen Blick und fügte hinzu: »Wir sind gestern vorher eingeschlafen, ich muss jetzt einfach Zähne putzen.« Damit schlüpfte er aus der Tür.
Ich überlegte, ihm zu folgen, doch dann fiel mein Blick auf meinen Wecker und plötzlich fühlte sich meine Müdigkeit noch viel schwerer an. 5:54 Uhr. Noch lange keine Zeit zum Aufstehen.
Erschöpft ließ ich mich wieder in mein Kissen sinken, mit dem Vorsatz, zu warten, bis Harry zurück war. Doch ich hielt es nicht mal zwei Minuten aus, bis ich wieder wegdöste.
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Als ich das nächste Mal aufwachte, lag einer meiner Arme um Harrys Taille und sein Kopf halb auf meiner Brust. Zur Sicherheit sah ich nun lieber gleich auf den Wecker, doch er zeigte diesmal eine weitaus menschlichere Uhrzeit an; 8:42 Uhr. Leise seufzte ich und schenkte meine Aufmerksamkeit jetzt dem schlafenden Jungen in meinen Armen.
Leise passierte Harrys Atem seine leicht geöffneten Lippen, einige Locken hingen ihm in die Stirn. Seine Gesichtszüge waren entspannt und makellos, als hätte er sie noch nie benutzt. Er sah so friedlich aus, dass es wie eine Sünde schien, dass er irgendwann aufwachen müsste.
Wie eine meterhohe Welle überschlugen mich plötzlich alle Erinnerungen an gestern Abend mit aller Macht. Wie ein Kurzfilm wiederholte sich alles in meinem Kopf, ein Kuss, für den ich töten würde.
Es war unglaublich; Louis Tomlinson, der Junge, der zahllosen Mädchen erklärt hatte, dass er sanfte, gefühlvolle Küsse ganz einfach nicht mochte, hatte nun wohl endlich die Unwahrheit dieser Worte entdeckt. Also stimmte es doch. Es kam auf den Küsser an, es musste ganz einfach der oder die Richtige sein. Und das schien Harry für mich zu sein.
Doch ich hatte mir vorgenommen, ihm nicht zu sagen, dass er im Stande gewesen war, meine Meinung zu Küssen komplett zu ändern – und das auch noch mit seinem allerersten Kuss jemals. Ich wollte sein Ego nicht zu sehr pushen. Zwar war Selbstsicherheit eine super Sache und ich hatte keine Scheu davor, Harry Komplimente zu machen, aber da musste ich ja nicht gleich mit dem Raketenstart aller Ego-Booster beginnen. Also würde ich ihm nicht von meinem Sinneswandel – allein von seinen Lippen ausgelöst – erzählen.
Und wenn er nicht zufällig einer meiner Exfreundinnen begegnete, würde die Sache auch niemals ans Licht kommen.Aber es war absolut wahr. Wenn ich könnte, würde ich Harry gefühlvoll küssen, bis ich irgendwann umfiel.
Ich verlagerte nur leicht mein Gewicht anders, doch mit der Bewegung spürte ich sofort einen unangenehmen Druck auf meiner Blase. Ein paar Minuten lang versuchte ich, das zu ignorieren, aber es ging nicht.
Behutsam versuchte ich also, meinen Oberkörper unter Harry wegzuziehen. Ich bettete seinen Kopf vorsichtig wieder auf das Kopfkissen. Als er plötzlich leise seufzte und sich mit einer Hand eine der Locken aus der Stirn strich, hatte ich schon Angst, ihn geweckt zu haben. Doch nachdem ich etwa zwanzig Sekunden regungslos dagelegen hatte, hatte er noch immer geruhsam die Augen geschlossen.
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One room • l.s
RomanceLouis' Eltern sind reich. Doch vermag es auch das Geld nicht, ihrem Sohn das schlechte Verhalten und die Kriminalität auszutreiben. So kommt es, dass sie beschließen, ihn auf ein Internat zu schicken. Louis hält nichts von dieser Maßnahme. Und als...