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Louis

»Du weißt, dass es nur noch drei Tage sind, oder?« Niall wackelte fragend mit den Augenbrauen.

»Ja.« Ich wandte den Blick aus dem Fenster. Die letzten Tage waren ungewöhnlich warm gewesen. Es war ziemlich beeindruckend, wie schnell so riesige Schneemassen schmelzen konnten. Der See hatte an einer Menge Wasser zugenommen. Einige Frühblüher steckten ihre Köpfe aus der Erde und schienen sich der untypischen Wärme in die Arme fallen zu lassen.

»Ich sag's ja nur.«, erwiderte Niall und folgte meinem Blick. »Sieht ganz so aus, als hätte die Natur für ihn den Frühling vorbereitet.«

»So poetisch diese Vorstellung auch sein mag, Harrys Geburtstag lässt nicht die Sonne um die Erde drehen, Niall. Du weißt, dass ich es nicht vergessen habe und es auch nicht vergessen werde. Bitte hör auf, darüber zu reden. Man weiß nie, wo die Leute ihre Wanzen angebracht haben.«

Er sah mich wenig beeindruckt an. »Also willst du mir sagen, dass Harry vielleicht den Gemeinschaftsraum verwanzt hat und jedes unserer Worte mithört, um auch ja das allerkleinste Geburtstagsgeheimnis drei Tage vorher zu erfahren?« Er zuckte mit den Schultern. »Ich würd's ihm zutrauen.«

Ich lachte über Nialls Niall-Sein. Er war zu liebenswürdig, um ihn nicht zu mögen. Er war einer dieser Menschen, die man ins Herz schloss, ohne es zu merken oder es zu wollen. Es passierte über längere Zeit hinweg, aber letztendlich hatte man ihn gern. Es war einfach seine Art.
Und um die positiven Seiten auszugleichen, hatte er seine verrückte Nervigkeit, die auch nicht selten zu Tage kam.

»Ich denke, es wird nochmal schneien.«, versuchte ich, von dem Geburtstagsthema abzulenken. »Es ist zu früh. Ende Januar ist noch lange kein Frühling. Es sind fast zehn Grad draußen, von Minus Fünf auf Plus Zehn ist nicht, wie ein normaler Frühling sich ankündigt.«

Niall zuckte gleichgültig über meine Wetterinterpretationen die Schultern. »Wenn Sie das so sehen, Dr. Tomlinson. Es ist mir egal, ob wir jetzt einen Rückfall in den Winter oder einen explosiven Start in den Hochsommer bekommen. Ich habe Hunger.«

»Das ist ja mal ganz was Neues.«

»Ja und? Lass mich doch Hunger haben. Komm. Wir besorgen uns was zu essen.« Er stand von der gepolsterten Couch auf und ich tat es ihm gleich. Sofort wurden unsere Plätze von neuen Schülern eingenommen.

Schweigend machten wir uns auf den Weg zum Speisesaal. Ohne wirklichen Zusammenhang musste ich an das belauschte Gespräch von Niall und Harry denken.
Sollte ich Niall danach fragen? Jetzt war ein günstiger Zeitpunkt.

Doch ich schüttelte den Kopf, bevor ich eine Frage aussprechen konnte. Ich würde Harry hintergehen, wenn ich Niall jetzt danach fragen würde, nicht wahr?

»Hey, sieh mal, wer da die gleiche Idee hatte!« Niall zeigte mit ausgestrecktem Finger auf Harry und Liam, die, jeder einen Apfel in der Hand, an den Buffettischen lehnten, auf denen jetzt nur ein paar Kekse und Obst standen.
Wir gesellten uns zu ihnen.

»Ni. Lou.«, lächelte Harry zur Begrüßung und biss in seinen Apfel. Ich griff um Liam herum in eine der Obstschalen und angelte mir einige Weintrauben.

»Was habt ihr Zwei gemacht?«, fragte Niall und sah Harry und Liam interessiert an, während er sich einen halben Haferkeks in den Mund schob.

Liam und Harry begannen über ihren eingeteilten Gartendienst zu erzählen und welche Probleme das plötzliche Tauwetter auslöste. Ich konnte meine Aufmerksamkeit nicht lange binden, mein Blick fiel auf Harry. Er war abwechselnd damit beschäftigt, zu Liams Erzählungen beizusteuern und seinen Apfel zu essen. Seine Lippen glänzten von dem klaren Saft der Frucht.

One room • l.sWo Geschichten leben. Entdecke jetzt