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Louis

»Louis Tomlinson, dein Gesicht zu sehen, ist ein Segen!«, begrüßte Liam mich überschwänglich und mit dem zarten Hauch von Ironie in der Stimme, der schon längst die dritte Seele unserer Freundschaft geworden war. Er breitete seine Arme aus, als hätten wir uns seit Jahren nicht gesehen. Ich verdrehte die Augen, kam ihm aber entgegen, um mitzuspielen und mich von ihm in die Arme schließen zu lassen.

Bis ich den Grund realisierte, warum er mir seinen Oberkörper so präsent entgegenstreckte.

»Du kleiner Bastard«, murmelte ich und drehte mich sofort von ihm weg. Ohne auf ihn zu warten, ging ich die Treppe wieder hinauf, die ich gerade erst heruntergekommen war, um Liam zu begrüßen. Mit ein wenig Glück hätte ich ihm vielleicht sogar den Koffer hochgetragen.
Aber es hatte sich ja herausstellen müssen, dass dieser kleine Heuchler anscheinend keinen Wert auf meine Freundlichkeit legte.

Liam lachte hinter mir und hatte mich in wenigen Schritten eingeholt.
»Schlechte Laune, Lou Lou?«, grinste er. Ich verdrehte die Augen. Lou Lou nannte er mich manchmal, weil Harry mich einmal so genannt hatte und Liam das anscheinend wahnsinnig witzig fand (ich hatte Harry dann gebeten, mich nicht mehr so zu nennen, weil das klang, als wäre ich sein Haustier oder seine kleine Schwester). Ich antwortete nicht.

»Ach, Louis, ich weiß gar nicht, was du hast.«, sagte Liam mit aufgesetzt vorwurfsvollem Ton. Ich warf einen abschätzigen Blick auf das leuchtend rote Fußballtrikot, das er trug. FC Liverpool. Bah.
Der Punkt war, Liam interessierte sich überhaupt nicht für Fußball. Und ich konnte mich noch allzu genau daran erinnern, wie ich mich über seinen Heimatverein aufgeregt hatte. Was für ein Zufall, dass Liam nach einer Woche Liverpool-Aufenthalt trotz nicht vorhandenen Fußballinteresses mit einem nagelneuen Trikot genau dieses Vereins hier auftrat.

»Du mieser Verräter!« Ich stieß ihn leicht mit dem Ellenbogen zur Seite und starrte dann stur nach vorne. Er grinste einfach schadenfroh weiter.

»Wie kann ich ein Verräter sein, wenn ich nie auf deiner Seite war?«, fragte er triumphierend, denn darauf konnte ich nichts mehr sagen.

Kurzerhand streckte ich mich zu seinem Koffer aus, zog den Reißverschluss blitzschnell so weit wie möglich auf und sah dabei zu, wie sich sein Reisegepäck auf den Stufen der Treppe verteilte.

Ich redete erst wieder mit Liam, als er das Shirt ausgezogen hatte. Die Sache mit dem Koffer schien ihn nicht mal wirklich zu ärgern, weil er sich so sehr über seinen Triumph mit dem Trikot freute. Toller Freund.

Wir redeten eine Weile, er erzählte mir von seiner Woche, ich ihm von meiner. Er schien ungewöhnlich begeistert von meinem Bericht, aber ich fragte nicht nach. Erst als ich am Ende der Woche angekommen war, wirkte er plötzlich enttäuscht.

»Eine Woche!«, er warf die Arme in die Luft, »Sieben Tage zu zweit und da habt ihr es nicht geschafft, eu-«

»Liam, hey!« Durch die soeben geöffnete Tür drängte Harry sich an Niall vorbei und schlang Liam kurz die Arme um den Hals. Ohne, dass ich sagen konnte wieso, fühlte es sich gut an, als er ihn wieder losließ. Harry setzte sich zu uns auf die Matratze und das nahm Niall dann als Einladung, sich auch noch dazu zu quetschen. Mein armes Bett.

»Willkommen zurück, Payne!«, grinste Niall und stupste Liam mit dem Fuß an. Der stieß das Bein des Iren weg.

»Hi Niall.«
Kurz sahen wir uns untereinander einfach schweigend an. Ich und Niall quetschten uns Schulter an Schulter auf meinem schmalen Bett nebeneinander und Harry und Liam saßen keine dreißig Zentimeter gegenüber von uns. Nur hatten sie keinen Platzmangel, weil Harry nicht wie Niall entschieden hatte, noch ungefähr einen halben Meter Abstand bis zur Bettkante zu lassen.

One room • l.sWo Geschichten leben. Entdecke jetzt